Der Ablauf einer Zwangsvollstreckung

Zwangsvollstreckung: Ablauf, Arten, FAQ

Die Zwangsvollstreckung stellt für Gläubiger die letzte Möglichkeit dar, um offene Forderungen einzutreiben. Zahlen Schuldner auch nach mehreren Mahnungen nicht, können Gläubiger mit einem gerichtlichen Verfahren ihre Ansprüche zwangsweise durchsetzen.

Details zu den Voraussetzungen und zum Ablauf einer Zwangsvollstreckung erfahren Sie hier.

Grundsätzliches

Die Zahl der überschuldeten Haushalte in Deutschland geht zwar seit einigen Jahren zurück, laut SchuldnerAtlas 2023 gelten aber immer noch rund 5,65 Personen als überschuldet. Trotz der sinkenden Schuldnerquote sind viele Haushalte von finanziellen Schwierigkeiten betroffen. Die Kosten für Miete, Lebensmittel und Energie steigen rasant, die Löhne dagegen kaum.

Wer offene Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, fürchtet sich häufig vor einer Zwangsvollstreckung. Bevor es so weit kommt, müssen aber einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Gemäß § 750 ZPO (Zivilprozessordnung) müssen Gläubiger zunächst vor Gericht einen vollstreckbaren Titel und eine Vollstreckungsklausel erwirken und dem Schuldner zustellen lassen. Anschließende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen darf nur ein Gerichtsvollzieher bzw. ein anderes beauftragtes Vollstreckungsorgan durchführen.

Die durch die Zwangsvollstreckung entstandenen Kosten sind vom Schuldner zu decken (§ 788 ZPO). Kann der Schuldner nicht gepfändet werden, trägt zunächst der Gläubiger die Kosten. Das Vollstreckungsverfahren endet, sobald alle Schulden beglichen sind.

Achtung: Sonderfall Zwangsvollstreckung durch eine Behörde
Anders als private Gläubiger müssen Behörden nicht erst einen Vollstreckungstitel erwirken, sondern dürfen die Zwangsvollstreckung direkt einleiten.

Arten der Zwangsvollstreckung

Mit einem rechtskräftigen Vollstreckungstitel stehen mehrere Vollstreckungsmaßnahmen zur Wahl, die auch miteinander kombiniert werden können:

  1. Abgabe der Vermögensauskunft
  2. Sachpfändung oder Mobiliarvollstreckung: Pfändung von beweglichem Vermögen
  3. Forderungsvollstreckung: Vollstreckung von Geldforderungen
  4. Immobiliarvollstreckung: Vollstreckung von Grundeigentum

Zwangsvollstreckung: Ablauf der verschiedenen Maßnahmen

Der Ablauf richtet sich nach der gewählten Vollstreckungsmaßnahme.

1. Vermögensauskunft

Für gewöhnlich stellt Ihnen der Gerichtsvollzieher zunächst eine Vollstreckungsankündigung zu. Nun haben Sie noch zwei Wochen Zeit, um die offene Forderung zu begleichen. Können Sie das nicht, werden Sie zur Abgabe der Vermögensauskunft aufgefordert, umgangssprachlich auch als Offenbarungseid bezeichnet.

Zu diesem Zweck erhalten Sie ein sogenanntes Vermögensverzeichnis. Mit Ihren Auskünften legen Sie Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen. So weiß der Gerichtsvollzieher, ob sich eine Pfändung lohnt. Falsche Angaben oder Nichtabgabe können mit einer Geldbuße oder einer Haftstrafe geahndet werden.

2. Sachvollstreckung bzw. Mobiliarpfändung

Bei der Sachvollstreckung prüft der Gerichtsvollzieher, ob sich in Ihrem Haushalt pfändbare Gegenstände befinden. In der Regel kündigt er seinen Besuch zuvor schriftlich an. In manchen Fällen steht er aber auch ohne Ankündigung vor der Tür. Zwar sind Sie nicht dazu verpflichtet, den Vollstreckungsbeamten in die Wohnung zu lassen, der Gerichtsvollzieher kann jedoch einen amtlichen Durchsuchungsbeschluss beantragen und damit die Pfändung trotz Ihrer Weigerung vollziehen.

Pfändbar sind beispielsweise Wertsachen wie Schmuck, Antiquitäten, Kunstwerke, Wertpapiere oder hochwertige Elektrogeräte. Gegenstände, die der Gerichtsvollzieher nicht direkt mitnehmen kann, versieht er mit einem Pfandsiegel. Sie werden später abgeholt und versteigert. Das Pfandsiegel zu entfernen, ist strafbar (§ 136 Abs. 2 Strafgesetzbuch).

Nicht pfändbar sind unter anderem Kleidung, notwendige Einrichtungsgegenstände, Haushaltsgeräte, Arbeitswerkzeuge und benötigte Fahrzeuge. Auch Eheringe und Haustiere dürfen nicht gepfändet werden (§ 811 ZPO).

Der Gerichtsvollzieher darf allerdings eine Austauschpfändung vornehmen, also einen hochwertigen Gegenstand gegen einen weniger hochwertigen ersetzen. Fahren Sie etwa einen teuren Sportwagen, kann der Gerichtsvollzieher diesen einziehen und Ihnen einen Kleinwagen überlassen.

3. Taschenpfändung

Schulden Sie Ihrem Gläubiger nur einen geringen Betrag, kann der Gläubiger diesen in Form einer Taschenpfändung einziehen lassen. Dafür werden Ihre Taschen und Geldbeutel durchsucht und das Geld einbehalten, das Sie gerade bei sich tragen.

