Überschuldung - was tun?

Überschuldung – was tun?

Laut SchuldnerAtlas 2023 sind 5,65 Millionen Menschen in Deutschland überschuldet. Die meisten überschuldeten Verbraucher sind Männer, am höchsten ist die Überschuldungsquote in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen.

Doch was bedeutet Überschuldung überhaupt? Wie sollten sich überschuldete Personen verhalten? Dieser Artikel gibt Antworten.

Überschuldung: Definition

Für Unternehmen ist der Überschuldungsbegriff in der Insolvenzordnung definiert: Überschuldung besteht, wenn das Vermögen nicht mehr zur Deckung der Außenstände ausreicht, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens erscheint überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 InsO).

Für die Überschuldung von Privatpersonen gibt es in der EU keine einheitliche Definition. Wer ein Auto auf Raten kauft oder eine Baufinanzierung aufnimmt, hat zwar Schulden, ist aber noch nicht überschuldet. Das passiert erst dann, wenn die Kreditraten längerfristig nicht mehr zurückgezahlt werden können. So definiert es auch das Bundesfamilienministerium: Demnach ist von Überschuldung zu sprechen, wenn das Einkommen nach Abzug der Lebenshaltungskosten über einen längeren Zeitraum hinweg nicht ausreicht, um Schulden zu tilgen.

Verschiedene Ökonomen haben sich Gedanken darüber gemacht, unter welchen Voraussetzungen Haushalte einem besonders hohen Risiko unterliegen, in die Überschuldung zu geraten. Eine englische Task Force geht zum Beispiel von einem hohen Überschuldungsrisiko aus, wenn die Raten für Verbraucherkredite in Summe 25 Prozent des Bruttoeinkommens übersteigen. Die Haushaltswissenschaften in Deutschland geben einen Richtwert von 20 Prozent des Haushaltsbruttoeinkommens an. Die Sparkassen raten Verbrauchern mit kleinen und mittleren Einkommen sogar, dass ihre Kreditraten nicht mehr als zehn Prozent ihres Bruttoeinkommens betragen sollten.

Überschuldung als Insolvenzgrund: In Deutschland gibt es drei sogenannte Insolvenzgründe: Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung (§ 17 InsO, § 18 InsO, § 19 InsO). Liegt einer dieser Gründe vor, müssen juristische Personen wie eine GmbH oder Aktiengesellschaft im Rahmen der Insolvenzantragspflicht unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen, einen Insolvenzantrag stellen. Für Privatpersonen besteht diese Pflicht nicht. Dennoch sollten sich überschuldete Verbraucher beraten lassen, wie sie ihre Schulden tilgen können.

Welche Ursachen führen zur Überschuldung?

Die Ursachen für eine Überschuldung sind äußerst vielfältig. Bei Unternehmen führen Umsatzeinbrüche oder zu risikoreiche Investitionen in eine Überschuldung. Auch, wenn Aktien oder Immobilien plötzlich an Wert verlieren, besteht das Risiko, in die Überschuldung zu geraten.

Welche Auslöser bei Privatpersonen für eine Überschuldung verantwortlich sind, hat das Statistische Bundesamt analysiert. Im Jahr 2021 gab es sechs Gründe, die für insgesamt 81 Prozent aller Überschuldungsfälle verantwortlich waren:

  1. Arbeitslosigkeit – 19 Prozent
  2. Erkrankung, Unfall, Sucht – 18 Prozent
  3. Unwirtschaftliche Haushaltsführung -14 Prozent
  4. Trennung, Scheidung, Tod des Partners – 12 Prozent
  5. Längerfristiges Niedrigeinkommen – 11 Prozent
  6. Gescheiterte Selbstständigkeit – 9 Prozent
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Welche Auswirkungen hat eine Überschuldung für Betroffene?

Können Rechnungen und Kredite nicht mehr bezahlt werden, hat das schwerwiegende Auswirkungen – in wirtschaftlicher wie auch sozialer und psychischer Hinsicht. Bleiben Zahlungen aus, verschicken Gläubiger zunächst Mahnungen. Erhalten sie daraufhin immer noch kein Geld, schalten sie Inkassobüros ein, treiben die ausstehenden Zahlungen über Rechtsanwälte ein oder beantragen einen Vollstreckungsbescheid. Gerichtlich titulierte Forderungen können über den Gerichtsvollzieher, eine Lohnpfändung oder Kontopfändung sichergestellt werden. Eventuell werden Kreditkarten gesperrt und laufende Kreditverträge gekündigt. Bei ausstehenden Mietzahlungen droht sogar der Wohnungsverlust.

