FAQ - Was darf ein Gerichtsvollzieher ... und was nicht?

FAQ – Was darf ein Gerichtsvollzieher … und was nicht?

Hat sich ein Gerichtsvollzieher bzw. ein Vollziehungsbeamter angekündigt, haben Schuldner meistens viele Fragen. In diesem Artikel versuchen wir vorrangig zu erklären, welche Rechte diese Berufsgruppen haben – und welche nicht. 

Inhalt dieser Seite:

1. Was versteht man unter einer Sachpfändung?
2. Muss sich der Gerichtsvollzieher anmelden bzw. darf er unangemeldet kommen?
3. Darf der Gerichtsvollzieher die Wohnung aufbrechen (lassen)?
4. Wann kommt der Gerichtsvollzieher mit der Polizei?
5. Muss ich den Gerichtsvollzieher reinlassen?
6. Was passiert wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner nicht antrifft?
7. Darf ein Vollziehungsbeamter die gesamte Wohnung durchsuchen?
8. Darf der Gerichtsvollzieher ins Kinderzimmer und Sachen der Kinder pfänden?
9. Darf der Gerichtsvollzieher Sachen pfänden, die nicht mir gehören (fremdes Eigentum), z.B. von meiner Frau / meinem Mann / meinem Lebenspartner, Freund / Freundin oder Eltern?
10. Darf der Gerichtsvollzieher meinen Computer / PC / Laptop pfänden?
11. Darf der Vollziehungsbeamte mein Handy / Vertragshandy pfänden?
12. Darf der Gerichtsvollzieher meinen Fernseher pfänden?
13. Was passiert, wenn der Gerichtsvollzieher nichts pfänden kann?
14. Wie hoch sind die Gerichtsvollzieherkosten für mich als Schuldner?
15. Wie oft kommt der Gerichtsvollzieher?

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1. Was versteht man unter einer Sachpfändung?

Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Sachpfändung in bewegliche Güter vor. Das bedeutet, dass er die gepfändeten Gegenstände sofort mitnimmt. Ist das nicht möglich, wird ein Dienstleistungsunternehmen mit der Abholung beauftragt.

Der Vollziehungsbeamte klebt ein Siegel auf, das im Volksmund als „Kuckuck“ bezeichnet wird. Alle Gegenstände, die als Sache gepfändet wurden, dürfen Sie nicht mehr verwenden, nicht verkaufen oder an einen anderen Ort bringen.

2. Muss sich der Gerichtsvollzieher anmelden bzw. darf er unangemeldet kommen?

Grundsätzlich darf er zu jeder Tages- und Nachtzeit kommen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Zunächst wird er alleine erscheinen. Sie können den Einlass verwehren.

Dies nutzt jedoch nicht viel, denn Gerichtsvollzieher dürfen die Hilfe der Polizei oder eines Schlüsseldienstes in Anspruch nehmen, um in eine Wohnung zu gelangen. Dies ist ohne Anmeldung möglich und auch dann, wenn Sie nicht zu Hause sind. Ein richterlicher Durchsuchungsbefehl ist erforderlich.

3. Darf der Gerichtsvollzieher die Wohnung aufbrechen (lassen)?

Der Vollziehungsbeamte ist berechtigt, die Wohnung aufbrechen zu lassen. Von diesem Recht wird er in der Regel dann Gebrauch machen, wenn er Sie zweimal aufgesucht und nicht angetroffen hat.

Bei jedem erfolglosen Besuch hinterlässt er eine Nachricht. Sie können sich jederzeit bei ihm melden und Bereitschaft zur Mitarbeit zeigen. Nur so ist es möglich, ein Aufbrechen der Wohnung zu verhindern.

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4. Wann kommt der Gerichtsvollzieher mit der Polizei?

Das gewaltsame Eindringen in die Wohnung ist ihm nicht erlaubt. In diesem Fall würde er sich selbst strafbar machen. Wenn er entscheidet, die Wohnung mit Hilfe eines Schlüsseldienstes aufbrechen zu lassen, ist die Polizei zugegen. Ein richterlicher Durchsuchungsbefehl ist dafür erforderlich.

