Der Vollstreckungsbescheid - die wichtigsten Infos für Schuldner

Der Vollstreckungsbescheid – die wichtigsten Infos für Schuldner

Liegt ein Vollstreckungsbescheid im Briefkasten, ist schnelles Handeln gefragt. Dieser rechtskräftige Titel erlaubt Gläubigern nämlich, sie offene Forderung per Zwangsmaßnahmen einzutreiben.

Hier erfahren Sie mehr über den Vollstreckungsbescheid.

Definition und rechtliche Voraussetzungen

Beim Vollstreckungsbescheid handelt es sich um einen sogenannten rechtskräftigen Titel. Gesetzliche Grundlage bildet die Zivilprozessordnung (ZPO).

Ein Titel ist eine staatliche Urkunde, die dem Gläubiger die offene Forderung bestätigt. Neben dem Vollstreckungsbescheid und gerichtlichen Urteilen (§ 704 ZPO) gibt es noch weitere Titel, die in § 794 der ZPO aufgeführt sind. Der rechtskräftige Titel ermöglicht es Gläubigern, ihre Ansprüche mit staatlichen Mitteln durchzusetzen. Zu diesen Zwangsmaßnahmen gehören unter anderem:

Ein Vollstreckungsbescheid ist gemäß Bundesgesetzbuch 30 Jahre lang gültig (§ 197 BGB).

Voraussetzungen für einen Vollstreckungsbescheid

Der Vollstreckungsbescheid gehört zum gerichtlichen Mahnverfahren. Bevor Sie einen Vollstreckungsbescheid erhalten, muss der Gläubiger die offene Forderung zunächst anmahnen.

Nehmen wir beispielsweise an, Sie haben in einem Online-Shop Waren auf Rechnung gekauft und diese nicht bezahlt.

Nun geschieht das Folgende:

1. Das außergerichtliche Mahnverfahren

Der Gläubiger schickt Ihnen per Post oder E-Mail eine Zahlungsaufforderung zu. Mit diesem Mahnschreiben erinnert er Sie an die offene Forderung und setzt Ihnen eine neue Zahlungsfrist, meist eine oder zwei Wochen. Zahlen Sie auch nach der ersten Mahnung nicht, geraten Sie in Zahlungsverzug (§ 286 BGB). Eventuell schickt Ihnen der Gläubiger noch weitere Mahnungen zu. Ab der zweiten Mahnung können Mahnkosten festgesetzt werden.

2. Das gerichtliche Mahnverfahren

Grundsätzlich dürfen Gläubiger so viele Mahnschreiben versenden, wie sie möchten. Für gewöhnlich startet aber spätestens nach der dritten Mahnung das gerichtliche Mahnverfahren. Das bedeutet, der Gläubiger wendet sich an das Amtsgericht und beantragt einen Mahnbescheid gemäß § 688 ZPO. Der Mahnbescheid wird Ihnen per Post zugestellt. Das Amtsgericht prüft nicht, ob die Forderung richtig ist. Stimmt die Summe nicht oder ist die Forderung gar nachweislich unbegründet – etwa, weil Sie schon gezahlt haben – können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Bescheids Widerspruch einlegen (§ 694 ZPO).

3. Der Vollstreckungsbescheid

Reagieren Sie auch auf den Mahnbescheid nicht, kann der Gläubiger nach Ablauf von zwei Wochen den Vollstreckungsbescheid beantragen (§ 699 ZPO). Dafür hat er sechs Monate lang Zeit. Der Vollstreckungsbescheid wird rechtskräftig, wenn Sie 14 Tage nach Erhalt keinen Einspruch eingelegt haben. Der Gläubiger kann die offene Forderung nun per Zwangsvollstreckung einziehen.

4. Die Zwangsvollstreckung

Nach Ausstellung eines Vollstreckungsbescheids darf der Gläubiger zum Beispiel einen Gerichtsvollzieher damit beauftragen, eine Sachpfändung durchzuführen oder die sogenannte Vermögensauskunft (früher eidesstattliche Versicherung) einzuholen. Alternativ kann er eine Lohn- oder Kontopfändung anstrengen.

Achtung: Mahnschreiben vom Finanzamt und anderen Behörden
Der beschriebene Ablauf gilt für Schulden bei privaten Gläubigern. Behörden wie das Finanzamt und andere staatliche Stellen müssen sich nicht an dieses Verfahren halten. Sie dürfen direkt nach der ersten Mahnung die Vollstreckung einleiten, ohne zunächst einen Titel beantragen zu müssen.

Vollstreckungsbescheid: Das steht drin

Den Vollstreckungsbescheid erhalten Sie für gewöhnlich per Post, manchmal auch direkt vom Gerichtsvollzieher. Zu erkennen ist er am gelben Umschlag, der stets mit dem Datum der Zustellung versehen ist.

Auf dem Vollstreckungsbescheid finden sich für gewöhnlich die folgenden Angaben:

  • Geschäftsnummer des Amtsgerichts
  • Hauptforderung
  • Nebenforderungen (z.B. Mahnkosten)
  • Zinsen zur Hauptforderung
  • Verfahrenskosten

So reagieren Sie reagieren auf den „bösen Brief“

Haben Sie einen Vollstreckungsbescheid erhalten, sollten Sie zunächst die Richtigkeit der Forderung überprüfen.

