Laut Schuldneratlas 2023 sind rund 5,65 Millionen Verbraucher in Deutschland überschuldet. Sich aus eigener Kraft aus der Schuldenfalle zu befreien, fällt vielen Schuldnern schwer. Professionelle Hilfe bei Schulden und Unterstützung erhalten verschuldete Haushalte u.a. bei einer Schuldnerberatung.
Woran lassen sich seriöse Anbieter erkennen? Wie läuft eine Schuldnerberatung ab? Welche Wege zur Schuldensanierung gibt es?
Das und mehr erklärt der folgende Artikel.
Von der Verschuldung zur Überschuldung
Arbeitslosigkeit, Erkrankung (auch Sucht oder Unfall) und eine unwirtschaftliche Haushaltsführung: Das sind dem Statistischen Bundesamt zufolge die drei häufigsten Gründe, die zu einer Überschuldung führen.
Gerät man einmal mit der Miete in Verzug oder bezahlt eine Rechnung zu spät, lässt sich das mit einem stabilen Einkommen oft schnell wieder ausgleichen. Größere Probleme treten auf, wenn die Einkünfte über längere Zeit hinweg nicht ausreichen, um alle anfallenden Rechnungen zu zahlen.
Steigende Energie- und Lebensmittelpreise verschärfen die Situation auch für Personengruppen, die sich bislang um eine Überschuldung keine Sorgen gemacht haben. Eine Umfrage unter gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen aus dem Frühjahr 2022 zeigt, dass immer mehr Privatpersonen mit geregeltem Einkommen und Soloselbständige eine Beratung in Anspruch nehmen.
Können ausstehende Forderungen nicht bezahlt werden, drohen Vollstreckungsbescheide und / oder eine Pfändung, z.B. Lohnpfändung oder eine Kontopfändung. Allein lässt sich der wachsende Schuldenberg jedoch kaum bewältigen. Bei Überschuldung sollten Betroffene daher professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Schuldnerberatungen bieten professionelle Hilfe bei Schulden
Unterstützung erhalten Schuldner bei anerkannten Schuldnerberatungsstellen. Dabei stehen verschiedene Anbieter zur Auswahl:
- Gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen wie Caritas, Diakonie und Arbeiterwohlfahrt (AWO)
- Staatliche Schuldnerberatungsstellen
- Gewerbliche Schuldnerberatungen
- Anwaltliche Schuldnerberatungen durch einen Fachanwalt für Insolvenzrecht
Gemeinnützige und viele Beratungsstellen, die der Staat eingerichtet hat, sind kostenlos. Die Wartezeiten für eine Erstberatung können jedoch sehr lang sein. Zehn Wochen und mehr sind keine Seltenheit.
Bei einem anwaltlichen Schuldnerberater erhalten Sie i.d.R. schneller einen Termin. Fachanwälte für Insolvenzrecht sind zudem berechtigt, Schuldnern gemäß § 305 Insolvenzordnung (InsO) eine Bescheinigung über das Scheitern eines außergerichtlichen Vergleichs mit den Gläubigern auszustellen. Nur damit ist der Weg in die Privatinsolvenz möglich.
Raus aus der Schuldenfalle – so kann es klappen
Als Königsweg der Schuldensanierung gilt der außergerichtliche Schuldenvergleich. Auf Grundlage der finanziellen Möglichkeiten des Schuldners wird ein Schuldenbereinigungsplan erstellt.
Den Gläubigern wird dann vorgeschlagen, dass der Schuldner eine Teilsumme der Schulden bezahlt oder Ratenzahlungen leistet. Gläubiger sind durch einen Vergleich häufig bessergestellt als durch ein Insolvenzverfahren, bei dem sie häufig noch weniger von der ursprünglichen Forderung erhalten – und auf die Zahlung ggf. lange warten müssen.
Scheitert die außergerichtliche Einigung, muss dies von einer „geeigneten Stelle“ bestätigt werden (§ 305 InsO). Anschließend kann ein Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden.
Einkommen und Vermögen des Schuldners werden von einem Insolvenzverwalter verwertet und auf die Gläubiger aufgeteilt. Zur Deckung ihres Lebensunterhalts steht Schuldnern der pfändungsfreie Anteil des Einkommens zur Verfügung (siehe Pfändungstabelle oder Pfändungsrechner). Nach maximal drei Jahren kann die Restschuldbefreiung erwirkt werden.
Seit 2014 besteht zudem die Möglichkeit, die Privatinsolvenz durch einen Insolvenzplan auf vier bis zwölf Monate zu verkürzen. Voraussetzung ist, dass eine dritte Person einen festgelegten Teil der Schulden durch eine Einmalzahlung deckt und die Gläubiger diesem Plan zustimmen.