Die Behörden überprüfen den Vollstreckungsbescheid für die Pfändung. Außerdem muss der Gerichtsvollzieher die erfolglosen Kontaktversuche zum Schuldner nachweisen. Die Polizei protokolliert die Öffnung der Wohnung und die Gegenstände, die gepfändet oder mit einem Siegel versehen werden.

Bei Auseinandersetzungen mit dem Schuldner gelten die Beamten der Polizei als unabhängige Zeugen. Da diese i.d.R. zu zweit zugegen sind, wird das Gericht an den Aussagen der Beamten nicht zweifeln.

5. Muss ich den Gerichtsvollzieher reinlassen?

Sie müssen ihn nicht in Ihre Wohnung lassen. Das ist jedoch keine Nachricht, über die Sie sich freuen sollten …

Mit diesem Verhalten schaden Sie sich selbst. Denn der Vollziehungsbeamte wird wiederkommen und mit Unterstützung von Polizei und Schlüsseldienst Ihre Wohnung öffnen. Ein richterlicher Durchsuchungsbefehl ist dafür erforderlich.

6. Was passiert wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner nicht antrifft?

Der Gerichtsvollzieher hinterlässt eine schriftliche Nachricht im Briefkasten. Darauf befinden sich die Kontaktdaten und die zu zahlende Summe. Sie sollten unverzüglich Kontakt aufnehmen.

Andernfalls wird der Beamte ein zweites Mal wiederkommen. Beim dritten Mal darf er mit Unterstützung von Polizei und Schlüsseldienst gewaltsam in Ihr Zuhause eindringen, wenn er über einen richterlichen Durchsuchungsbefehl verfügt.

7. Darf ein Vollziehungsbeamter die gesamte Wohnung durchsuchen?

Das kommt darauf an, gegen wen der Titel vorliegt. Wenn Sie selbst die Wohnung gemietet haben oder Besitzer sind, hat der Beamte das Recht, die gesamte Wohnung zu durchsuchen.

Liegt der Titel gegen Ihre Kinder, gegen einen anderen Mitbewohner oder gegen einen Untermieter vor, dürfen nur die Räume durchsucht werden, die von dem Schuldner bewohnt werden. Auch gemeinsam genutzte Räume sind tabu.

Der Gerichtsvollzieher darf keine Sachpfändung in Gegenstände durchführen, die dem Schuldner nicht zweifelsfrei gehören. Dies gilt beispielsweise auch in Gegenstände, die nachweislich anderen Familienmitgliedern gehören.

So ist es beispielsweise nicht möglich, einen teuren Computer zu pfänden, der von dem Sohn oder der Tochter des Schuldners vom eigenen Geld gekauft oder als Schenkung von Eltern oder Großeltern überreicht wurde.

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8. Darf der Gerichtsvollzieher ins Kinderzimmer und Sachen der Kinder pfänden?

Dies ist nur dann erlaubt, wenn sich die Pfändung gegen ein Kind richtet, das im Haus oder in der Wohnung der Eltern lebt. Andernfalls dürfen Sachen aus dem Kinderzimmer nur dann gepfändet werden, wenn sie nachweislich den Eltern gehören.

Grundsätzlich wird ein Gerichtsvollzieher jedoch aus Gründen der Pietät kein Kinderspielzeug pfänden, zumal sich dieses in der Regel nicht gewinnbringend verkaufen lassen wird.

9. Darf der Gerichtsvollzieher Sachen pfänden, die nicht mir gehören (fremdes Eigentum), z.B. von meiner Frau / meinem Mann / meinem Lebenspartner, Freund / Freundin oder Eltern?

Der Gerichtsbeamte darf nur Sachen pfänden, die sich im Besitz des Schuldners befinden. In der Praxis besteht jedoch häufig das Problem des fehlenden Nachweises. Handelt es sich um teure Geräte aus dem Bereich der Heimelektronik oder um einen Computer, ist es wichtig, dass innerhalb der Familie ein Nachweis über die Besitzverhältnisse erbracht werden kann.

Eine Ausnahme gilt, wenn sich die Pfändung gegen ein Familienmitglied richtet. Wenn der Schuldner im Haus nur ein Zimmer bewohnt, dürfen nur Gegenstände aus diesem Raum gepfändet werden. So ist das teure Home-Entertainment-System der Eltern tabu, wenn sich die Pfändung gegen den Sohn oder die Tochter richtet.

