Mithilfe einer Vermögensauskunft kann sich ein Gläubiger einen Überblick über die finanziellen Verhältnisse des Schuldners verschaffen. Hat der Schuldner die Vermögensauskunft abgegeben und es gibt tatsächlich „etwas zu holen“, hat er die Möglichkeit, eine Zwangsvollstreckung zur Durchsetzung seiner Ansprüche vorzubereiten.
Was bedeutet es, wenn Sie zur Abgabe einer Vermögensauskunft aufgefordert werden? Und worauf müssen Sie dabei achten? Diese und andere Fragen beantworten wir im folgenden Beitrag.
Was ist eine Vermögensauskunft?
Werden bestehende Schulden nicht beglichen, so kann der Gläubiger bei einem Gerichtsvollzieher die Abgabe einer Vermögensauskunft beantragen. Durch die Vermögensauskunft (früher: Offenbarungseid, eidesstattliche Versicherung) erhalten Gläubiger Informationen zu Einkommen und Vermögensverhältnissen des Schuldners. Anhand eines ausführlichen Fragenkatalogs erfährt der Gläubiger, ob pfändbares Vermögen vorhanden ist und Geld beschlagnahmt werden kann.
Offenbarungseid und eidesstattliche Versicherung: Bis zum Jahre 1970 war im Zusammenhang mit der Offenlegung der finanziellen Situation eines Schuldners der Begriff Offenbarungseid gebräuchlich. Dieser wurde dann von der sogenannten eidesstattlichen Erklärung abgelöst. Seit dem 01.01.2013 ersetzt die Vermögensauskunft das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Hieraus ergeben sich einige rechtliche Neuerungen. Zum Beispiel ist für die Beantragung einer Vermögensauskunft seitdem kein vorangehender erfolgloser Pfändungsversuch mehr nötig.
In welchen Gesetzen und Paragraphen ist die Vermögensauskunft geregelt?
Die gesetzliche Grundlage der Vermögensauskunft bilden §§ 802a – 802l des Buches 8 – Zwangsvollstreckung der Zivilprozessordnung (ZPO). Relevant ist hierbei vor allem Abschnitt 2, der die Thematik der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen behandelt. Hier werden u.a. auch die Inhalte der Vermögensauskunft (§ 802c), die Rolle des Gerichtsvollziehers (§ 802e) sowie das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802f) geregelt.
Wer darf eine Vermögensauskunft einholen – und unter welchen Voraussetzungen?
Die Abgabe einer Vermögensauskunft kann vom Gläubiger beim Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Schuldner wohnhaft ist, beantragt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch das Vorliegen einer titulierten Forderung.
Zu derartigen Titeln zählen …
- Vollstreckungsbescheide
- Gerichtsurteile
- Beschlüsse
- notarielle Urkunden sowie
- rechtskräftige Bescheide von Behörden.
Wichtig: Für die Anordnung einer Vermögensauskunft muss eine titulierte Forderung vorliegen. Offene Rechnungen oder Mahnungen reichen für die Beantragung einer Vermögensauskunft nicht aus.
Wie läuft eine Vermögensauskunft im Detail ab?
Der Gerichtsvollzieher teilt Ihnen Zeitpunkt und Ort der Abgabe der Vermögensauskunft mit. Normalerweise findet der Termin in den Geschäftsräumen des Gerichtsvollziehers statt. Die Vermögensauskunft kann jedoch auch in der Wohnung des Schuldners abgegeben werden. Wenn Sie dies nicht wünschen, können Sie gegen eine derartige Forderung innerhalb einer Woche Widerspruch erheben.
Der Gerichtsvollzieher legt Ihnen einen umfangreichen Fragebogen vor. Dieser enthält detaillierte Fragen zu Ihrem Vermögen und Ihrem Einkommen. Gehen Sie bei der Bearbeitung des Fragenkatalogs sorgfältig vor. Verschweigen Sie nichts!
Ihre Angaben können durch den Gerichtsvollzieher mit bereits erfassten Daten abgeglichen werden. Kommt es zu Unstimmigkeiten, kann dies Schwierigkeiten und unter Umständen sogar eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen.