  • Ist die Forderung tatsächlich noch offen?
  • Stimmt die Summe?
  • Sind Zinsen in korrekter Höhe angesetzt?

Falls die Forderung berechtigt ist, setzen Sie sich am besten schnellstmöglich mit dem Gläubiger in Verbindung und vereinbaren die sofortige Zahlung.

Ist die Forderung Ihrer Ansicht nach unberechtigt, können Sie innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt des Bescheids Einspruch beim zuständigen Vollstreckungsgericht einlegen. Damit wird das Verfahren an ein Streitgericht übergeben. Während des gerichtlichen Verfahrens muss der Gläubiger seine Ansprüche verteidigen und die Rechtmäßigkeit der Forderung beweisen. Bereits eingeleitete Zwangsmaßnahmen lassen sich auf diese Weise nicht stoppen. Dafür müssen Sie einen Antrag auf die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen.

Ab einer Schuldsumme von 5.000 Euro müssen Schuldner und Gläubiger sich im Widerspruchsverfahren von einem Anwalt vertreten lassen. Gewinnen Sie das Verfahren, müssen alle bislang durchgeführten Zwangsmaßnahmen rückgängig gemacht werden. Die Gerichts- und Anwaltskosten übernimmt der Gläubiger.

Bestätigt das Gericht den Vollstreckungsbescheid, läuft die Pfändung weiter und Sie müssen für alle Gerichts- und Anwaltskosten aufkommen. Es besteht allerdings auch die Option, sich vor Gericht auf einen Kompromiss zu einigen. Eventuell stimmt der Gläubiger einer Ratenzahlung zu oder stundet die Schulden für einen gewissen Zeitraum.

Ist die Forderung berechtigt, Sie können die Schulden aber nicht zahlen? Dann bleibt der Weg in die Privatinsolvenz. Laut § 89 InsO dürfen Insolvenzgläubiger während des Insolvenzverfahrens keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen veranlassen.

Ein Vollstreckungsbescheid ist in der Regel ein Hinweis auf längerfristige finanzielle Schwierigkeiten. Um Ihre Finanzen wieder in den Griff zu bekommen, wenden Sie sich am besten an eine professionelle Schuldnerberatung. Diese kann Ihnen beim Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid behilflich sein. Anwaltliche Schuldnerberater begleiten Sie bei Bedarf auch durchs Insolvenzverfahren.

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FAQ

Was ist ein Vollstreckungsbescheid … einfach erklärt?

Ein Vollstreckungsbescheid ist ein rechtskräftiger Titel, der es dem Gläubiger gestattet, offene Forderungen per Zwangsmaßnahmen einzutreiben. Rechtsgrundlage bildet die Zivilprozessordnung. Der Vollstreckungsbescheid muss vom Gläubiger vor dem zuständigen Vollstreckungsgericht beantragt werden.

Wann kommt der Gerichtsvollzieher nach dem Vollstreckungsbescheid?

Das richtet sich nach der Auftragslage des Gerichtsvollziehers und kann wenige Tage, aber auch mehrere Wochen dauern.

Kann man gegen Vollstreckungsbescheid Einspruch einlegen?

Ja, innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung.

Wie lange dauert es vom Vollstreckungsbescheid bis zur Kontopfändung?

Vor einer Kontopfändung muss der Bank zunächst ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt werden. Dieser tritt innerhalb von vier Wochen in Kraft.

Wann Vollstreckungsbescheid nach Mahnbescheid?

Der Gläubiger darf den Vollstreckungsbescheid frühestens zwei Wochen und längstens sechs Monate nach Zustellung des Mahnbescheids beantragen (§ 701 ZPO).

Was ist der Unterschied zwischen einem Mahnbescheid und einem Vollstreckungsbescheid?

Der Mahnbescheid stellt lediglich eine gerichtliche Zahlungsaufforderung dar und bildet den Einstieg ins gerichtliche Mahnverfahren. Der Vollstreckungsbescheid berechtigt den Gläubiger als rechtskräftiger Titel zur Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen.

Was tun bei einem Vollstreckungsbescheid?

Prüfen Sie die Forderung auf Rechtmäßigkeit. Bei unberechtigten Forderungen legen Sie Einspruch ein. Nehmen Sie dafür gegebenenfalls die Hilfe einer professionellen Schuldnerberatung in Anspruch.

Was bedeutet ein Vollstreckungsbescheid vom Finanzamt?

Behörden wie das Finanzamt dürfen ohne rechtskräftigen Titel vollstrecken. Eine Vollstreckungsankündigung des Finanzamts ist die letzte Maßnahme, bevor zum Beispiel eine Pfändung eingeleitet wird.

Was ist ein entwerteter Vollstreckungsbescheid?

Die sogenannte Entwertung zeigt an, dass die Forderung bezahlt wurde. Haben Sie die vollstreckbare Forderung beglichen, müssen der Gläubiger oder der beauftragte Gerichtsvollzieher Ihnen den entwerteten Vollstreckungsbescheid aushändigen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Gläubiger bereits bezahlte Forderungen ein zweites Mal geltend machen.

Wann verjährt ein Vollstreckungsbescheid?

Das Bundesgesetzbuch legt fest, dass Vollstreckungsbescheide erst nach 30 Jahren verjähren (§ 197 BGB).

Photo by Tingey Injury Law Firm on Unsplash

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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