Pfändungsschutz - das sollten Sie wissen

Pfändungsschutz – das sollten Schuldner wissen

Der Pfändungsschutz stellt sicher, dass Schuldner bei einer Zwangsvollstreckung nicht unter ihr Existenzminimum fallen. Gesetzliche Grundlage zur Pfändung und zum Pfändungsschutz bildet die Zivilprozessordnung (ZPO).

Sie sichert dem Schuldner beispielsweise bei einer Pfändung des Arbeitseinkommens einen pfändungsfreien Grundbetrag zu. Auch bei einer Sach- und einer Kontopfändung gilt der Pfändungsschutz.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Der Pfändungsschutz soll verhindern, dass sämtliches Guthaben und Vermögen eines Schuldners gepfändet werden.
  • Die Zivilprozessordnung regelt, welche beweglichen Sachen und Einkommensanteile von der Pfändung befreit sind.
  • Bei Kontopfändung greift der Pfändungsschutz nicht automatisch, sondern erst nach Einrichtung eines sogenannten P-Kontos.

Pfändungsschutz zur Sicherung des Existenzminimums

Seit 1877 regelt die Zivilprozessordnung in Deutschland bürgerliche Rechtsstreitigkeiten. Diese Regelungen umfassen auch die Rechte von Gläubigern und Schuldnern im Fall von Zahlungsrückständen. Zahlen Schuldner ihre Verbindlichkeiten nicht, können Gläubiger gemäß ZPO vor Gericht einen Vollstreckungstitel erwirken und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten.

Dabei dürfen sie allerdings nicht auf das gesamte Einkommen und Vermögen des Schuldners zugreifen. Der Gesetzgeber gesteht jedem Schuldner auch während einer Pfändung gewisse Beträge zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu. Der Pfändungsschutz ist ebenfalls in der Zivilprozessordnung geregelt:

  • §§ 811ff ZPO legen die Unpfändbarkeit bestimmter Sachen fest.
  • §§ 850ff ZPO enthalten Regelungen zum Schutz von Arbeitseinkommen.
  • § 850k ZPO gesteht jeder natürlichen Person die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos (P-Kontos) zu.

Sachpfändung: Was darf nicht gepfändet werden?

Eine Möglichkeit der Zwangsvollstreckung ist die Pfändung beweglicher Sachen (Sachpfändung). Dabei pfändet der Gerichtsvollzieher wertvolle Gegenstände und Vermögenswerte wie Schmuck, Kunstgegenstände und hochwertige Unterhaltungselektronik.

§ 811 ZPO liegt fest, welche Sachen nicht gepfändet werden dürfen:

  • Gegenstände, die Schuldner für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung benötigen, etwa Hausrat und Bekleidung, aber auch ein Fernseher.
  • Gestände, die der Erwerbstätigkeit, Aus- oder Weiterbildung dienen, beispielsweise der Computer.
  • Gegenstände, die Schuldner aus gesundheitlichen Gründen benötigen, zum Beispiel Brillen, Prothesen und andere medizinische Hilfsmittel.
  • Gegenstände zur Ausübung von Religion oder Weltanschauung, sofern deren Wert 500 Euro nicht übersteigt.
  • Haustiere.

Autos dürfen grundsätzlich gepfändet werden. Eine Ausnahme besteht, wenn der Schuldner das Fahrzeug nachweislich zur Berufsausübung oder aufgrund einer Behinderung benötigt.

Info: Austauschpfändung
Bei sehr wertvollen Gegenständen, die eigentlich dem Pfändungsschutz unterliegen, kann der Gerichtsvollzieher eine Austauschpfändung vornehmen. Nutzt der Schuldner etwa einen neuen und hochwertigen Computer zur Berufsausübung, kann dieser gegen einen weniger wertvollen, aber ansonsten gleichwertigen PC ausgetauscht werden. Gleiches gilt für hochpreisige Fernseher oder Luxusautos.

Lohnpfändung: Freibetrag nach Pfändungstabelle

Strengt ein Gläubiger eine Lohnpfändung an, muss der Schuldner nicht sein gesamtes Arbeitseinkommen abgeben. Einen gewissen pfändungsfreien Betrag darf er behalten. Die Höhe des Pfändungsfreibetrags hängt von der Höhe des Nettoeinkommens und den Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners ab.

Festgelegt sind die Freibeträge in der sogenannten Pfändungstabelle, einem Anhang zu § 850 ZPO. Die Pfändungstabelle wird jedes Jahr zum 1. Juli an die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst. Seit dem 1. Juli 2024 beträgt der pfändungsfreie Grundbetrag 1.491,75 Euro netto im Monat.

Laut § 850a ZPO bleiben zudem folgende Arten von Arbeitseinkommen pfändungsfrei:

  • Überstundenvergütung bis zur Hälfte
  • Urlaubsgeld im üblichen Rahmen
  • Spesen und Aufwandsentschädigungen im üblichen Rahmen
  • Weihnachtsgeld bis 750 Euro
  • Geburtsbeihilfen und Beihilfen zur Eingehung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft
  • Studienbeihilfen
  • Erziehungsgeld
  • Sterbe- und Gnadenbezüge
  • Blindenzulagen

Gewisse Bezüge sind bedingt pfändbar, das bedeutet, sie dürfen nur gepfändet werden, wenn eine Vollstreckung des beweglichen Vermögens die Forderungen des Gläubigers nicht vollständig deckt. Dazu gehören Bezüge aus Witwen- und Waisenrenten sowie aus Hilfs- und Krankenkassen (§ 805b ZPO).

Kontopfändung: das P-Konto bietet Schutz

Bei einer Kontopfändung ist der pfändungsfreie Betrag nicht automatisch geschützt. Seit dem 1. Juli 2010 haben natürliche Personen jedoch die Möglichkeit, ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto / P-Konto umwandeln zu lassen. Zuvor führte die Kontopfändung dazu, dass das gepfändete Konto vollständig gesperrt war und das komplette Guthaben sowie alle Geldeingänge an den Gläubiger abgeführt wurden.

Das P-Konto bietet dem Schuldner nun einen Pfändungsschutz in drei Stufen:

  1. Basisschutz: Grundsätzlich bleibt ein Betrag von 1.500 Euro im Monat vor der Pfändung geschützt.
  2. Erhöhter Pfändungsschutz: Ist der Kontoinhaber anderen Personen gegenüber unterhaltspflichtig, bezieht Sozial- oder Asylbewerberleistungen, Kindergeld oder leben weitere Personen im Haushalt, kann er den Freibetrag nach Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung bei der Bank erhöhen lassen.

Nicht gepfändet werden dürfen außerdem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und einmalige Sonderleistungen, die der Schuldner zum Beispiel für die Geburt eines Kindes, zur Erstausstattung der Wohnung oder als Zuschuss für eine Klassenfahrt erhält.

  1. Individuell festgesetzter Freibetrag: In gewissen Sonderfällen können Schuldner vor dem Vollstreckungsgericht oder bei der vollstreckenden Behörde beantragen, den Freibetrag individuell festsetzen zu lassen.

Zum 1. Dezember 2021 ist das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz in Kraft getreten, das weitere Verbesserungen des Pfändungsschutzes bietet. Schuldner dürfen nun zum Beispiel bis zu drei Monate lang nicht verbrauchtes pfändungsfreies Guthaben ansparen, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. Zudem sind auch Nachzahlungen von Sozialleistungen von der Pfändungsfreiheit umfasst.

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Foto: Ahmed / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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