10. Darf der Gerichtsvollzieher meinen Computer / PC / Laptop pfänden?

Das ist grundsätzlich möglich. Eine Ausnahme wird gemacht, wenn Sie den Computer nachweislich für Ihr berufliche Tätigkeit nutzen und ohne das Gerät Ihren Job verlieren würden. Auch der Wert des PCs spielt eine Rolle.

Ein einfaches Gerät dürfen Sie in der Regel auch dann behalten, wenn Sie es nicht für den Beruf benötigen. Bei sehr teuren Geräten, die beruflich benötigt werden, darf der Gerichtsvollzieher eine Austauschpfändung veranlassen. Sie werden verpflichtet, das Gerät herauszugeben und sich ein preiswerteres zu kaufen.

In Betriebsvermögen darf bei privaten Schulden grundsätzlich nicht gepfändet werden. Dies zu wissen ist für Schuldner wichtig, die in ihrem Haus oder in ihrer Wohnung ein Home-Office betreiben.

11. Darf der Vollziehungsbeamte mein Handy / Vertragshandy pfänden?

Die Frage, ob ein Handy pfändbar ist, wird sehr häufig gestellt. Unsere Antwort: Ein Handy darf grundsätzlich gepfändet werden. Dies wird der Gerichtsvollzieher wahrscheinlich nur dann tun, wenn es sich um ein hochwertiges Gerät handelt. Da elektronische Geräte aber sehr schnell an Wert verlieren, ist es meistens so, dass man das Handy behalten darf.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Mindestpreis bei einer Versteigerung die Hälfte des aktuellen Verkehrswertes betragen muss. Dieser ist in vielen Fällen für Käufer nicht interessant, weil es das Handy andernorts günstiger gibt. Außerdem muss vor der Versteigerung dafür gesorgt werden, dass alle Daten, die sich auf dem Smartphone befinden, restlos gelöscht werden. Das sorgt für einen zusätzlichen Aufwand.

Haben Sie das Gerät im Rahmen eines Vertrags erworben, gehört es Ihnen sowieso erst nach der vollständigen Begleichung aller Kosten, die mit dem Mobiltelefon in Zusammenhang stehen. In diesem Falle wäre eine Pfändung nicht möglich, das Sie noch nicht die Eigentumsrechte an dem Gerät erworben haben.

Ähnlich wie bei einem Computer ist ein Handy nicht pfändbar, wenn man es nachweislich als Arbeitsgerät nutzt und damit sein Geld verdient. 

12. Darf der Gerichtsvollzieher meinen Fernseher pfänden?

Der Fernseher gehört zur Grundausstattung eines jeden Haushalts und darf nicht gepfändet werden. Haben Sie jedoch ein sehr hochwertiges Gerät, darf der Gerichtsvollzieher eine Austauschpfändung durchführen. Sie müssen sich ein preiswerteres Gerät kaufen.

13. Was passiert, wenn der Gerichtsvollzieher nichts pfänden kann?

In diesem Fall werden die Gläubiger informiert. Der Gerichtsvollzieher kann jedoch jederzeit wiederkommen und einen neuen Pfändungsversuch unternehmen. Dies gilt, bis alle Schulden bezahlt sind oder bis der Titel abläuft. Dies ist in der Regel erst nach dem Ablauf von 30 Jahren der Fall.

14. Wie hoch sind die Gerichtsvollzieherkosten für mich als Schuldner?

Die Kosten berechnen sich nach einer entsprechenden Verordnung, die Sie als Schuldner auf Wunsch einsehen können. Sie sind von der Höhe Ihrer Schulden und von den Dienstleistungen des Gerichtsvollziehers abhängig.

15. Wie oft kommt der Gerichtsvollzieher?

Der Vollziehungsbeamte entscheidet, wie oft er Sie aufsuchen möchte. Wenn er es wünscht, kann er täglich kommen. In der Regel wird er nach dem dritten erfolglosen Versuch und einer verwehrten Kontaktaufnahme Ihrerseits Polizei und Schlüsseldienst mit der Wohnungsöffnung beauftragen, sofern ein richterlicher Durchsuchungsbefehl vorliegt.

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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