Um zu klären, ob Urlaubsgeld gepfändet werden darf, schauen wir uns zunächst die gesetzliche Regelung an. In § 850a Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) heißt es unter dem Titel Unpfändbare Bezüge …
„Unpfändbar sind … die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge […] soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;“
Was besagt diese Textpassage im Klartext?
- Urlaubsgeld ist das Einkommen, das über den normalen Lohn hinausgeht, sozusagen ein Bonus.
- Der Lohn, der Ihnen während Ihrer Urlaubstage weitergezahlt wird, ist das Urlaubsentgelt.
- Das Urlaubsentgelt ist Bestandteil des normalen Lohns (bezahlter Urlaub) und darf gepfändet werden.
- Das zusätzlich gezahlte Urlaubsgeld gehört zu den Sonderzahlungen und ist hingegen nicht pfändbar!
- Es gelten jedoch folgende Einschränkungen: Das Urlaubsgeld darf nur einmal im Jahr und in einer „üblichen“ Höhe gezahlt werden. Gradmesser sind dabei vergleichbare Unternehmen oder das normale Monatseinkommen, das nicht überschritten werden darf. Im Zweifelsfalle entscheidet das Gericht, ob das Urlaubsgeld im „Rahmen des Üblichen“ liegt.
Sie dürfen Ihr Urlaubsgeld behalten!
Falls bei Ihnen eine Pfändung ansteht oder bereits eine Lohnpfändung durchgeführt wird, ggf. im Rahmen einer Privatinsolvenz oder Regelinsolvenz, dürfen Sie diese Bonuszahlung behalten. Das ergibt gesamtgesellschaftlich auch Sinn, da dieser Betrag nur bei besonderem Anlass, i.d.R. bei guten Leistungen gewährt wird. Eine Pfändung des Urlaubsgelds wäre das falsche Signal und könnte Schuldner demotivieren. Dementsprechend ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich an dieser Praxis etwas ändert.
Unser Tipp für den Umgang mit Ihrem Urlaubsgeld: Wenn Sie in der Schuldenfalle sitzen, sollten Sie das zusätzliche Geld nicht komplett ausgeben. Gönnen Sie sich eine günstige Auszeit, um Energie zu tanken, und legen Sie den Rest zur Seite.
Übrigens: In § 850a ZPO gibt es noch weitere Sonderzahlungen, die nicht pfändbar sind, z.B. die Hälfte des Einkommens durch Mehrarbeit, Gefahrenzulagen, Weihnachtsgeld, diverse Beihilfen, Erziehungsgelder oder Blindenzulagen. Damit beschäftigen wir uns in kommenden Artikeln.
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.