Wenn Kinder in finanzielle Schwierigkeiten geraten, machen sich Eltern selbstverständlich Sorgen. Das gilt auch, wenn die Kinder längst erwachsen sind und mitten im Leben stehen.
Was können und dürfen Sie tun, um Ihre erwachsenen Kinder zu unterstützen? Wir geben Antworten.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Für die Schulden volljähriger Kinder stehen Eltern nicht in der Haftpflicht.
- Zwar dürfen Eltern die Schulden ihrer Kinder durchaus bezahlen, das ist aber in den meisten Fällen nicht ratsam.
- Sinnvoller ist es, verschuldeten Kindern unterstützend und beratend zur Seite zu stehen und gemeinsam nach Lösungswegen zu suchen.
Verschuldung unter jungen Erwachsenen nimmt zu
Laut SchuldnerAtlas 2024 sind 6,76 Prozent der unter 30-jährigen Verbraucher in Deutschland überschuldet. Neben den über 70-Jährigen ist dies die einzige Altersgruppe, in denen die Überschuldungsquote im vergangenen Jahr zugenommen hat.
Die Gründe, die junge Erwachsene in die Schuldenfalle führen, sind vielfältig. Viele junge Menschen haben nur wenig/er Wissen und Erfahrung im Umgang mit Geld und können ihr Budget nicht langfristig verantwortungsvoll planen.
Hinzu kommen die Verlockungen des Online-Shoppings und die relativ neuartige „Buy now, pay later“-Mentalität. Käufern müssen dabei Rechnungen erst nach einer Zahlpause von bis zu 90 Tagen begleichen oder das Gekaufte in Raten zahlen. Wer mehrere solche Angebote wahrnimmt, verliert schnell den Überblick über offene Forderungen.
Haften Eltern für die Schulden ihrer Kinder?
Bis zum ersten berufsqualifizierenden Ausbildungs- oder Studienabschluss sind Eltern auch ihren volljährigen Kindern gegenüber zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Das regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 1601 BGB).
Für die Schulden ihrer erwachsenen Kinder müssen Eltern aber in aller Regel nicht aufkommen. Ab dem 18. Geburtstag gilt man als voll geschäftsfähig und ist damit selbst für alle getätigten Geschäfte sowie für gegebenenfalls aufgenommene Schulden verantwortlich (§ 106 BGB).
Für Eltern besteht also keine Haftpflicht.
Darf man die Schulden von erwachsenen Kindern übernehmen?
Prinzipiell schon. Für die Gläubiger spielt es in den meisten Fällen keine Rolle, woher das Geld kommt, mit dem die offenen Forderungen gedeckt werden. Doch auch wenn Sie es sich leisten können, ist es nicht ratsam, die Schulden Ihres Kindes in voller Höhe zu zahlen.
Es ist durchaus verständlich, dass Sie Ihrem Nachwuchs in einer prekären Lage weiterhelfen möchten. Damit nehmen Sie Ihrem Kind aber die Chance, aus seinem Verhalten zu lernen und die Konsequenzen zu tragen. Langfristig bringt es mehr, wenn Sie Ihrem Kind beim Schuldenabbau unterstützend zur Seite stehen. Sie helfen ihm dabei, die Ursachen für die Verschuldung zu ergründen und können ggf. gemeinsam an Lösungswegen arbeiten.
Ihr Kind ist verschuldet: So können Sie helfen
Schulden sind nach wie vor ein Tabuthema. Viele Menschen scheuen sich, ihre finanziellen Probleme zuzugeben – selbst gegenüber den eigenen Eltern. Aus Scham isolieren sich einige Schuldner, nehmen immer weniger am sozialen Leben teil und brechen eventuell sogar Kontakte ab.
Möchten Sie mit Ihrem verschuldeten Kind über seine Situation sprechen, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Vermeiden Sie Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Treffen Sie auch keine Entscheidungen über den Kopf Ihres Kindes hinweg.
Das führt nur dazu, dass sich die Betroffenen noch weiter zurückziehen. Zeigen Sie besser Ihre Hilfsbereitschaft, indem Sie Gesprächsangebote machen und aktiv Ideen einbringen.
So helfen Sie Ihrem Kind, die Schulden wieder in den Griff zu bekommen:
- Stellen Sie gemeinsam einen Haushaltsplan auf, in dem Sie alle Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen – idealerweise mit einem Haushaltsbuch. So merkt das Kind idealerweise selbst, wo Einsparpotenzial besteht. Zudem lässt sich auf diesem Wege feststellen, wie viel Geld zur Schuldentilgung zur Verfügung steht.
- Unterstützen Sie Ihr Kind auch dabei, alle offenen Rechnungen zu sortieren und nach Fälligkeit sowie Dringlichkeit zu ordnen. Eventuell können Sie Ihr Kind auch bei der Suche nach einem Nebenjob unterstützen, durch den mehr Geld zur Schuldenbereinigung zusammen kommt.
- Helfen Sie Ihrem Kind, Kontakt mit den Gläubigern aufzunehmen. In vielen Fällen lassen sich Ratenzahlungen vereinbaren oder die Forderung kann gestundet werden.
Um Schulden langfristig in den Griff zu bekommen, sollten Eltern und Kinder auch gemeinsam nach den Ursachen suchen. Finden Sie heraus, wie es zu den Schulden gekommen ist, lassen sich die gleichen Fehler in Zukunft vermeiden.
Gemeinsam professionelle Hilfe suchen
Schulden sind schnell gemacht – und können sich auch genauso schnell vermehren, etwa durch Zinsen, Mahn- und Vollstreckungsgebühren. Daher ist es sinnvoll, bei Schulden frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Schuldnerberatungsstellen können die persönliche Situation der Betroffenen kompetent bewerten und zeigen den individuell besten Weg aus den Schulden auf. Motivieren Sie Ihr Kind, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, und unterstützen Sie es bei der Suche nach einer seriösen Schuldnerberatung.
Als anwaltliche Schuldnerberatung helfen wir Ihnen und Ihrem Nachwuchs beim Thema Schulden – schnell, seriös und diskret.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.