FAQ - Was darf ein Gerichtsvollzieher ... und was nicht?

Gerichtsvollzieher – was darf er und was nicht?

Bezahlt ein Schuldner seine Rechnungen nicht, kann ein Gläubiger vor Gericht einen vollstreckbaren Titel erwirken und seine Forderungen mithilfe von Zwangsmaßnahmen durchsetzen. Eine solche Zwangsvollstreckung besteht in der Sachpfändung durch einen Gerichtsvollzieher.

Welche Befugnisse Gerichtsvollzieher haben und welche Gegenstände sie pfänden dürfen, erklären wir Ihnen im folgenden Artikel.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Ein Gerichtsvollzieher setzt die Forderungen von Gläubigern mithilfe der Sachpfändung durch.
  • Gerichtsvollzieher dürfen die Wohnung des Schuldners mit dessen Einverständnis oder auf gerichtliche Anordnung hin durchsuchen.
  • Nicht alle Gegenstände sind pfändbar. Der Gerichtsvollzieher muss dem Schuldner unter anderem alle Gegenstände belassen, die für eine bescheidene Lebensführung, für die Berufsausübung und aus gesundheitlichen Gründen benötigt werden.

Sachpfändung durch den Gerichtsvollzieher

Gerichtsvollzieher haben unter anderem die Aufgabe, auf Betreiben der Gläubiger Zwangsvollstreckungen des beweglichen Vermögens von Schuldnern durchzuführen.

Eine solche Sachpfändung läuft folgendermaßen ab:

  • Der Gerichtsvollzieher kündigt seinen Besuch normalerweise schriftlich an. Er darf aber auch unangekündigt erscheinen.
  • Beim Besuch überreicht er den Vollstreckungsbescheid, durchsucht die Räumlichkeiten, beschlagnahmt pfändbare Sachen und fordert den Schuldner gegebenenfalls zur Abgabe der Vermögensauskunft auf.
  • Leichte Gegenstände nimmt der Gerichtsvollzieher für gewöhnlich sofort mit. Schwer zu transportierende Sachen wie Möbel erhalten ein Pfandsiegel, den sogenannten Kuckuck, und werden später durch ein Dienstleistungsunternehmen abgeholt. Der Schuldner darf die gepfändeten Gegenstände zwar noch benutzen, aber nicht verkaufen oder verschenken.
  • Während der Pfändung schätzt der Gerichtsvollzieher den Verkaufswert der Gegenstände oder lässt dies durch einen Sachverständigen vornehmen. Kann die Schätzung nicht vor Ort erfolgen, muss dies gemäß Zivilprozessordnung unverzüglich nachgeholt werden (§ 813 ZPO).
  • Die gepfändeten Gegenstände werden versteigert und der Erlös wird an die Gläubiger ausgezahlt.

Übrigens: Öffentliche Gläubiger wie das Finanzamt und andere Behörden müssen die Zwangsvollstreckung nicht vor Gericht beantragen und schicken ihre eigenen Vollzugsbeamten.

Befugnisse des Gerichtsvollziehers bei einer Sachpfändung

Welche Befugnisse Gerichtsvollzieher haben, regeln das Bundesgesetzbuch (BGB) und die Zivilprozessordnung (ZPO). Gemäß § 758 BGB dürfen Vollziehungsbeamte die Wohnung nur mit Einwilligung des Schuldners oder auf gerichtliche Anordnung hin betreten.

Verweigern Sie dem Gerichtsvollzieher den Zutritt zu Ihrer Wohnung, kann er also einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss einholen und Ihre vier Wände mithilfe eines Schlüsseldienstes und der Polizei zwangsweise öffnen.

Die Behörden überprüfen den Vollstreckungsbescheid für die Pfändung. Außerdem muss der Gerichtsvollzieher die erfolglosen Kontaktversuche zum Schuldner nachweisen. Die Polizei protokolliert die Öffnung der Wohnung und die Gegenstände, die gepfändet oder mit einem Siegel versehen werden.

Die Beamten dürfen außerdem eingreifen und dienen als Zeugen, wenn es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Gerichtsvollzieher und Schuldner kommt.

Laut Zivilprozessordnung darf ein Gerichtsvollzieher alle „Behältnisse des Schuldners“ durchsuchen, sofern der Zweck der Vollstreckung dies erfordert (§ 758 Abs. 1 ZPO). Er darf also auch in Schränke, verschlossene Schubfächer und Tresore schauen.

Zutritt ist ihm allerdings nur zu den Räumlichkeiten gestattet, die der Schuldner selbst bewohnt, sowie zu gemeinschaftlich genutzten Räumen in Familienwohnungen und Wohngemeinschaften.

Pfändbare und unpfändbare Gegenstände

Was der Gerichtsvollzieher pfänden darf und was nicht, regelt § 811 ZPO. Pfändbar sind demnach bewegliche Gegenstände wie Schmuck (mit Ausnahme von Eheringen), Gemälde, wertvolle Unterhaltungstechnik und Luxusgüter. Bargeld darf in beschränktem Maße gepfändet werden.

Autos und andere Kraftfahrzeuge sind grundsätzlich pfändbar, es sei denn, der Schuldner benötigt sie zwingend zur Ausübung seiner Arbeit oder ist aufgrund einer körperlichen Beeinträchtigung auf das Fahrzeug angewiesen.

Nicht gepfändet werden dürfen:

  • Gegenstände, die der Schuldner und weitere im Haushalt lebende Personen für eine bescheidene Lebensführung benötigen. Dazu gehören die meisten Möbel, Waschmaschine, Kühlschrank, Fernseher und Wäsche.
  • Laptops und Computer, die zur Berufsausübung benötigt werden.
  • Aus gesundheitlichen Gründen benötigte Hilfsmittel wie Brillen und Prothesen.
  • Haustiere, deren Futter und Einstreu.

