Im Insolvenzverfahren wird das pfändbare Vermögen des Schuldners auf die Gläubiger aufgeteilt. Alle Sach- und Barwerte, die gepfändet werden dürfen, bezeichnet man auch als Insolvenzmasse.
Hier erfahren Sie, was alles zur Insolvenzmasse gehört, unter welchen Umständen Sie Besitztümer freigeben lassen können und wie die Verwertung vonstattengeht.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Die Insolvenzmasse umfasst alle Sach- und Barwerte, die dem Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehören und die im Verlaufe des Verfahrens hinzukommen.
- Auf Antrag beim Insolvenzverwalter können bestimmte Vermögensgegenstände aus der Insolvenzmasse freigegeben werden. Der Insolvenzverwalter entscheidet darüber im eigenen Ermessen.
- Der Insolvenzverwalter übernimmt die Verteilung der Insolvenzmasse an die Gläubiger. Dabei werden zunächst die Massegläubiger ausbezahlt, dann die Insolvenzgläubiger.
Definition
Die Insolvenzordnung (InsO) definiert die Insolvenzmasse als das gesamte pfändbare Vermögen, das der Schuldner zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung besitzt und das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (§ 35 Abs. 1 InsO).
Typischerweise werden die folgenden Vermögenswerte zur Insolvenzmasse gezählt:
- Barvermögen und Bankguthaben
- Immobilien und Grundstücke
- Wertpapiere
- Luxusgüter, wertvolle Möbelstücke, Schmuck
- Offene Forderungen gegenüber Dritten
Bei Unternehmen gehört zudem die Betriebsausstattung mit zur Insolvenzmasse, etwa die Büroeinrichtung, Maschinen, Fuhrpark oder auch Patente und Nutzungsrechte.
Private Schuldner müssen aber nicht befürchten, dass ihnen während der Insolvenz sämtliche Besitztümer gepfändet werden. Nicht zur Insolvenzmasse gehören alle Vermögenswerte und Gegenstände, die gemäß Insolvenzordnung nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen (§ 36 InsO).
Das beinhaltet den pfändungsfreien Anteil des Einkommens entsprechend der aktuellen Pfändungstabelle sowie sämtliche Gegenstände, die Sie für eine bescheidene Lebensführung benötigen. Das Auto zählt zum pfändungsfreien Vermögen, wenn Sie es zum Erwerb Ihres Einkommens brauchen.
Der Insolvenzverwalter kann allerdings beschließen, dass Sie ein sehr teures Fahrzeug gegen ein günstigeres Auto eintauschen müssen. Haustiere sind grundsätzlich unpfändbar. Gleiches gilt für Hilfsmittel, die Sie aus gesundheitlichen Gründen benötigen.
Info: Aussonderungsrecht
Das Aussonderungsrecht sieht vor, dass Gegenstände, die dem Schuldner zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht oder nicht vollständig gehören, aus der Insolvenzmasse ausgegliedert werden. Haben Sie zum Beispiel den neuen Fernseher noch nicht abbezahlt oder ein Auto geleast, müssen Sie diese Dinge an den rechtmäßigen Eigentümer zurückgeben.
Freigabe aus der Insolvenzmasse: Besitz vor der Pfändung schützen
Besitzer von Wohneigentum befürchten oft, bei einer Privatinsolvenz ihr Haus oder ihre Wohnung zu verlieren. Es besteht allerdings die Möglichkeit, beim Insolvenzverwalter die Freigabe des Eigenheims aus der Insolvenzmasse zu beantragen.
Der Insolvenzverwalter entscheidet dann im eigenen Ermessen, ob die Immobilie freigegeben wird oder nicht. Bei Verhandlungen sollten Sie deutlich machen, warum Sie eine Freigabe erreichen wollen. Ein auf Insolvenzrecht spezialisierter Rechtsanwalt kann Sie dabei unterstützen.
Stimmt der Insolvenzverwalter der Freigabe zu, ist der betreffende Gegenstand damit unpfändbar und unterliegt dem Vollstreckungsverbot gemäß § 89 Abs. 1 InsO. Der Insolvenzverwalter kann seine Freigabe nicht widerrufen, sie ist also endgültig.
Info: Freigabe der Selbständigkeit
Selbständige, die Insolvenz anmelden müssen, können mit Einwilligung des Insolvenzverwalters weiter ihrer selbständigen Tätigkeit nachgehen. Das wird als Freigabe der Selbständigkeit bezeichnet.
Verwertung durch den Insolvenzverwalter
Das Ziel eines Insolvenzverfahrens besteht darin, die Forderungen der Gläubiger zu begleichen. Zu diesem Zweck wird die Insolvenzmasse ab Insolvenzeröffnung unter die Verwaltung des Insolvenzverwalters gestellt.
