Austauschpfändung - einfach erklärt

Austauschpfändung – einfach erklärt

Die Zivilprozessordnung (ZPO) legt fest, dass gewisse Gegenstände nicht gepfändet werden dürfen. Handelt es sich um sehr wertvolle Gegenstände, dürfen Gläubiger jedoch eine sogenannte Austauschpfändung veranlassen. Der wertvolle Gegenstand wird dann durch ein funktionsfähiges, aber weniger wertvolles Pendant ersetzt.

Welche Voraussetzungen für diese Variante der Pfändung gelten und wie sie in der Praxis funktioniert, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Die Zivilprozessordnung legt fest, welche Gegenstände bei einer Sachpfändung unpfändbar sind (§ 811 ZPO).
  • Handelt es sich um wertvolle Gegenstände, darf der Gläubiger allerdings eine Austauschpfändung beantragen.
  • Dabei wird der wertvolle Gegenstand durch eine weniger teure Sache ersetzt.

Definition

Bei der Austauschpfändung handelt es sich um eine Form der Sachpfändung. Bei dieser Maßnahme der Zwangsvollstreckung dürfen nicht alle Gegenstände gepfändet werden. Unpfändbar sind laut § 811 ZPO unter anderem alle Dinge, die der Schuldner und die mit ihm zusammenlebenden Personen für eine bescheidene Lebensführung oder für ihre Erwerbstätigkeit benötigen.

In diese Kategorie fallen Haushaltsgeräte wie Waschmaschine und Kühlschrank, Möbel, Kleidung, eine Armbanduhr und der für die Arbeit benötigte Computer. Auch ihren Fernseher dürfen Schuldner für gewöhnlich behalten.

Handelt es sich bei dem Fernseher aber um ein teures Modell oder besitzt der Schuldner eine wertvolle Armbanduhr, darf der Gläubiger diese Gegenstände durch gleichartige Sachen von geringerem Wert austauschen. Statt eines modernen Smart-TVs erhält der Schuldner zum Beispiel ein älteres Modell ohne Internetanschluss.

Wie § 811a ZPO festlegt, kann die Austauschpfändung auf drei Wegen erfolgen:

  1. Der Gläubiger bzw. der Gerichtsvollzieher tauscht den Gegenstand durch einen geringwertigeren Ersatz aus.
  2. Der Gläubiger händigt dem Schuldner einen Geldbetrag aus, von dem sich der Schuldner selbst einen Ersatz beschafft. Die Höhe der Summe legt das Vollstreckungsgericht fest.
  3. In Ausnahmefällen überlässt der Gläubiger dem Schuldner einen Geldbetrag aus dem Vollstreckungserlös, der zur Beschaffung des Ersatzes dient.

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Voraussetzungen für einen Austausch

Bevor der Gläubiger eine Austauschpfändung durchführen darf, sind gewisse Voraussetzungen zu erfüllen.

Diese sind ebenfalls in § 811a ZPO definiert:

  • Der Gläubiger muss beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Austauschpfändung stellen.
  • Diese darf nur für Sachen durchgeführt werden, die gemäß ZPO unpfändbar sind (§ 811 Abs. 1 Nr. 1 a), b) und Nr. 2 ZPO).
  • Der Gläubiger muss dem Schuldner ein Ersatzstück bzw. einen zur Beschaffung des Ersatzes angemessenen Geldbetrag überlassen.
  • Der Austausch muss den Verhältnissen angemessen sein. In der Praxis bedeutet dies, dass der Erlös, der durch die Zwangsvollstreckung des eigentlich unpfändbaren Gegenstands erzielt wird, deutlich über dem Wert des Ersatzgegenstandes liegt.

Austauschpfändung eines Autos: Das ist zu beachten

Kraftfahrzeuge sind normalerweise pfändbar. Es gelten allerdings zwei Ausnahmen: Der Schuldner benötigt das Fahrzeug, um seiner Arbeit nachgehen zu können, oder ist aus gesundheitlichen Gründen darauf angewiesen. Auch in diesem Fall darf der Gläubiger eine Austauschpfändung beantragen und ein wertvolles Fahrzeug durch einen günstigeren PKW ersetzen lassen.

Jedoch darf der Gläubiger dem Schuldner nicht einfach irgendeinen alten Wagen überlassen. Das Ersatzfahrzeug muss annähernd die gleiche Haltbarkeit und Lebensdauer wie das gepfändete Auto aufweisen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2011 festgestellt (BGH, Beschluss vom 16. Juni 2011, Az. VII ZB 114/09).

Vorläufige Austauschpfändung

Der Austausch ist wie beschrieben nur auf Antrag möglich. Der Gläubiger muss also die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts abwarten. In dieser Zeit könnte ein Schuldner allerdings versuchen, seine Wertgegenstände beiseitezuschaffen und so die Pfändung vereiteln.

Um dem vorzubeugen, erlaubt § 811b ZPO die vorläufige Austauschpfändung ohne gerichtlichen Beschluss. Voraussetzung ist, dass eine Zulassung durch das Gericht zu erwarten ist.

Der Gläubiger muss die endgültige Pfändung zudem innerhalb von zwei Wochen nach Durchführung der vorläufigen Maßnahme vor Gericht beantragen. Versäumt er dies, hat der Gerichtsvollzieher die vorläufige Austauschpfändung wieder aufzuheben.

Foto: Daniel Berkmann / stock.adobe.com und Foto: Konstantinos Moraiti / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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