Zwangsvollstreckung – mit diesem Thema müssen sich aktuell leider viele Menschen in Deutschland befassen. Sie können die im Zuge der Inflation und zahlreicher weiterer Einflüsse exorbitant gestiegenen Kosten für die Lebenshaltung, Mieten und Nebenkosten kaum oder gar nicht mehr stemmen.
Wenn Rechnungen unbezahlt bleiben, schöpfen Gläubiger ihre Möglichkeiten im Mahnverfahren aus. Die Sachpfändung ist dabei eines der zur Verfügung stehenden Instrumente.
Doch was ist eine Sachpfändung genau? Und wie läuft sie ab? Im Folgenden erfahren Sie die Antworten und weitere Details zum Thema.
Sachpfändung – was ist das und wie lässt sie sich einordnen?
Können Sie Forderungen nicht fristgemäß ausgleichen, steht es dem Gläubiger offen, die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Dabei handelt es sich um die gerichtliche Durchsetzung seiner Ansprüche. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, kann er verschiedene Wege gehen:
- Kontopfändung – Ihr Konto wird so lange gesperrt, bis das Guthaben zum Ausgleich der Forderung ausreicht – oder Sie sich mit dem Gläubiger geeinigt haben.
- Lohnpfändung – Ihr Arbeitgeber wird in diesem Fall dazu veranlasst, Ihnen nur den Pfändungsfreibetrag auszuzahlen – der überschießende Teil wird zur Tilgung der Schuld an den Gläubiger abgeführt.
- Pfändung von unbeweglichen Vermögenswerten wie Immobilien
Die Pfändung einer Immobilie hat eine Zwangsversteigerung zur Folge, mit deren Erlös der offene Betrag inklusive Kosten getilgt wird. - Sachpfändung
Offiziell wird die Sachpfändung als Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen bezeichnet – und das aus gutem Grund: Ziel dieser Maßnahme ist es, bewegliche Sachen zu pfänden, um im Optimalfall aus deren Verwertung die offene Summe ausgleichen zu können.
Das geeignete Mittel der Zwangsvollstreckung hängt immer von den individuellen Verhältnissen ab – jedes einzelne kann jedoch für den Schuldner sehr einschneidend sein.
Rechtliche Grundlagen
Maßgeblich sind die §§ 808ff Zivilprozessordnung (ZPO): Demnach darf eine Sachpfändung erst dann eingeleitet werden, wenn der maßgebliche Gläubiger einen vollstreckbaren Titel, i.d.R. einen Vollstreckungsbescheid, erwirkt hat. Beauftragt wird ein Gerichtsvollzieher, der die Ansprüche des Gläubigers durchsetzt.
Wichtig: Es gibt Ausnahmen, denen Sie Beachtung schenken sollten. Haben Sie es mit Forderungen aus dem öffentlichen Recht zu tun, zu denen beispielsweise Steuerschulden zählen, muss das Finanzamt für eine Pfändung keinen entsprechenden Antrag bei Gericht stellen. Das gilt auch für die Sachpfändung.
Ablauf einer Sachpfändung
Die Sachpfändung folgt einem klar strukturierten Ablauf:
- Der Gläubiger beauftragt den zuständigen Gerichtsvollzieher.
- Dieser kündigt Ihnen die Vollstreckungsmaßnahme schriftlich an – per Einschreiben.
- Bei diesem Termin erhalten Sie den Vollstreckungstitel überreicht. Der Gerichtsvollzieher bewertet die in Ihrem Besitz befindlichen Sachwerte. Wenn es möglich ist, nimmt er die pfändbaren beweglichen Sachen gleich mit. Sperrige Werte erhalten ein Pfändungssiegel. Sie dürfen diese Gegenstände nicht mehr verkaufen oder verschenken, bis sie vom Gerichtsvollzieher abgeholt werden. Darüber hinaus kann er Sie bei dieser Gelegenheit dazu auffordern, eine Vermögensauskunft abzugeben.
- Sollte der Gerichtsvollzieher die Bewertung der Sachwerte nicht direkt vor Ort erledigen können, holt er dies nach § 813 ZPO unverzüglich nach.