Dieser wird sich zunächst darum bemühen, die Insolvenzmasse zu Geld zu machen. Meist geschieht das, indem Wertgegenstände und Immobilien versteigert werden.
Bei der Verteilung der Insolvenzmasse ist eine bestimmte Reihenfolge zu berücksichtigen:
- Massegläubiger: Gemäß § 53 InsO sind zunächst die Ansprüche der sogenannten Massegläubiger zu befriedigen. Zu den Massekosten zählen unter anderem die Kosten des Insolvenzverfahrens, etwa die Gerichtskosten und die Gebühren für den Insolvenzverwalter.
- Insolvenzgläubiger: Im zweiten Schritt werden dann die Insolvenzgläubiger ausbezahlt, also die Personen, die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung berechtigte Forderungen angemeldet haben.
Welchen prozentualen Anteil der Insolvenzmasse jeder Insolvenzgläubiger erhält, bestimmt die Insolvenzquote. Sie berechnet sich nach folgender Formel:
Insolvenzquote = (Summe der Forderungen) / (verfügbare Insolvenzmasse – Verfahrenskosten)
Reicht die Insolvenzmasse zur Deckung aller Forderungen aus, wird das Verfahren sofort beendet und Sie sind schuldenfrei. Dieser Fall ist aber eher selten.
Können die Gläubiger nicht vollständig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden, geht das Insolvenzverfahren in die Wohlverhaltensphase über. In der Verbraucherinsolvenz dauert diese drei Jahre. Im Anschluss können Sie die Restschuldbefreiung erlangen.
Info: Abweisung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
Reichen Einkommen und Vermögen nicht einmal aus, um die Verfahrenskosten zu decken, kann das Gericht die Insolvenz mangels Masse abweisen. Unternehmen, bei denen keine natürliche Person in der Haftung steht, werden in diesem Fall liquidiert. Privatpersonen und persönlich haftende Selbständige haben die Möglichkeit, einen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten zu stellen. Wird dem Antrag stattgegeben, kann das Insolvenzverfahren trotz geringer Masse starten.
FAQ
Was gehört zur Insolvenzmasse bei einer Privatinsolvenz?
Zur Insolvenzmasse bei einer Privatinsolvenz gehören alle Vermögensgegenstände, die der Schuldner zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung besitzt oder während des Verfahrens erhält (§ 36 InsO).
In welcher Reihenfolge erfolgt die Verteilung der Insolvenzmasse?
Zunächst werden die sogenannten Massekosten beglichen, zu denen die Kosten des Insolvenzverfahrens gehören. Dann erfolgt die Verteilung der Insolvenzmasse auf die Insolvenzgläubiger.
Was gehört nicht zur Insolvenzmasse?
Nicht zu Insolvenzmasse gehören Vermögenswerte und Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, etwa Kleidung und Haushaltsgegenstände (§ 36 InsO).
Was gehört zur Insolvenzmasse bei einer GmbH?
Zur Insolvenzmasse einer GmbH gehören das bewegliche und unbewegliche Vermögen, beispielsweise Bankguthaben, Wertpapiere, Immobilien und Grundstücke, das dem Unternehmen zur Verfahrenseröffnung gehört, ebenso wie Sach- und Barwerte, die im Verfahrensverlauf hinzukommen.
Wer entscheidet über die Verwertung der Insolvenzmasse?
Über die Verwertung der Insolvenzmasse entscheidet der Insolvenzverwalter.
Was passiert, wenn Insolvenzmasse nicht ausreicht?
Reicht die Insolvenzmasse nicht aus, um alle Schulden zu decken, beginnt nach dem Insolvenzverfahren die sogenannte Wohlverhaltensperiode. Erfüllt der Schuldner gewisse Auflagen, kann er anschließend die Restschuldbefreiung erwirken, womit ihm die restlichen Schulden erlassen werden.
Gehört die Mietkaution zur Insolvenzmasse?
Nein, die Mietkaution gehört nicht zur Insolvenzmasse. Hat der Vermieter sie getrennt von seinem Vermögen angelegt, unterliegt sie dem Aussonderungsrecht.
Wird der Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse bezahlt?
Ja, auch die Gebühren des Insolvenzverwalters werden für gewöhnlich aus der Insolvenzmasse bezahlt.
Was ist ein Massegläubiger?
Massegläubiger sind Gläubiger, deren Ansprüche im Insolvenzverfahren bevorzugt zu befriedigen sind. Zu den Massekosten gehören unter anderem die Verfahrenskosten.
Wie errechnet sich die Insolvenzquote?
Die Insolvenzquote berechnet sich nach folgender Formel: Insolvenzquote = (Summe der Forderungen) / (verfügbare Insolvenzmasse – Verfahrenskosten)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.