Insolvenz anmelden - wer darf, wer muss?

Insolvenz anmelden – wer darf, wer muss?

Der Begriff Insolvenz stammt vom lateinischen Wort „solvere“ ab, was so viel wie „zahlen“ bedeutet. Die Insolvenz bezeichnet die bestehende oder drohende Zahlungsunfähigkeit einer Privatperson oder eines Unternehmens.

Wer ausstehende Zahlungen nicht mehr begleichen kann, kann in Deutschland eine Insolvenz anmelden. Gewisse Schuldner sind sogar dazu verpflichtet.

Hier erfahren Sie, wer Insolvenz anmelden darf – und wer muss.

Die Insolvenzordnung: Grundlage des Insolvenzverfahrens

Rechtliche Grundlage der Insolvenz bildet in Deutschland die Insolvenzordnung (InsO), in Kraft getreten am 1. Januar 1999. Die Insolvenzordnung verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen die Gläubiger eines Schuldners befriedigt werden, zum anderen soll der Schuldner eine Möglichkeit zur Schuldensanierung erhalten.

Die Befriedigung der Gläubiger erfolgt aus dem Vermögen und Einkommen des Schuldners. Dem Schuldner steht während der laufenden Insolvenz das pfändungsfreie Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung.

Mit der Insolvenzordnung wurde erstmals auch für natürliche Personen eine Option geschaffen, sich durch ein geregeltes Verfahren von ihren Schulden zu befreien.

Solange Schuldner während der drei Jahre dauernden Wohlverhaltensphase ihre pfändbaren Einkommens- und Vermögenswerte an die Gläubiger abführen, keine neuen Schulden machen und sich an die weiteren Obliegenheiten halten, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung.

Die häufigsten Insolvenzgründe

Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit können ganz unterschiedliche Gründe haben. Für Privatpersonen identifiziert das Bundesamt für Statistik (Destatis) sechs hauptsächliche Auslöser:

  • Arbeitslosigkeit
  • Erkrankung, Sucht oder Unfall
  • unwirtschaftliche Haushaltsführung
  • längerfristiges Niedrigeinkommen
  • Trennung, Scheidung, Tod des Partners
  • gescheiterte Selbstständigkeit

Die häufigsten Insolvenzgründe bei Unternehmen sind Wirtschaftsexperten zufolge fehlendes Controlling, Finanzierungslücken und ein unzureichendes Forderungsmanagement.

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Regelinsolvenz und Verbraucherinsolvenz

Die deutsche Insolvenzordnung unterscheidet zwischen zwei Insolvenzarten, für die jeweils andere Voraussetzungen und Bestimmungen gelten:

  • Das Regelinsolvenzverfahren gilt für Kapitalgesellschaften (GmbH, UG, AG), Personengesellschaften (KG, OHG, Einzelunternehmen) und Freiberufler.
  • Die Verbraucherinsolvenz oder Privatinsolvenz steht natürlichen Personen offen, also Privatverbrauchern. Dazu zählen auch ehemalige Selbstständige mit geringer Schuldenlast, sofern keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.

Für wen die Insolvenzantragspflicht gilt

Juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit unterliegen der Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO). Das bedeutet, sie müssen Insolvenz anmelden, sofern einer der folgenden drei Insolvenzgründe vorliegt:

  1. Zahlungsunfähigkeit: Das Unternehmen kann fällige Zahlungspflichten nicht mehr erfüllen (§ 17 InsO).
  2. Drohende Zahlungsunfähigkeit: Das Unternehmen kann seinen Zahlungspflichten voraussichtlich nicht nachkommen, wenn diese fällig werden (§ 18 InsO).
  3. Überschuldung: Die Höhe der Verbindlichkeiten übersteigt das Gesamtvermögen des Unternehmens (§ 19 InsO).

Der Insolvenzantrag muss spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung gestellt werden.

Kommen Unternehmen dieser Pflicht nicht nach, machen sie sich der Insolvenzverschleppung schuldig. Diese gilt in Deutschland als Straftat und wird mit einer Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft geahndet.

Mit der Insolvenzantragspflicht geht die Pflicht einher, die finanzielle Situation eines Unternehmens regelmäßig zu überprüfen. Als überschuldet gilt ein Unternehmen bei negativer Fortführungsprognose. Das bedeutet, dass sein Fortbestand über einen Zeitraum von 12 Monaten hinweg nicht als „überwiegend wahrscheinlich“ gilt. Bis Ende 2023 wurde die Fortführungsprognose wegen der anhaltend hohen Inflationsrate temporär auf vier Monate verkürzt.

Insolvenzantrag: diese Regeln gelten für Privatpersonen

Für überschuldete Privatpersonen besteht keine Insolvenzantragspflicht. Sie dürfen aber Insolvenz anmelden, um sich von ihrer Schuldenlast zu befreien. Bedingung ist, dass sie sich zuvor um einen außergerichtlichen Vergleich mit ihren Gläubigern bemühen.

Scheitert dieser Einigungsversuch, steht der Weg ins Insolvenzverfahren frei. Das Scheitern muss bestätigt werden (§ 305). Eine solche Bestätigung können wir Ihnen als Fachanwälte für Insolvenzrecht gerne ausstellen.

Ablauf des Regelinsolvenzverfahrens

Die Insolvenzordnung regelt auch den Ablauf des Insolvenzverfahrens: Zunächst muss ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden (§ 13 InsO).