Hilfe bei Schulden durch Schulz & Partner Rechtsanwälte
So sieht der typische Ablauf einer Schuldnerberatung bei uns aus:
1. Kontaktaufnahme: Nachdem Sie unser Formular zur Erstberatung ausgefüllt haben, nehmen wir umgehend Kontakt zu Ihnen auf. Wer sich aus der Schuldenfalle befreien möchte, sollte nicht unnötig Zeit verstreichen lassen. Je früher man startet, desto schneller kann man seine Schulden loswerden.
2. Ersteinschätzung: Im ersten Telefonat berichten Sie unserem erfahrenen Schuldnerberater von Ihrer finanziellen und persönlichen Situation. Vielfach können unsere Experten bereits dann einschätzen, welcher Weg in die Schuldenfreiheit führen könnte.
3. Schuldenbereinigungsplan: Aufgrund der Dokumente und Informationen, die Sie uns schicken, verschaffen wir uns einen Überblick über Ihre Schulden. Unsere Berater erarbeiten einen individuellen Schuldenbereinigungsplan und wenden sich damit an Ihre Gläubiger.
4. Verhandlungen: Danach verhandeln wir mit Ihren Gläubigern und versuchen, einen außergerichtlichen Vergleich zu erreichen. Häufig gelingt uns das, im Idealfall mit einer (deutlichen) Reduzierung der Schuldensumme. So sind Sie ohne Insolvenzverfahren in absehbarer Zeit schuldenfrei.
5. Insolvenzverfahren: Scheitert der Versuch, weil nicht alle Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan nicht zustimmen, stellen wir, sofern Sie es möchten, eine Bescheinigung nach § 305 InsO aus und begleiten Sie durch die Verbraucherinsolvenz. Sie sind dann nach drei Jahren schuldenfrei.
Kosten für eine Schuldnerberatung
Gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen und die meisten staatlichen Berater arbeiten in aller Regel kostenfrei. In besonders komplexen Fällen können Sie allerdings dazu aufgefordert werden, sich an den Kosten zu beteiligen.
Gewerbliche Schuldnerberatungen können grundsätzlich jedes Honorar verlangen, das Sie zu zahlen bereit sind. Lassen Sie sich die Kosten genau aufschlüsseln und fragen Sie nach der Berechnungsgrundlage.
Anwaltliche Beratungsstellen (wie Schulz & Partner Rechtsanwälte) berechnen ebenfalls ein Honorar. Wir richten uns bei der Berechnung nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).
Bestimmte Personengruppen haben Anrecht auf eine Kostenübernahme durch den Staat und können einen sogenannten Beratungshilfeschein beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Dazu gehören zum Beispiel Personen, die Sozialleistungen beziehen, Geringverdiener und Schuldner, die aufgrund einer Pfändung am Existenzminimum leben.
Für gewöhnlich wird die Beratungshilfe nur gewährt, wenn Sie die Bescheinigung über eine gescheiterte außergerichtliche Einigung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens benötigen.
Tipps für Schuldner, die Hilfe suchen!
1. Seriöse Schuldnerberatungen erkennen
Achten Sie darauf, dass die Schuldnerberatungsstelle ausdrücklich behördlich anerkannt ist. Seriöse Schuldnerberatungen führen keine Hausbesuche durch und sind transparent, was die Kosten angeht. Vor der Vertragsunterzeichnung erhalten Sie ausreichend Bedenkzeit. Werden Sie stutzig, wenn Sie weitere Verträge, z.B. für Versicherungen oder Sparverträge, unterzeichnen sollen. Recherchieren Sie und achten Sie auf Bewertungen und Erfahrungen anderer Schuldner, z.B. bei Google, provenexpert oder eKomi.
2. Vereinbarte Leistungen prüfen
Die Schuldnerberatung sollte nicht nur Verwaltungstätigkeiten wie das Auflisten von Gläubigern übernehmen. Sie sollte auch in der Lage sein, die Rechtsberatung und die Rechtsvertretung zu übernehmen. Einige gewerbliche Schuldnerberatungsstellen sind auf die Zusammenarbeit mit einem externen Rechtsanwalt angewiesen, da sie selbst keine „geeignete Stelle“ gem. § 305 InsO sind. Vorsicht, denn dadurch entstehen unnötige und vermeidbare Kosten.
3. Sich selbst einen Überblick verschaffen
Ordnen Sie alle Unterlagen, die in Verbindung mit den offenen Forderungen stehen, nach Gläubiger und Datum. Holen Sie eventuell eine Schufa-Selbstauskunft ein. Weiterhin empfiehlt es sich, ein Haushaltsbuch zu führen, um Ihren Berater über alle Einnahmen und Ausgaben zu informieren.
