Bei einer Lohnpfändung dürfen Gläubiger nicht alle Einkommensanteile pfänden lassen. Gewisse Bezüge bleiben pfändungsfrei. Welche das sind, führt § 850a der Zivilprozessordnung (ZPO) auf. Hier stellen wir Ihnen den Paragrafen ausführlich vor.
Weitere Erläuterungen zur Zivilprozessordnung und zum Insolvenzrecht finden Sie in unseren Rubriken Paragraphendschungel und Insolvenzordnung verständlich.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- § 850a ZPO regelt die unpfändbaren Bezüge.
- Unpfändbare Bezüge sind die Einkommensbestandteile, die grundsätzlich von einer Pfändung unberührt bleiben.
- Die Pfändungsschutzvorschriften der ZPO sollen Arbeitnehmer vor einer übermäßigen Pfändung schützen und das Existenzminimum sichern.
§ 850a ZPO – von der Pfändung ausgenommene Einkommensbestandteile
Zusätzlich zum eigentlichen Lohn erhalten Arbeitnehmer noch einige andere Bezüge, etwa einen finanziellen Ausgleich für Überstunden, Zuschläge und Zulagen für bestimmte Dienste und Weihnachtsgeld. Einige dieser Bezüge bleiben ganz oder teilweise pfändungsfrei. Dieser gesetzliche Pfändungsschutz soll es dem Schuldner ermöglichen, sein Existenzminimum zu sichern.
Als Drittschuldner muss der Arbeitnehmer die pfändungsfreien Bezüge bei der Berechnung des pfändbaren Einkommensanteils berücksichtigen. Auch Arbeitnehmer sollten wissen, welche Bezüge ihnen trotz Pfändung zustehen.
Hier stellen wir Ihnen die unpfändbaren Bezüge im Einzelnen vor.
Mehrarbeitsstunden
§ 850a Nr. 1 ZPO stellt klar, dass Teile des Arbeitseinkommens, die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlt werden, nur zur Hälfte pfändbar sind.
Urlaubsgeld und Treuegelder
Urlaubsgeld, Zuwendungen „aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses“ und Treuegelder bleiben pfändungsfrei, so lange sie den üblichen Rahmen nicht übersteigen (§ 850a Nr. 2 ZPO).
Aufwandsentschädigungen und Zulagen
§ 850a Nr. 3 ZPO trifft Regelungen für Aufwandsentschädigungen, Auslösegelder und bestimmte Zulagen. Nicht von der Pfändung betroffen sind demnach soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen sowie Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen, sofern sie im Rahmen des Üblichen liegen. Gleiches gilt für das Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial.
Gut zu wissen: Im Jahr 2017 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit zu den Erschwerniszulagen gehören und demnach ebenfalls von der Pfändung unberührt bleiben (Urteil vom 23.8.2017 – 10 AZR 859/16). Für Wechselschicht-, Schicht-, Samstag- oder Vorfestarbeit gezahlte Zulagen sind dagegen pfändbar.
Weihnachtsgeld
Gemäß § 850a Nr. 4 ZPO bleiben Weihnachtsvergütungen bis zu einer Höhe von 500 Euro pfändungsfrei. Zur Weihnachtsvergütung zählen dabei alle Zuwendungen des Arbeitgebers, die den Beschäftigten aus Anlass des Weihnachtsfestes geleistet werden und auf die ein Rechtsanspruch besteht.
Beihilfen
Laut § 850a Nr. 5 ZPO dürfen auch gewisse Beihilfen nicht gepfändet werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei um
- Geburtsbeihilfen;
- Beihilfen, die zur Eingehung einer Ehe oder Begründung einer Lebenspartnerschaft gezahlt werden.
Pfändungsfrei bleiben diese Bezüge aber nur, wenn die Vollstreckung nicht aus dem Anlass heraus begründet ist, für den die Beihilfe gezahlt wird. Werden zum Beispiel Ansprüche vollstreckt, die durch die Eheschließung entstanden sind, ist die entsprechende Beihilfe weiterhin pfändbar.
Weitere nicht pfändbare Bezüge
Pfändungsfrei bleiben weiterhin:
- Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge (§ 850a Nr. 6 ZPO)
- Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen (§ 850a Nr. 7 ZPO)
- Blindenzulagen (§ 850a Nr. 8 ZPO)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.