Der Gerichtsvollzieher ist nicht dazu verpflichtet, die Eigentumsverhältnisse der Gegenstände zu prüfen. Pfändet er Sachen eines Dritten, kann Drittwiderspruchsklage eingelegt werden (§ 771 ZPO).

Info: Die Austauschpfändung
Handelt es sich bei eigentlich unpfändbaren Gegenständen um sehr wertvolle Geräte oder Fahrzeuge, darf der Gerichtsvollzieher eine Austauschpfändung vornehmen. Dabei tauscht er den jeweiligen Gegenstand durch eine Sache von geringerem Wert, aber ähnlicher Beschaffenheit und Funktionstüchtigkeit aus.

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FAQ

Was versteht man unter einer Sachpfändung?

Unter einer Sachpfändung versteht man die Pfändung von beweglichen Gütern.

Muss sich der Gerichtsvollzieher anmelden bzw. darf er unangemeldet kommen?

Grundsätzlich muss er sich nicht anmelden. Für gewöhnlich informiert er Sie jedoch über den bevorstehenden Besuch.

Dürfen Gerichtsvollzieher die Wohnung aufbrechen (lassen)?

Sie sind dazu berechtigt, die Wohnung aufbrechen zu lassen. Davon wird aber in der Regel nur Gebrauch gemacht, wenn die Vollzugsbeamten einen Schuldner zweimal aufgesucht und nicht angetroffen hat.

Wann kommt der Gerichtsvollzieher mit der Polizei?

Entscheidet sich ein Gerichtsvollzieher dazu, die Wohnung mithilfe eines Schlüsseldienstes aufbrechen zu lassen, benötigt er dafür eine richterliche Anordnung und die Polizei muss zugegen sein.

Muss ich den Gerichtsvollzieher reinlassen?

Sie müssen den Vollzugsbeamten nicht in Ihre Wohnung lassen. Verweigern Sie ihm den Zugang, riskieren Sie jedoch, dass er mit Polizei und Schlüsseldienst wiederkommt.

Was passiert, wenn der Gerichtsvollzieher den Schuldner nicht antrifft?

Der Vollzugsbeamte hinterlässt eine schriftliche Nachricht im Briefkasten. Diese beinhaltet die zu zahlende Summe und die Kontaktdaten. Nehmen Sie unverzügliche Kontakt auf, um Ihre Bereitschaft zur Mitarbeit zu signalisieren!

Darf ein Vollziehungsbeamter die gesamte Wohnung durchsuchen?

Haben Sie die Wohnung selbst gemietet, darf der Gerichtsvollzieher alle Räumlichkeiten durchsuchen. Richtet sich die Pfändung gegen ein Kind, einen Mitbewohner oder einen Untermieter, darf er nur die Räume betreten, die vom Schuldner bewohnt werden, sowie gemeinsam genutzte Räumlichkeiten.

Darf der Gerichtsvollzieher ins Kinderzimmer und Sachen der Kinder pfänden?

Das ist nur gestattet, wenn sich die Pfändung gegen ein Kind richtet, das im Haus oder der Wohnung der Eltern lebt.

Darf der Gerichtsvollzieher Sachen pfänden, die nicht mir gehören (fremdes Eigentum), z.B. von meiner Frau / meinem Mann / meinem Lebenspartner, Freund / Freundin oder Eltern?

Der Gerichtsvollzieher muss nicht prüfen, wem die gepfändeten Sachen gehören. Pfändet er Gegenstände, die sich nachweislich nicht im Besitz des Schuldners befinden, sollte der eigentliche Eigentümer Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO erheben.

Darf der Gerichtsvollzieher meinen Computer / PC / Laptop pfänden?

Grundsätzlich ja. Eine Ausnahme besteht, wenn Sie den Computer bzw. das Notebook nachweislich für Ihre berufliche Tätigkeit benötigen. Ein einfaches Gerät dürfen Sie meist auch dann behalten, wenn Sie es nicht beruflich verwenden.

Darf der Vollziehungsbeamte mein Handy / Vertragshandy pfänden?

Grundsätzlich darf ein Handy / Smartphone gepfändet werden. In der Praxis kommt das aber höchstens bei sehr hochwertigen Geräten vor. Bei einer Versteigerung muss das Gerät nämlich die Hälfte des aktuellen Verkehrswerts erzielen, was bei Handys selten der Fall ist. Verfügen Sie bei Vertragshandys noch nicht über die Eigentumsrechte, wird ebenfalls von einer Pfändung abgesehen.

Darf der Gerichtsvollzieher meinen Fernseher pfänden?

Nein, ein Fernseher zählt zur Grundausstattung eines Haushalts und darf nicht gepfändet werden. Bei sehr hochwertigen Geräten darf der Gerichtsvollzieher aber eine Austauschpfändung vornehmen.

Was passiert, wenn der Gerichtsvollzieher nichts pfänden kann?

In diesem Fall wird er den Gläubiger informieren. Er kann jedoch jederzeit einen neuen Pfändungsversuch unternehmen, bis alle Schulden abbezahlt sind oder ein Titel verjährt, was erst nach 30 Jahren der Fall ist.

Wie hoch sind die Gerichtsvollzieherkosten für mich als Schuldner?

Die Kosten richten sich nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG) und hängen von der Höhe der Schulden sowie der Dienstleistung des Gerichtsvollziehers ab.

Wie oft kommt der Gerichtsvollzieher?

Das entscheidet er individuell. Er kann durchaus jeden Tag vor Ihrer Tür stehen.

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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