Wer einen Vertrag abschließt, muss sich an die Vereinbarungen halten. Das gilt selbstverständlich auch für Kaufverträge. Kommen Sie der fälligen Leistung nicht nach, zahlen zum Beispiel den Preis für ein gekaufte Produkt nicht, erhalten Sie irgendwann eine Mahnung.
Reagieren Sie auch auf die Mahnung nicht, geraten Sie in den sogenannten Schuldnerverzug. Details regelt § 286 Bundesgesetzbuch (BGB).
Hier erklären wir Ihnen die wichtigsten Fakten zum Paragrafen.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Schuldnerverzug tritt gemäß § 286 BGB ein, wenn ein Schuldner eine fällige und durchsetzbare Leistung trotz Mahnung nicht erbringt.
- In gewissen Fällen geraten Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug. Einzelheiten regelt § 286 Abs. 2.
- Bei Schuldnerverzug haben Gläubiger Anspruch auf Schadenersatz, etwa durch Verzugszinsen.
Schuldnerverzug nach Mahnung
Laut § 286 BGB Abs. 1 tritt der Schuldnerverzug unter folgenden Bedingungen ein:
- Es besteht ein durchsetzbarer Anspruch gegen Sie.
- Die Forderung ist fällig.
- Sie haben eine Mahnung des Gläubigers erhalten.
Ein Beispiel: Ein Verbraucher bestellt in einem Online-Shop neue Kleidung auf Rechnung. Die Ware wird nach wenigen Tagen geliefert. Die beiliegende Rechnung gibt an, dass die Kosten umgehend zu überweisen sind.
Unser Beispiel-Verbraucher begleicht die Rechnung allerdings nicht. Nachdem der Online-Händler zwei Wochen auf sein Geld gewartet hat, stellt er dem Käufer eine Mahnung zu und fordert ihn auf, die offene Forderung innerhalb einer Woche zu bezahlen. Damit gerät der Käufer in Schuldnerverzug.
In unserem Beispiel ist der Anspruch des Online-Händlers durchsetzbar, da die vereinbarte Zahlungsfrist abgelaufen ist. Nicht durchsetzbar wäre die Forderung beispielsweise, wenn die Rechnung verjährt ist, also vor mehr als drei Jahren ausgestellt wurde. Die Fälligkeit der Leistung ergibt sich, da der Händler dem Käufer eine Frist für die Zahlung vorgegeben hat. Letztlich ist auch die Voraussetzung der Mahnung gegeben.
Schuldnerverzug ohne Mahnung
In gewissen Ausnahmefällen kann der Schuldnerverzug ohne Mahnung eintreten. § 286 BGB Abs. 2 Nr. 1 – 4 BGB legt fest, wann auf eine Mahnung verzichtet werden kann:
- Für die Leistung wurde ein konkreter Termin festgelegt, etwa der 3. Mai eines Jahres.
- Der Leistung geht ein bestimmtes Ereignis voraus. Das ist z. B. der Fall, wenn eine Rechnung eine Aufforderung enthält wie: „Zahlung fällig innerhalb von zwei Wochen nach Lieferung“.
- Der Schuldner verweigert seine Leistung endgültig und ernsthaft.
- Sofortiger Schuldnerverzug kann auch aus besonderen Gründen und „unter Abwägung der beiderseitigen Interessen“ eintreten. Ein solcher Fall besteht beispielsweise, wenn ein Schuldner seine Leistung selbst ankündigt – „Ich zahle bis zum 3. Mai“ – oder wenn eine Leistung sehr dringend ist.
Die 30-Tage-Regelung
Aus § 286 Abs. 3 BGB geht hervor, dass Schuldner einer Entgeltforderung spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung in Verzug geraten. Für Privatverbraucher gilt diese 30-Tage-Regelung allerdings nur, wenn der Gläubiger darauf hinweist, dass der Schuldner nach 30 Tagen in Verzug gerät.
Nicht in Verzug gerät ein Schuldner, wenn die Leistung infolge eines Umstands ausbleibt, den er nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB).
Schuldnerverzug und Rechtsfolgen
Geraten Sie in Verzug, kann das rechtliche Folgen haben. Um Forderungen durchzusetzen, können sich Gläubiger etwa an einen Anwalt, ein Inkassounternehmen oder ans Amtsgericht wenden und Zwangsmaßnahmen beantragen. Die Kosten dafür sind vom Schuldner zu tragen.
Zusätzlich können Gläubiger Schadenersatz verlangen, z. B. indem sie Verzugszinsen festsetzen. Der Zinssatz gegenüber Verbrauchern beträgt 5 Prozent über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank (§ 288 BGB).
Ist der Gläubiger nicht mehr an der Vertragserfüllung interessiert, kann er auch Schadenersatz statt der Leistung verlangen. Letztlich steht es dem Gläubiger frei, vom Vertrag zurückzutreten. Damit verliert auch der Schuldner seine vertraglichen Ansprüche.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.