Eine Privatinsolvenz geht mit finanziellen Einschränkungen einher. Sie müssen einen Teil Ihres Einkommens an den Insolvenzverwalter abtreten und sich an gewisse Obliegenheiten (Pflichten) halten. Am Ende des dreijährigen Verfahrens wartet allerdings die Restschuldbefreiung und damit die Chance, wirtschaftlich neu durchzustarten.
Wie das Leben während und nach der Privatinsolvenz aussehen kann, erfahren Sie hier.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Während der Privatinsolvenz müssen Schuldner mit dem Pfändungsfreibetrag auskommen und sich an Obliegenheiten halten.
- Allerdings gilt während des laufenden Insolvenzverfahrens auch ein Vollstreckungsverbot für Insolvenzgläubiger.
- Nach der Restschuldbefreiung können Verbraucher wirtschaftlich neu durchstarten. Durch die Wohlverhaltensphase haben viele gelernt, verantwortungsbewusster mit ihrem Geld umzugehen.
Privatinsolvenz und die finanziellen Konsequenzen
Um die Forderungen von Gläubigern zu befriedigen, müssen Sie innerhalb der dreijährigen Wohlverhaltensphase den pfändbaren Teil Ihres Einkommens und Vermögens an den Insolvenzverwalter abtreten. Als Treuhänder verwaltet dieser die sogenannte Insolvenzmasse und teilt das Geld auf die Gläubiger auf.
Zur Deckung Ihres Existenzminimums bleibt Ihnen ein Freibetrag gemäß Zivilprozessordnung (§ 850c ZPO). Der Grundfreibetrag liegt aktuell bei 1.491,75 Euro monatlich (Stand: 1. Juli 2024).
Obliegenheiten im Insolvenzverfahren
Im laufenden Insolvenzverfahren müssen Sie gewissen Obliegenheiten nachkommen, die sich aus der Insolvenzordnung ergeben (§ 295 InsO). Sie müssen sich zum Beispiel darum bemühen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Neue Schulden sollten Sie nach Möglichkeit vermeiden.
Darüber hinaus müssen Sie den Insolvenzverwalter über Veränderungen Ihres Lebensstandards informieren.
Das gilt zum Beispiel in den folgenden Fällen:
- Wohnungswechsel
- Änderung der Einkommensverhältnisse
- Änderung des Arbeitsverhältnisses
- Erbschaft
- Erhalt sonstiger Gelder wie Steuer- oder Betriebskostenrückerstattung, Auszahlung von Versicherungsgeldern
Verschweigen Sie dem Insolvenzverwalter wichtige Informationen oder machen falsche Angaben, kann das die Restschuldbefreiung gefährden. Gleiches gilt, wenn Sie eine Insolvenzstraftat begehen oder einen verschwenderischen Lebensstil pflegen (§ 290 InsO).
Wer erfährt von der Privatinsolvenz?
Neben dem Gericht, den Gläubigern und dem Insolvenzverwalter erfahren noch einige andere Personen und Institutionen von der Privatinsolvenz, zum Beispiel der Arbeitgeber. Doch kein Grund zur Sorge: Die Privatinsolvenz stellt in aller Regel keinen Kündigungsgrund dar.
Schwerer wiegt, dass die Privatinsolvenz einen negativen Schufa-Eintrag nach sich zieht. Die Aufnahme weiterer Kredite, der Abschluss bestimmter Verträge und die Wohnungssuche werden dadurch schwieriger.
Finanzielle Einschränkungen, aber auch Freiheiten
Bei allen Einschränkungen hat die Privatinsolvenz auch einige positive Effekte. So ist nun allein der Treuhänder Ansprechpartner für alle finanziellen Angelegenheiten im Zusammenhang mit Ihren Schulden. Ihre Gläubiger lassen Sie in Ruhe.
Insolvenzgläubiger dürfen während des Insolvenzverfahrens zum Beispiel keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen mehr durchführen (§ 89 InsO). Für viele Schuldner bedeutet das, endlich aufzuatmen und sich nicht mehr vor dem nächsten Gang zum Briefkasten zu fürchten.
Erfüllen Sie Ihre Obliegenheiten, können Sie zudem Ihrem Privatleben nachgehen, wie Sie möchten. Wie Sie Ihr pfändungsfreies Einkommen ausgeben, bleibt allein Ihnen überlassen. Sie dürfen sich während des Insolvenzverfahrens auch selbstständig machen.
Das Leben nach der Restschuldbefreiung: Wie geht es weiter?
Am Ende des Insolvenzverfahrens steht die Restschuldbefreiung. Damit werden Ihnen alle Schulen erlassen, die Sie bis zum Abschlusstermin nicht begleichen konnten.
Ausgenommen sind:
- Forderungen aus unerlaubten Handlungen
- Während des Insolvenzverfahrens aufgenommene Schulden
- Vorsätzlich nicht gezahlte Unterhaltsforderungen
Die Kosten für das Insolvenzverfahren müssen Sie ebenfalls zahlen. Diese können jedoch gestundet und nach Verfahrensende in Raten abbezahlt werden. Können Sie die Ratenzahlungen nicht aufbringen, kann der Staat Ihnen die Verfahrenskosten komplett erlassen.
Nach Abschluss der Privatinsolvenz sind Sie also weitgehend schuldenfrei und können wirtschaftlich neu durchstarten. Zumindest fast sofort – der Eintrag zur Privatinsolvenz wird nämlich erst sechs Monate nach erteilter Restschuldbefreiung aus der Schufa gelöscht.
Sofern keine anderen negativen Einträge vorliegen, gelten Sie danach aber wieder als kreditwürdig. Nun steht es Ihnen wieder komplett frei, wie Sie Ihr Leben gestalten, wie Sie Ihr Einkommen sichern und wofür Sie Ihr Geld ausgeben.
Wie genau es nach der Restschuldbefreiung weitergeht, lässt sich natürlich nicht pauschal beantworten. Bei vielen Schuldnern hat sich durch die dreijährige Wohlverhaltensphase allerdings ein Lerneffekt eingestellt. Sie haben zum Beispiel gelernt, ihre Ausgaben besser im Blick zu behalten und nicht verschwenderisch mit ihrem Geld umzugehen. Die meisten haben erkannt, welche Verhaltensmuster zur Zahlungsunfähigkeit geführt haben, und wissen nun, wie sie dieses Verhalten vermeiden.
Geraten Sie dennoch wieder in finanzielle Schwierigkeiten, ergreifen Sie bitte frühzeitig Gegenmaßnahmen. Wir stehen Ihnen gern zur Seite.
Foto: Coloures-Pic / stock.adobe.com
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.