4. Post nicht ignorieren
Vielen Schuldnern fällt es schwer, sich mit der wachsenden Zahl eingehender Mahnungen auseinanderzusetzen. Post von Gläubigern und dem Gerichtsvollzieher sollten Sie jedoch nicht ignorieren, da sonst noch höhere Kosten drohen.
5. Zahlungen an Gläubiger einstellen
Um dem Schuldnerberater eine Verhandlungsgrundlage für die außergerichtliche Einigung zu verschaffen, sollten Sie die Zahlungen an Ihre Gläubiger zunächst einstellen. Das gilt allerdings nicht für Primärschulden wie Miete oder Strom. Primärschulden sollten stets als Erstes abbezahlt werden.
6. Bei Schulden / Überschuldung rechtzeitig Hilfe suchen
Seien Sie ehrlich zu sich selbst und gestehen Sie sich ein, dass Sie Hilfe bei der Bewältigung Ihrer Schulden benötigen. Je früher Sie sich Unterstützung holen, umso schneller lässt sich der Schuldenberg abbauen.
FAQ
Wann zur Schuldnerberatung?
Eine Schuldnerberatung sollten Sie möglichst frühzeitig in Anspruch nehmen, wenn Sie feststellen, dass Ihre Einkünfte nicht mehr zur Deckung aller notwendigen Ausgaben ausreichen.
Ist eine Schuldnerberatung kostenlos?
Die Schuldnerberatung bei gemeinnützigen und vielen staatlichen Stellen ist für gewöhnlich kostenlos. Gewerbliche und anwaltliche Anbieter berechnen Gebühren.
Was kostet eine Schuldnerberatung?
Die Kosten einer gewerblichen Schuldnerberatung variieren stark. Die Kosten für die anwaltliche Schuldnerberatung richten sich u.a. nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Welche Schuldnerberatung ist die beste?
Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Ein anwaltlicher Schuldnerberater hat jedoch den Vorteil, dass er Sie gemäß § 305 Insolvenzordnung (InsO) auch durch die Verbraucherinsolvenz begleiten darf.
Was macht eine Schuldnerberatung?
Eine Schuldnerberatung ermittelt den individuell besten Weg zur Schuldensanierung, verhandelt mit Gläubigern und Gerichtsvollziehern und begleitet Sie gegebenenfalls durch die Privatinsolvenz.
Wie läuft eine Schuldnerberatung ab?
Zunächst erfasst der Berater Ihre finanzielle Situation. Anschließend erstellt er einen Schuldenbereinigungsplan und versucht, einen außergerichtlichen Vergleich mit den Gläubigern zu erwirken. Scheitert der Vergleich, steht der Weg in die Privatinsolvenz offen.
Woran erkennen Sie eine seriöse Schuldnerberatung?
Seriöse Schuldnerberatungen sind behördlich anerkannt, listen Leistungen und Gebühren transparent auf und lassen Ihnen vor Vertragsunterzeichnung genügend Bedenkzeit.
Wer bezahlt die Schuldnerberatung?
Die Kosten für eine Schuldnerberatung müssen Schuldner selbst tragen. Für die anwaltliche Schuldnerberatung dürfen bestimmte Personengruppen jedoch Beratungshilfe beantragen. Mit einem Beratungsgutschein übernimmt der Staat einen Großteil der Beratungskosten.
Wie hoch sind die Kosten für eine Privatinsolvenz?
Die Kosten der Privatinsolvenz setzen sich aus Gerichtskosten und der Vergütung des Insolvenzverwalters zusammen. Bei überschaubaren Forderungen und geringer Insolvenzmasse betragen sie etwa 2.000 bis 2.500 Euro.
Wo bekomme ich Hilfe bei Schulden?
Hilfe bei Schulden bieten Kommunen und Gemeinden, gemeinnützige Einrichtungen wie Caritas, Diakonie und Arbeiterwohlfahrt (AWO), gewerbliche Stellen sowie Rechtsanwälte bzw. Fachanwälte für Insolvenzrecht.
Wie kann man am schnellsten schuldenfrei werden?
Der schnellste Weg aus den Schulden ist ein außergerichtlicher Vergleich. Noch schneller sind Sie schuldenfrei, wenn Sie Ihren Gläubigern eine einmalige Zahlung anbieten können (Insolvenzplan).
Wie lange dauert eine Schuldenberatung?
Bis zu einem erfolgreichen Schuldenvergleich dauert es durchschnittlich ca. 6 bis 12 Monate. Die Anzahl der Gläubiger und deren Kooperationsbereitschaft kann diese Dauer jedoch verkürzen bzw. verlängern.
Foto: Trueffelpix / stock.adobe.com
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.