Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat entschieden, dass die Hilfsleistungen aus dem Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige“ nicht gepfändet werden dürfen. Diese Regelung betrifft alle Schulden, die vor dem 1. März 2020, und somit vor Beginn der Corona-Pandemie zustande gekommen sind.
In der Begründung der Richter heißt es, dass Corona-Hilfen zweckgebunden und nicht übertragbar sind. Der Zweck der Corona-Soforthilfen liegt darin, die finanzielle Not zu lindern. Eine Pfändung des Betrags, der zwischen 9.000 und 15.000 Euro beträgt, würde dazu führen, dass dieser Zweck gerade nicht erreicht werden kann. Die Corona-Hilfen sind dementsprechend vergleichbar mit anderen sozialen Leistungen, die nicht pfändbar sind.
Bestätigung vorheriger Urteile
Bereits Mitte des letzten Jahres hatte der Bundesfinanzhof (BFH) festgestellt, dass Finanzämter Corona-Hilfen nicht für Steuerrückstände pfänden dürfen. Auch hier hieß es in der Urteilsbegründung, dass diese Hilfszahlungen nicht zur Befriedigung von Altschulden dienen dürfen. Im Rahmen von Steuerschulden wäre die Möglichkeit einer Pfändung nicht wirklich nachvollziehbar. Einerseits zahlt der Staat notleidenden Unternehmern schnell und unbürokratisch Soforthilfen aus. Andererseits pfändet er diese einige Zeit später …
Verschiedene Finanzgerichte, z.B. in Köln und Münster, kamen zum selben Ergebnis und beriefen sich dabei auf ein Pfändungsverbot nach § 851 ZPO. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass diese rechtliche Einschätzung auch für andere Corona-Finanzhilfen von Bund und Ländern gelten wird, z.B. für die Überbrückungshilfen.
Der konkrete Fall
Der BGH urteilte über den Streit zwischen einer selbständigen Person, die 9.000 Euro Soforthilfe bekommen hatte, und ihrem Gläubiger, der eben diese Summe für alte Schulden vom P-Konto (Pfändungsschutzkonto) einziehen wollte. Auf dem P-Konto waren vorher ca. 1.200 Euro pfändungsfrei.
Aufgrund der oben genannten Gründe entschied der BGH gegen den Gläubiger. Außerdem stellte er fest, dass der pfändungsfreie Betrag auf dem P-Konto einmalig um die Summe der Soforthilfe aufgestockt werden muss.
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Für Schuldner ist diese Rechtssicherheit eine gute Nachricht. Denn so steigen die Chancen, die Selbständigkeit trotz der schwierigen Bedingungen weiterzuführen. Und das ist ja auch das, was der Staat mit den Corona-Hilfen unter anderem erreichen möchte.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.