Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, kurz PfÜB genannt, ist eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung im deutschen Zivilprozessrecht. Er muss beim Amtsgericht beantragt werden. Nach Bewilligung können Gläubiger den Beschluss dazu nutzen, um das Kontoguthaben oder den Lohn eines Schuldners zu pfänden und so ausstehende Forderungen auszugleichen.
Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um den PfÜB.
- Was ist ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB)?
- Wie wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt?
- Was bewirkt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss?
- Was passiert nach Bewilligung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses?
- Wie kann der Schuldner auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss reagieren?
Was ist ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB)?
Kommen Kunden oder Klienten ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nach, können Gläubiger verschiedene Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ergreifen. Dazu gehört unter anderem der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Der PfÜB berechtigt Gläubiger dazu, das Arbeitseinkommen des Schuldners oder sein Kontoguthaben zu pfänden, bis die Forderungen gedeckt sind. Voraussetzung für die Bewilligung des PfÜB ist, dass der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel beantragt hat.
Wie wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt?
Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergeht nicht automatisch von Amts wegen. Der Gläubiger muss ihn zunächst vor Gericht beantragen. Zuständig ist das Amtsgericht am Wohnsitz oder Geschäftssitz des Schuldners. Der Antrag ist in Form eines verbindlichen amtlichen Formulars einzureichen. Das Blanko-Formular kann auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums heruntergeladen werden.
Zusätzlich zum Antragsformular müssen Gläubiger die folgenden Dokumente einreichen:
- Vollstreckungstitel mit Vollstreckungsklausel
- Nachweis über die Zustellung des Vollstreckungsbescheids an den Schuldner
- Aufstellung aller geltend gemachten Forderungen mit Nachweisen
- Auflistung der Vollstreckungskosten
- Kostenvorschuss in Höhe von 20 Euro
Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts müssen keinen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen. Sie sind dazu berechtigt, ihre Forderungen auch ohne den Weg zum Gericht einzutreiben. So kann beispielsweise das Finanzamt bei Steuerschulden direkt eine Pfändung durchführen und beispielsweise das Konto des Schuldners pfänden.
Was bewirkt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss?
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss geht nicht an den Schuldner selbst, sondern an den sogenannten Drittschuldner. Wird eine Lohnpfändung durchgeführt, ist das der Arbeitgeber, bei einer Kontopfändung erhält die jeweilige Bank den PfÜB zugestellt.
Der PfÜB setzt sich aus zwei Beschlüssen zusammen: Der Pfändungsbeschluss beschlagnahmt die ausstehende Forderung, der Überweisungsbeschluss überträgt sie auf den Gläubiger, erteilt ihm also das Recht, die geforderte Summe vom Drittschuldner einzuziehen.
Der PfÜB beinhaltet die folgenden Punkte:
- genaue Bezeichnung des Schuldners, des Gläubigers und des Drittschuldners
- genaue Bezeichnung der Forderung
- genaue Angabe des gepfändeten Anspruchs
- Kontoverbindung des Gläubigers
- Pfändungsbeschluss
- Verbot an den Drittschuldner, die gepfändete Forderung an den Schuldner auszuzahlen (Arrestatorium)
- Verbot an den Schuldner, die gepfändete Forderung einzuziehen (Inhibitorium)
Was passiert nach Bewilligung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses?
Geht ein Pfändungsbeschluss / Überweisungsbeschluss ein, sind Arbeitgeber oder Bank dazu verpflichtet, Lohn bzw. Bankguthaben des Schuldners bis zur geforderten Höhe an den Gläubiger zu überweisen. Zunächst gilt allerdings eine 14-tägige Schutzfrist. Während dieser Zeit müssen keine Zahlungen an den Gläubiger geleistet werden, der Schuldner erhält jedoch auch keine Auszahlungen.
Insbesondere bei einer Kontopfändung droht dem Schuldner die wirtschaftliche Handlungsunfähigkeit. Bis die Forderung ausgeglichen ist, kann er nicht mehr auf sein Konto zugreifen und weder Geld abheben noch Überweisungen leisten. Dadurch kann er seinen weiteren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr ohne Weiteres nachkommen. Der Schuldner muss daher schnell tätig werden, um sich den ihm zustehenden Pfändungsfreibetrag auszahlen zu lassen.
Wie kann der Schuldner auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss reagieren?
Selbst nach einem bewilligten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dürfen Gläubiger nicht das gesamte Einkommen oder Kontoguthaben eines Schuldners einziehen. Der Schuldner muss weiterhin in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt zu decken und zum Beispiel Miete und Strom zu zahlen. Damit das Existenzminimum gesichert ist, gelten in Deutschland Pfändungsfreigrenzen.
Die konkrete Höhe hängt vom Einkommen des Schuldners und von der Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen ab. Die Pfändungsgrenzen werden jedes Jahr in der Pfändungstabelle neu festgelegt. Aktuell liegt der Grundfreibetrag bei 1.491,75 Euro (Stand: 1. Juli 2024).
Ergeht ein PfÜB, sollte der Schuldner die 14-tägige Schutzpflicht nutzen, um die Auszahlung des pfändungsfreien Betrags zu beantragen. Bei einer Lohnpfändung kann er von der Bank beispielsweise ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto / P-Konto einrichten lassen. Das P-Konto sichert ihm jeden Monat Zugriff auf einen festgesetzten Freibetrag. Mit einer P-Konto-Bescheinigung kann dieser ggf. noch erhöht werden.
Eine vorzeitige Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist von Rechts wegen nicht vorgesehen. Der Schuldner kann sich jedoch an den Gläubiger wenden und eine gütige Einigung anstreben. Einigen sich Schuldner und Gläubiger auf eine alternative Möglichkeit zum Schuldenabbau, etwa auf Ratenzahlungen, kann der Gläubiger die Lohn- oder Kontopfändung ruhend stellend.
Damit ist der PfÜB jedoch nicht aufgehoben. Kommt der Schuldner den Ratenzahlungen nicht wie vereinbart nach, hat der Gläubiger das Recht, ohne erneuten Antrag beim Amtsgericht die Wiederaufnahme der Pfändung zu veranlassen.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.