Ausstehende Forderungen einzutreiben geht für Gläubiger mit viel Aufwand einher. Händler und Dienstleister nehmen daher häufig die Hilfe eines Inkassounternehmens in Anspruch. Das tritt im Namen des Gläubigers mit dem Schuldner in Kontakt und fordert diesen zur Zahlung der offenen Rechnungen auf.
Ihre Dienste bieten Inkassounternehmen selbstverständlich nicht kostenlos an und stellen dem Schuldner sogenannte Inkassogebühren in Rechnung. Das führt manchmal sogar dazu, dass die Inkassokosten höher als die Hauptforderung sind.
Welche Kosten ein Inkassobüro erheben darf und welche Gebühren unseriös sind, erklären wir in folgendem Artikel.
Inkasso – was ist das eigentlich?
Der Begriff Inkasso stammt aus dem Bankwesen. Basis bildet das italienische Wort incasso, dessen Verb incassare so viel wie „einkassieren“ oder „Geld einziehen“ bedeutet. Ein Inkassounternehmen treibt dementsprechend Geld ein.
Unter Verbrauchern genießen Inkassounternehmen einen eher schlechten Ruf. Verantwortlich dafür sind unseriöse Inkassobüros, die zu hohe Forderungen stellen, gefälschte Inkassoschreiben versenden oder sogar bedrohlich wirkende Geldeintreiber zu den Schuldnern nach Hause schicken.
Die Verbraucherzentrale warnt im April 2022 zum Beispiel vor falschen Inkassoschreiben einer Anwaltssozietät aus München, die Geld für ein angebliches Glücksspiel-Abo fordern, an dem die Empfänger der Briefe jedoch nie teilgenommen haben.
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen geht regelmäßig gegen unseriöse Anbieter vor und versucht, das Image der Branche zu verbessern („Inkasso heißt Verantwortung!“). Seriöse Unternehmen besitzen eine Erlaubnis nach Rechtsberatungsgesetz, die entweder direkt auf dem Schreiben erkennbar ist oder auf Anfrage vorgelegt wird.
Welche Gebühren dürfen Inkassounternehmen erheben?
Liegt erst einmal ein Schreiben eines Inkassobüros im Briefkasten, werden dort zur eigentlichen Forderung auch Inkassogebühren geltend gemacht. Inkassokosten sind grundsätzlich rechtlich zulässig. Sie dürfen aber nicht willkürlich erhoben werden, sondern müssen dem Grundsatz der Schadensminderung folgen. Der besagt, dass Gläubiger und damit auch Inkassobüros keine unnötigen Kosten produzieren dürfen.
Die Berechnung der Gebühren hängt von der Höhe der Ausgangsforderung ab und wird gemäß der Rechtsanwaltsgebührentabelle berechnet. Der Gebührensatzrahmen reicht üblicherweise von 0,5 bis 1,3. In schwierigen und umfangreichen Fällen darf auch ein Gebührensatz von 1,3 bis 2,5 erhoben werden. Das gilt zum Beispiel als gerechtfertigt, wenn das Inkassobüro den aktuellen Aufenthaltsort des Schuldners ermitteln muss oder mit einem Schuldner im Ausland Kontakt aufnimmt.
Zum 1. Oktober 2021 ist das „Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“ in Kraft getreten. Dort ist geregelt, dass die Gebühren für Forderungen unter 50 Euro nicht höher ausfallen dürfen als die Forderung selbst. Werden die Forderungen direkt nach dem ersten Mahnschreiben beglichen, gilt nun zudem ein Gebührensatz von 0,5.
Weitere zulässige Inkassokosten
Zusätzlich zu den Inkassogebühren dürfen Inkassounternehmen noch weitere Kosten geltend machen:
- Schreib- und Portoauslagen, begrenzt auf maximal 20 Prozent der gesamten Inkassokosten und höchstens 20 Euro
- Verzugszinsen, maximal 5 Prozent über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank
- Kosten für Adressermittlung und Bankrücklastschriften
- Vollstreckungskosten
- Kosten für einen Mahnbescheid in Höhe von maximal 25 Euro
- Kosten für die Zustellung des Inkassoschreibens durch einen Gerichtsvollzieher
Die Höhe der Kosten muss Ihnen das Inkassounternehmen auf Verlangen nachweisen. Die Zustellung dieser Forderungsaufstellung ist kostenfrei.
Welche Inkassokosten sind nicht zulässig?
Die folgenden Kosten dürfen Inkassounternehmen nicht geltend machen:
- bereits auf der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer
- Telefon-Inkassogebühren für Anrufe beim Schuldner
- Kontoführungsgebühren
- Kosten für den „1. Brief nach Titulierung der Forderung“
- Kosten für einen zusätzlich beauftragten Rechtsanwalt. Rechtsanwaltskosten dürfen lediglich erhoben werden, wenn alle zuvor erhobenen außergerichtlichen Inkassokosten entfallen.