Je länger die Schulden bestehen, umso größer wird der Druck auf den Schuldner. Ausstehende Zahlungen belasten, die Überschuldung führt zu Existenzängsten. Hinzu kommen Probleme am Arbeitsplatz, wenn der Lohn gepfändet wird, oder Ärger mit der Bank bei einer Kontopfändung. Aufgrund der hohen Schulden ist eine normale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben kaum mehr möglich. Das Geld für Unternehmungen oder Ausflüge fehlt. Viele überschuldete Personen ziehen sich auch aus Scham vor ihrem Umfeld zurück.

Scham, Stress und soziale Ausgrenzung können psychosoziale Folgen haben. Betroffene fühlen sich oft antriebs- und hoffnungslos und entwickeln Depressionen. Auch Kinder bekommen die schlechte wirtschaftliche Situation oft mit und fühlen sich ebenfalls belastet. Eventuell können sie sich schlechter konzentrieren und bekommen Probleme in der Schule.

Überschuldet – wo bekommen Sie Hilfe?

Aus Scham und Antriebslosigkeit holen sich überschuldete Personen häufig erst spät Hilfe. Flattern die ersten Mahnungen ins Haus, sollten Sie jedoch nicht zu lange warten. Mahn- und Vollstreckungsgebühren sowie Zinsen lassen den Schuldenberg immer weiter wachsen. Lassen Sie sich frühzeitig helfen, bestehen dagegen gute Chancen, auch ohne Insolvenzverfahren aus der Schuldenfalle zu kommen.

Beratung erhalten Schuldner bei gemeinnützigen Organisationen wie der Caritas und der Diakonie, bei privaten Schuldenberatungsstellen und bei spezialisierten Rechtsanwälten. Schuldnerberater helfen Ihnen dabei, wieder einen Überblick über Ihre finanzielle Situation zu bekommen. Gemeinsam mit Ihnen erstellen sie eine Auflistung aller Einnahmen und Ausgaben sowie ein Schulden- und Gläubigerverzeichnis. Auf dieser Grundlage entwickeln die Berater eine Strategie, wie Sie Ihre Schulden am besten tilgen können.

Die Vorteile einer anwaltlichen Schuldenberatung: Sie müssen meist nicht lange auf einen Termin warten und die Berater übernehmen den Kontakt zu den Gläubigern. Scheitert der außergerichtliche Vergleich, sind Anwälte zudem dazu berechtigt, die benötigte Bescheinigung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auszustellen. Um die Kosten zu decken, können einkommensschwache Schuldner Beratungsbeihilfe beantragen.

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FAQ Überschuldung

Was ist der Unterschied zwischen verschuldet und überschuldet?

Von einer Verschuldung spricht man, wenn eine Person oder ein Unternehmen Schulden aufgenommen hat, zum Beispiel den Kauf von Waren über Ratenzahlungen finanziert. Überschuldet ist man dagegen erst, wenn diese Verbindlichkeiten nicht mehr aus eigener Kraft zurückgezahlt werden können.

Wann liegt eine Überschuldung vor?

Laut Insolvenzordnung liegt eine Überschuldung vor, das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken (§ 19 InsO). Bei Privatpersonen spricht man gängigerweise von Überschuldung, wenn ausstehende Forderungen längerfristig nicht mehr aus dem Einkommen gezahlt werden können.

Was tun bei privater Überschuldung?

Bei privater Überschuldung müssen sich Betroffene zunächst bewusst werden, dass sie ein Problem haben. Um herauszufinden, wie viel Geld zur Schuldentilgung zur Verfügung steht, sollte eine Übersicht aller Einnahmen und Ausgaben angefertigt werden. Anschließend wird versucht, mit den Gläubigern eine außergerichtliche Einigung zu erwirken. Es ist ratsam, sich bei diesem Prozess Hilfe zu holen.

Wer hilft mit bei Überschuldung?

Hilfe erhalten Verbraucher von professionellen Schuldenberatungsstellen. Gemeinnützige Organisationen, private Einrichtungen und Fachanwälte für Insolvenzrecht bieten eine Schuldnerberatung an. Achten Sie darauf, dass die Beratungsstelle dazu berechtigt ist, das eventuelle Scheitern einer außergerichtlichen Einigung zu bescheinigen. Nur mit dieser Bescheinigung dürfen Sie nämlich ein Insolvenzverfahren beantragen. Eine solche Berechtigung liegt bei anwaltlichen Schuldenberatern in der Regel vor.

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Photo by Regis F on Unsplash

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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