4. Forderungspfändung

Die Forderungspfändung findet meist in Form einer Lohnpfändung oder Kontopfändung statt. Zuvor muss der Gläubiger beim zuständigen Vollstreckungsbericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) beantragen.

Auch bei einer Lohn- oder Kontopfändung müssen Sie nicht ohne Geld auskommen: Zur Deckung Ihres Lebensunterhalts steht Ihnen ein Pfändungsfreibetrag gemäß Pfändungstabelle zu. Die Höhe richtet sich nach Ihren Einkünften und der Anzahl der Personen, gegenüber denen Sie unterhaltspflichtig sind.

5. Immobiliarvollstreckung

Zur Immobiliarvollstreckung bestehen drei Möglichkeiten:

  • Zwangsversteigerung
  • Zwangsverwaltung von vermietetem oder verpachtetem Grundbesitz
  • Zwangshypothek

Bei einer Zwangshypothek erhält der Gläubiger kein Geld, sie gilt ihm vielmehr als Sicherheit für seine Forderungen.

Zwangsvollstreckung abwenden – Ihre Möglichkeiten

Können Sie Ihre Forderungen innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Vollstreckungsankündigung begleichen, lässt sich die Zwangsvollstreckung noch abwenden.

Eventuell lässt sich Ihr Gläubiger auch auf eine Ratenzahlung oder Stundung ein. Besteht keine Aussicht auf Schuldentilgung, können Sie Privatinsolvenz anmelden. Ab Insolvenzanmeldung sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unzulässig.

Weitere Möglichkeiten, um sich gegen eine Zwangsvollstreckung zu wehren:

  • Die sofortige Beschwerde beim Vollstreckungsgericht (§ 793 ZPO).
  • Vollstreckungsabwehrklage, zum Beispiel bei bereits gezahlten oder verjährten Forderungen (§ 767 ZPO).
  • Vollstreckungserinnerung bei Verfahrensfehlern (§ 766 ZPO).
  • Drittwiderspruchsklage, mit der Dritte Ansprüche an gepfändeten Gegenständen anmelden (§ 771 ZPO).

Bei einer Kontopfändung sichern Sie sich mit der Einrichtung eines P-Konto automatisch den pfändungsfreien Grundbetrag. Falls Sie Unterhaltspflichten oder sonstige relevante Kosten tragen müssen, können Sie diesen Betrag erhöhen lassen. Dafür benötigen Sie eine P-Konto-Bescheinigung.

Zur Prüfung der Forderungen empfiehlt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unsere Schulderberatung hilft Ihnen bei der Schuldenregulierung – schnell, diskret und zielorientiert. Bei Bedarf begleiten Sie unsere Schuldnerberater auch durch das Insolvenzverfahren.

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FAQ

Wie läuft eine Zwangsvollstreckung ab?

Gläubiger müssen zunächst einen Vollstreckungstitel und eine Vollstreckungsklausel beantragen und dem Schuldner zustellen lassen. Anschließend können sie ihre Forderungen per Zwang durchsetzen, etwa einen Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen beauftragen.

Wie lange dauert es bis zur Zwangsvollstreckung?

Bis der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel erhält, dauert es mindestens einige Wochen. Behörden dürfen schneller vollstrecken, da sie nicht auf einen gerichtlichen Titel angewiesen sind.

Was passiert nach der Zwangsvollstreckung?

Mit einem Vollstreckungstitel darf der Gläubiger Zwangsmaßnahmen gegen den Schuldner einleiten, zum Beispiel Lohn oder Konto pfänden oder einen Gerichtsvollzieher mit einer Sachpfändung beauftragen.

Können Privatpersonen eine Zwangsvollstreckung einleiten?

Eine Zwangsvollstreckung darf grundsätzlich jeder einleiten, der offene Forderungen gegen einen Schuldner geltend machen kann, also zum Beispiel Händler oder Vermieter.

Kann man eine Zwangsvollstreckung abwenden?

Eine Zwangsvollstreckung können Sie abwenden, wenn Sie die Forderung direkt nach Erhalt der Vollstreckungsankündigung begleichen, sich auf Ratenzahlung oder Stundung einigen oder Privatinsolvenz anmelden.

Ist Zwangsvollstreckung gleich Pfändung?

Eine Zwangsvollstreckung kommt nicht automatisch einer Pfändung gleich. Die Pfändung ist vielmehr eine Art der zulässigen Zwangsmaßnahmen.

Welchem Zweck dient die Vermögensauskunft bei der Zwangsvollstreckung?

Mit der Vermögensauskunft erhält der Gerichtsvollzieher einen detaillierten Einblick in Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse und kann auf dieser Basis Entscheidungen zur Pfändung treffen. Eine Vermögensauskunft ist nicht optional. Wer sie nicht abgibt, riskiert einen Haftbefehl.

Was tun bei unberechtigter Zwangsvollstreckung?

Mit einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) können Sie sich gegen eine unberechtigte Zwangsvollstreckung wehren. Bei formellen Mängeln im Vollstreckungsverfahren können Sie eine Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) geltend machen.

Was zählt zu den Kosten der Zwangsvollstreckung?

Zu den Kosten der Zwangsvollstreckung gehören die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Gläubigers sowie die Kosten für die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers.

Wann verjähren die Kosten der Zwangsvollstreckung?

Erstattungsansprüche für die Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO verjähren erst nach 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 BGB).

Foto: RedVector / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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