Wann müssen Schuldner Inkassogebühren zahlen?
Damit Inkassokosten überhaupt erstattungsfähig sind, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die ursprüngliche Forderung ist berechtigt.
- Der Schuldner befindet sich in Zahlungsverzug. Zahlungsverzug liegt entsprechend Bundesgesetzbuch vor, wenn Sie eine Rechnung mit festem Zahlungsziel (zum Beispiel „01.12.2022“) oder errechenbarem Zahlungsdatum (zum Beispiel „4 Wochen nach Erhalt der Rechnung“) nicht innerhalb der angegebenen Frist begleichen (§ 286 Abs. 1 BGB).
Tipp!!! Vorsicht bei vorgefertigten Ratenzahlungsvereinbarungen: Einige Inkassounternehmen legen ihrem Schreiben direkt eine vorgefertigte Ratenzahlungsvereinbarung bei. Doch Vorsicht: Unterzeichnen Sie die Vereinbarung, geben Sie damit zugleich ein Schuldeingeständnis ab und erkennen neben der Hauptforderung auch alle Nebenforderungen an. Das macht es so gut wie unmöglich, sich gegen zu hohe Inkassokosten zur Wehr zu setzen.
So wehren Sie sich gegen überhöhte Inkassokosten
Erhalten Sie Post von einem Inkassobüro, sollten Sie zunächst prüfen, ob das Unternehmen überhaupt eine Genehmigung besitzt. Seriöse Inkassobüros weisen im Briefkopf auf ihre Registrierung hin. Im Zweifel können Sie das Unternehmen kostenfrei im Rechtsdienstleistungsregister nachschlagen. Nicht registrierte Inkassounternehmen können Sie bei der Staatsanwaltschaft oder bei der Aufsichtsbehörde melden.
Prüfen Sie anschließend die im Schreiben aufgeführten Forderungen genau. Ist die Hauptforderung berechtigt? Unberechtigten Forderungen sollten Sie unverzüglich schriftlich widersprechen.
Geht aus dem Schreiben hervor, wie sich die Inkassokosten konkret zusammensetzen? Ist das nicht der Fall, fordern Sie ein detailliertes Forderungsverzeichnis an.
Überschreiten die aufgeführten Inkassokosten die zulässige Höhe, erstellen Sie am besten eine Gegenrechnung und schicken diese ans Inkassounternehmen. Dort listen Sie auf, welche Forderungsposten Sie akzeptieren und welche Sie ablehnen.
Post vom Inkassounternehmen ist häufig ein Anzeichen dafür, dass bereits längerfristig Geldprobleme bestehen. Eine professionelle Schuldnerberatung kann Ihnen helfen, wieder einen Überblick über Ihre finanziellen Verhältnisse zu gewinnen und unterstützt Sie auch beim Kontakt mit Inkassounternehmen.
FAQ Inkassokosten
Wie kann man sich gegen Inkasso wehren?
Verlangt ein Inkassounternehmen zu hohe Gebühren, sollten Schuldner eine Gegenrechnung ans Inkassounternehmen senden. Überhöhte Gebühren sollten nicht überwiesen werden, denn damit gilt die Forderung als anerkannt.
Was passiert, wenn man Inkassokosten nicht bezahlen kann?
Sind sowohl die Hauptforderung als auch die Inkassokosten berechtigt, wird das Inkassounternehmen in der Regel den Rechtsweg beschreiten und einen Vollstreckungstitel gegen den Schuldner erwirken. Eine professionelle Schuldnerberatung kann helfen, die Vollstreckung abzuwenden und eine gütliche Einigung zu erzielen.
Wie viel Gebühren darf ein Inkassobüro verlangen?
Die Inkassogebühren richten sich nach der Rechtsanwaltsgebührentabelle. Für Forderungen über 50 Euro darf ein Gebührensatz von 0,5 bis 1,3 erhoben werden – in schwierigen Fällen ein Satz von 1,3 bis 2,5.
Wie viele Mahnungen bis Inkasso möglich ist?
Gläubiger müssen eine offene Forderung nicht zwingend anmahnen, bevor sie ein Inkassobüro einschalten. Gilt für eine Rechnung oder regelmäßige Zahlungen ein fester Zahlungstermin, kann das Inkassounternehmen direkt beauftragt werden.
Wie viel Zinsen darf ein Inkassounternehmen verlangen?
Inkassounternehmen dürfen Verzugszinsen geltend machen. Bei Verbrauchergeschäften ist die Höhe der Verzugszinsen auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank beschränkt.
Sind Inkassogebühren rechtens?
Inkassogebühren sind grundsätzlich rechtens, sofern die Hauptforderung berechtigt ist und der Schuldner sich gemäß § 286 Abs. 1 BGB in Zahlungsverzug befindet.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.