Seit 2002 gibt es in Deutschland die Riester-Rente, eine privat finanzierte, über Sonderausgabenabzug geförderte und durch Zulagen vom Staat subventionierte Rente.
Einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) entsprechend, darf ein privater Riester-Rentenvertrag bei einer Privatinsolvenz nicht gepfändet werden. Einzige Voraussetzung: er muss staatlich gefördert sein.
Der zugrunde liegende Fall
Eine Frau hatte ihren Riester-Vertrag aufgrund finanzieller Engpässe von der Versicherung beitragsfrei stellen lassen. Bisher hatte sie damit die Summe von 333 Euro angespart. Ihre Lage verschlimmerte sich, es kam zur Privatinsolvenz.
Der Begriff Privatinsolvenz (eigentlich: Verbraucherinsolvenz) beschreibt ein seit 1999 auf natürliche Personen ausgerichtetes vereinfachtes Insolvenzverfahren. Damit soll die weitere Überschuldung verhindert werden.
Der Insolvenzverwalter hatte jedoch die Ersparnisse im Fokus und kündigte den Riester-Vertrag. Die Versicherung kam seiner Aufforderung zur Auszahlung nicht nach, daraufhin klagte der Verwalter. Die Angelegenheit wurde letztendlich von den Richtern am BGH entschieden.
Das Urteil
Die Karlsruher BGH-Richter entschieden, dass ein über die Riester-Rente angespartes Vermögen bei Insolvenz nicht gepfändet werden darf. Der Sparer muss aber im Vorfeld eine Förderung beziehungsweise Zulage von staatlichen Stellen beantragt haben.
Ob im konkreten Fall ein Antrag auf staatliche Förderung vorlag, ging aus der Urteilsbegründung nicht hervor. Der Richterspruch ist allerdings wegweisend für alle Riester-Sparer, denen die Privatinsolvenz als einzige Möglichkeit bleibt.
Der BGH entsprach damit auch dem in der Zivilprozessordnung verankerten Pfändungsschutz für Altersrenten, indem er die dort geltenden Voraussetzungen auf die Riester-Verträge ausweitete.
Der Insolvenzverwalter hat keinen Zugriff auf die Riester-Rente: die Voraussetzungen im Detail
Als Sparer mit einem Riester-Vertrag müssen Sie die Bedingungen für eine Förderung erfüllen und die Zulage beziehungsweise den Sonderausgaben-Abzug bereit beantragt haben. Es spielt für Sie keine Rolle, ob die Förderung schon bewilligt wurde, vielmehr genügt der Antrag darauf.
Weil dieser Punkt im oben beschriebenen Fall noch geklärt werden muss, findet dazu eine weitere Verhandlung vor dem Stuttgarter Landgericht statt.
16,51 Millionen Riester-Verträge in Deutschland
Die Zahl stammt von der Deutschen Rentenversicherung und entspricht dem zweiten Quartal des laufenden Jahres. Zu den geförderten Verträgen liegen keine aktuellen Informationen vor, 2013 erhielten aber knapp elf Millionen Personen staatliche Förderungen.
Eine negative Zahl zum Schluss: Nach Schätzungen aus unbekannten Quellen sind etwa zwei Millionen Riester-Verträge womöglich von einer Pfändung betroffen.
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.