Der Verlust des Arbeitsplatzes, eine plötzliche Krankheit, eine gescheiterte Beziehung – es gibt viele Gründe, die in die Schuldenfalle führen. Beziehen Sie ein geringes Einkommen oder sind auf Bürgergeld angewiesen, fällt die Schuldentilgung besonders schwer.
Im folgenden Beitrag erfahren Sie, welche Hilfen der Staat in finanziellen Notlagen anbietet.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Entsteht durch die Verschuldung eine akute Notlage, können Schuldner beim Jobcenter oder Sozialamt ein zinsloses Darlehen zur Schuldentilgung zu beantragen.
- Öffentliche und gemeinnützige Schuldnerberatungsstellen unterstützen Verbraucher bei der Schuldensanierung.
- Mit dem Privatinsolvenzverfahren bietet der Staat Verbrauchern die Möglichkeit, sich nach drei Jahren von ihren Schulden zu befreien.
Schulden: zinsloses Darlehen vom Jobcenter oder Sozialamt
Schulden können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen: Bei Mietschulden drohen eine Räumungsklage und Wohnungslosigkeit, bei Energieschulden drehen die Versorger eventuell Strom, Wasser und Heizung ab.
Sind Sie in eine finanzielle Notlage geraten, bietet der Staat Hilfe an – zum Beispiel in Form eines zinslosen Darlehens vom Jobcenter oder Sozialamt.
Leistungsberechtigt sind Menschen, die Bürgergeld, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung beziehen. Ein Darlehen zur Schuldenübernahme wird aber auch Personen gewährt, die keinen Anspruch auf die genannten Leistungen haben. Voraussetzung ist, dass sie die Schulden nicht aus eigener Kraft decken können.
Damit Sie das zinslose Darlehen erhalten, muss ein unabweisbarer Bedarf vorliegen, der über den Regelbedarf hinausgeht. Dieser ist gegeben, wenn …
- Sie die Zahlung nicht aufschieben können und ohne Darlehen in eine akute Notsituation geraten würden.
- Sie den akuten Bedarf nicht mit der nächsten Leistung zur Deckung des Regelbedarfs ausgleichen können.
Zinsloses Darlehen ist Ermessensentscheidung
Das zinslose Darlehen vom Jobcenter oder Sozialamt dient unter anderem dazu, eine drohende Wohnungslosigkeit durch Mietschulden oder die Stromsperrung durch den Versorger abzuwenden. Der unabweisbare Bedarf ist bei Antragstellung zu belegen. Verfügen Sie noch über sogenanntes Schonvermögen, müssen Sie zunächst dieses zur Tilgung Ihrer Schulden einsetzen.
Jobcenter und Sozialamt entscheiden über die Vergabe des Darlehens nach Ermessen. Sie prüfen unter anderem, was die Schulden verursacht hat, ob die ausstehenden Zahlungen noch auf andere Weise gedeckt werden können und ob das Darlehen tatsächlich dauerhaft eine Wohnungslosigkeit oder andere Notlage verhindern kann.
Wird das Darlehen gewährt, ist es zweckentsprechend zu verwenden und die Verwendung muss dem Jobcenter bzw. Sozialamt nachgewiesen werden. In einigen Fällen wird auch entschieden, dass Schuldner Sachleistungen anstelle von Geld erhalten.
Rückzahlung des zinslosen Darlehens
Das zinslose Darlehen müssen Sie zurückzahlen. Beziehen Sie weiterhin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), verrechnet das Jobcenter das Darlehen mit Ihrem monatlichen Leistungsanspruch. Bei einem laufenden Darlehen werden zehn Prozent Ihres Regelbedarfs einbehalten (§ 42a Abs. 2 SGB II).
Haben Sie das Darlehen vom Sozialamt erhalten, wird es ebenfalls mit laufenden Sozialleistungen verrechnet. Das Sozialamt kann dabei den Regelsatz monatlich um bis 30 Prozent kürzen, allerdings für maximal drei Jahre (§ 26 Abs. 2 SGB XII).
Info: Beihilfe statt Darlehen
Es besteht auch die Möglichkeit, beim Jobcenter oder Sozialamt Beihilfen zu beantragen, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Solche Beihilfen gibt es aber nur in absoluten Ausnahmefällen, zum Beispiel, wenn die Schulden durch eine verspätete Zahlung des Jobcenters entstanden sind.
Hilfe durch staatlich anerkannte Schuldnerberatungsstellen
Eine weitere Möglichkeit für Schuldner besteht darin, sich Unterstützung durch eine staatlich anerkannte Schuldnerberatung zu holen. Kommunen und Gemeinden veröffentlichen für gewöhnlich die Adressen öffentlicher und gemeinnütziger Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen auf ihrer Webseite.
Anerkannte Schuldnerberatungsstellen helfen Ihnen bei der außergerichtlichen Schuldenbereinigung oder bereiten Sie zudem auf eine eventuelle Privatinsolvenz vor.
Der große Nachteil von öffentlichen und gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen ist die häufig sehr lange Wartezeit.
Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung nach drei Jahren
Der Staat unterstützt die Schuldensanierung von Privatpersonen zudem durch das verkürzte Privatinsolvenzverfahren. Verbraucher können sich auf diese Weise innerhalb von drei Jahren von ihren Schulden befreien. Voraussetzung ist, dass Sie zunächst versuchen, sich außergerichtlich mit Ihren Gläubigern zu einigen.
Scheitert dieser Versuch, können mit einer entsprechenden Bescheinigung gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO) einen Antrag auf Insolvenzeröffnung beim zuständigen Amtsgericht stellen.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.