- Der Erlös aus der Versteigerung der gepfändeten Gegenstände wird dem Gläubiger zur Tilgung der Schulden und Kosten ausgezahlt.
Sofern die Verwertung der Sachen einen Erlös einspielen würde, der nicht die damit verbundenen Kosten übersteigt, wird der Gerichtsvollzieher auf deren Pfändung verzichten.
Tipp: Prüfen Sie, ob das Mahnverfahren seine rechtliche Richtigkeit hat. Nehmen Sie dafür ggf. die Hilfe von Experten in Anspruch.
Was darf und was darf nicht gepfändet werden?
In § 811 ZPO ist klar geregelt, welche Gegenstände überhaupt pfändbar sind. Maßgeblich ist eine bescheidene Lebensführung, die immer gewährleistet bleiben muss.
So werden beispielsweise folgende Sachen von der Sachpfändung ausgenommen:
- dem Haushalt und dem persönlichen Gebrauch dienende Sachen wie Kleidung, Wäsche, Betten, Küchen- und Hausgeräte
- die der Informationsbeschaffung dienenden Gegenstände wie Fernseher, Computer, Telefone
- die für Ausbildung oder Erwerbstätigkeit benötigten Sachen wie Schulbücher, Dienstkleidung oder Werkzeuge
- die aus gesundheitlichen Gründen notwendigen medizinischen Hilfsmittel wie Prothesen oder Brillen
- Eheringe, Ehrenzeichen oder Orden
Bei den genannten Gegenständen, die zum persönlichen Gebrauch, zur Haushaltsführung und zur Informationsbeschaffung dienen, darf es sich nicht um wertintensive Luxusgegenstände handeln!
Was können Schuldner tun, um eine Sachpfändung zu vermeiden?
Das hängt von der konkreten Situation ab: Sofern noch keine Überschuldung vorliegt, können Sie sich mit dem Gläubiger beispielsweise auf eine Ratenzahlung einigen.
Sollten Sie permanent in finanziellen Schwierigkeiten stecken und in der Schuldenfalle sitzen, sollten Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Eine seriöse Schuldnerberatung wird zunächst immer versuchen, einen außergerichtlichen Vergleich zu erzielen.
Sollte dieser scheitern, kann eine Privatinsolvenz eine weitere Möglichkeit sein, um Schulden loszuwerden. Nach drei Jahren wird die Restschuldbefreiung erteilt und Sie können finanziell neu starten!
FAQ
Was versteht man unter Sachpfändung?
Darunter ist die Pfändung beweglicher Gegenstände zu verstehen, deren Verwertungserlös zur Tilgung offener Schulden dienen soll. Voraussetzung ist ein vollstreckbarer Titel, der Ihnen erfolgreich zugestellt wurde.
Was darf bei einer Sachpfändung gepfändet werden?
Vor allem dürfen werthaltige Luxusartikel gepfändet werden – auch PKWs, sofern diese relativ neu sind.
Was darf bei einer Sachpfändung nicht gepfändet werden?
Alle Gegenstände, die einer bescheidenen Lebensführung dienen, bleiben von der Sachpfändung unberührt.
Wie läuft eine Sachpfändung ab?
Der beauftragte Gerichtsvollzieher meldet sich bei Ihnen und teilt mit, wann er Sie zu Hause aufsuchen wird. Er übergibt Ihnen die Vollstreckungsurkunde, sofern das notwendig ist. Dann begutachtet er Ihr Hab und Gut. Findet er verwertbare Vermögensgegenstände, nimmt er diese mit und lässt sie verwerten. Kann er nichts pfänden, wird er Ihre Vermögensauskunft aufnehmen und dem Gläubiger mitteilen, ob sich weitere Maßnahmen lohnen.
Wie lange dauert eine Sachpfändung?
Das hängt davon ab, wie viele pfändbare Gegenstände vorhanden sind und wie schnell sich diese verwerten lassen. Bleibt die Sachpfändung erfolglos, ist sie mit der Abgabe der Vermögensauskunft abgeschlossen.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.