Das Gericht prüft, ob der Schuldner über genügend Mittel verfügt, um die Abwicklung des Insolvenzverfahrens zu finanzieren und die Schulden zumindest teilweise zu begleichen. Bei positiver Prüfung wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Eröffnungsbeschluss wird unter Insolvenzbekanntmachungen.de öffentlich bekannt gemacht (§§ 27, 30 InsO).

Im nächsten Schritt bestellt das Gericht einen Insolvenzverwalter. Er ermittelt die exakte Schuldenlast und übernimmt die Verwaltung der Insolvenzmasse. Weiterhin wird die Gläubigerversammlung einberufen. Alle Gläubiger müssen sich innerhalb einer festgelegten Frist beim Insolvenzgericht melden und ihre Forderungen offenlegen (§ 28 InsO).

Im Regelinsolvenzverfahren werden im nächsten Schritt die laufenden Geschäfte des Unternehmens abgewickelt. Zudem verwertet der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse, versteigert zum Beispiel Wertgegenstände, um aus diesem Erlös die Gläubiger zu befriedigen. Ist dieser Schritt abgeschlossen, prüft das Gericht den ordnungsgemäßen Ablauf. Liegen keine Einwände vor, erfolgt die Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO).

Für Unternehmen bedeutet das Insolvenzverfahren nicht zwangsläufig die Geschäftsaufgabe. Es bietet ihnen vielmehr die Chance, sich zu sanieren und nach Ablauf des Insolvenzverfahrens einen Neuanfang zu wagen.

Ablauf der Verbraucherinsolvenz

Im Verbraucherinsolvenzverfahren erfolgt nach Antragstellung zunächst ein weiterer gerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern – sofern das Gericht einen positiven Ausgang für wahrscheinlich hält. Zu diesem Zweck verschickt das Gericht einen Schuldenbereinigungsplan an alle Gläubiger. Diese können innerhalb von vier Wochen Stellung nehmen.

Lehnt mindestens die Hälfte der Gläubiger den Schuldenbereinigungsplan ab, wird das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit der Eröffnung beginnt die dreijährige Wohlverhaltensperiode. Während dieser Zeit verwertet ein Insolvenzverwalter das pfändbare Vermögen des Schuldners.

Der Schuldner wiederum verpflichtet sich, zumutbare Erwerbstätigkeiten anzunehmen und keine neuen Schulden aufzunehmen. Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode erfolgt die Restschuldbefreiung.

Sowohl die Regelinsolvenz als auch die Privatinsolvenz sind äußerst komplexe Verfahren. Um Fehler bei der Antragstellung und im Verfahrensverlauf zu vermeiden, empfiehlt es sich, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel durch einen Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Die Kosten für ein Insolvenzverfahren

Für das Insolvenzverfahren fallen die folgenden Kosten an:

  • Gerichtskosten
  • Kosten für Insolvenzverwalter
  • Anwaltskosten

Die Gerichtskosten für ein Verbraucherinsolvenzverfahren belaufen sich auf etwa 2.000 Euro. In der Regelinsolvenz sind sie noch höher. Sowohl Gerichts- als auch Insolvenzverwalterkosten werden aus der Insolvenzmasse bezahlt (§ 53 InsO). Schuldner, die diese Kosten nicht aufbringen können, haben die Möglichkeit, eine Verfahrenskostenstundung zu beantragen.

Die Höhe der Anwaltskosten richtet sich nach der Anzahl der Gläubiger und nach dem Aufwand. Die Berechnung erfolgt nach der Rechtsanwaltsgebührenordnung.

Insolvenz anmelden als Chance für einen finanziellen Neuanfang

Steigende Kosten für Energie, Ressourcen und Lebensmittel: Angesichts dieser Entwicklung wird erwartet, dass die Zahl der Verbraucher- und Regelinsolvenzen steigt. Das Handwerk sieht vor allem kleine und mittelständische Unternehmen in Gefahr.

Noch liegt die Zahl der Anträge allerdings unter dem Vorjahresniveau. Für Unternehmen und Verbraucher in finanziellen Schwierigkeiten stellt das Insolvenzverfahren jedenfalls eine Chance für einen Neuanfang dar.

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FAQ

Was bedeutet Insolvenz anmelden?

Insolvenz anmelden bedeutet, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht zu stellen.

Wann soll ich Insolvenz anmelden?

Für Privatverbraucher empfiehlt sich die Verbraucherinsolvenz, wenn sie ihren Zahlungsverpflichtungen aller Voraussicht nach dauerhaft nicht mehr nachkommen können. Das Insolvenzverfahren gibt ihnen die Möglichkeit, innerhalb von drei Jahren schuldenfrei zu werden.

Wann müssen Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen?

Unternehmen unterliegen der Insolvenzantragspflicht, wenn Zahlungsunfähigkeit besteht, drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt oder sie überschuldet sind.

Welchen Wert darf ein Auto bei der Privatinsolvenz haben?

Schuldner, die ihr Auto zum Beispiel zum Erwerb ihres Lebensunterhalts benötigen, dürfen ihr Auto behalten. Der Wert sollte etwa 2.000 Euro nicht übersteigen. Ein teures Fahrzeug darf versteigert und durch ein günstigeres Modell ersetzt werden.

Was passiert nach dem Insolvenzantrag?

Nach einem Insolvenzantrag werden das verwertbare Vermögen bzw. das pfändbare Einkommen des Schuldners von einem Insolvenzverwalter an die Gläubiger verteilt. Das Insolvenzverfahren endet nach einer dreijährigen Wohlverhaltensperiode mit der Restschuldbefreiung.

Foto: kelifamily / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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