Abschließend versichern Sie an Eides statt, dass die von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen.
Worüber genau muss der Schuldner Auskunft geben?
Im Rahmen der Vermögensauskunft müssen Sie genaue Angaben zu Ihrem monatlichen Einkommen sowie zu weiteren Vermögenswerten machen. Wenn Sie etwa über kostbare Gegenstände verfügen, Geldbeträge angespart haben oder Sie Eigentümer einer Immobilie sind, müssen Sie das dem Gerichtsvollzieher mitteilen.
Damit Sie eindeutig identifizierbar sind und Ihre Informationen zweifelsfrei zugeordnet werden können, werden auch Geburtsdatum, Geburtsort und Geburtsname abgefragt.
Falls erforderlich, darf der Gerichtsvollzieher auch über Dritte (Rentenversicherung, Bundeszentralamt für Steuern, Kraftfahrt-Bundesamt) weitere relevante Auskünfte einholen, beispielsweise die Adresse des Arbeitgebers, aktuelle Kontoverbindungen, Fahrzeugdaten, Informationen zur Lebensversicherung etc.
Welche Folgen hat eine Vermögensauskunft für Schuldner und Gläubiger?
Wenn Sie eine Vermögensauskunft abgeben, hat dies mehrere Konsequenzen:
- Erscheint die Zwangsvollstreckung lohnend, werden Gläubiger nun zunehmend versuchen, die bestehenden Schulden durch Lohn- und Kontopfändungen auszugleichen. Die Vermögensauskunft bietet also keinen Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen.
- Verfügen Sie über keinerlei pfändbares Vermögen, werden Gläubiger eventuell von weiteren kostenaufwendigen Schritten absehen.
- Die Vermögensauskunft wird beim jeweiligen Zentralen Vollstreckungsgericht für zwei Jahre elektronisch gespeichert.
- Es erfolgt ein Negativeintrag bei der SCHUFA. Dies beeinträchtigt Ihre Kreditwürdigkeit und kann sich auf verschiedene Lebensbereiche ungünstig auswirken, zum Beispiel auf die Suche nach einer neuen Wohnung.
- Möglicherweise wird Ihr Dispositionskredit gekündigt.
- Eine erneute Vermögensauskunft ist innerhalb von zwei Jahren nur dann abzulegen, wenn sich Ihre finanzielle Situation erheblich verbessert hat.
Kann man als Schuldner eine Vermögensauskunft verhindern?
Erhalten Sie eine Aufforderung zur Abgabe einer Vermögensauskunft, müssen sie dieser nachkommen und sämtliche Vermögenswerte offenlegen.
Umgehen können Sie die Vermögensauskunft nur, wenn Sie die ausstehenden Zahlungen innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums begleichen. Der Gerichtsvollzieher räumt Ihnen hierfür in der Regel eine letztmalige Frist von zwei Wochen ein.
Unter Umständen sind auch andere Zahlungsoptionen, zum Beispiel eine Ratenzahlungsvereinbarung, möglich, sofern der Gläubiger zustimmt. Dann kann der Antrag auf Abgabe einer Vermögensauskunft zurückgenommen werden.
Was passiert bei Nichtabgabe einer Vermögensauskunft?
Wenn Sie die Abgabe der Vermögensauskunft verweigern oder dem Termin mit dem Gerichtsvollzieher unentschuldigt fernbleiben, kann der Gläubiger bei Gericht einen Haftbefehl gegen Sie beantragen.
Die Inhaftierung kann sich über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten erstrecken und dient lediglich der Erzwingung der Vermögensauskunft. Sobald der Schuldner die Vermögensauskunft abgibt, wird er unverzüglich aus der Haft entlassen.
Sollten Sie aufgrund von Krankheit oder infolge anderer wichtiger Verhinderungsgründe nicht in der Lage sein, die Vermögensauskunft zum vereinbarten Zeitpunkt zu erteilen, sollten Sie also unbedingt so schnell wie möglich Kontakt zum Gerichtsvollzieher aufnehmen.
Wichtig: Auch im Falle einer Inhaftierung bleiben die Forderungen des Gläubigers in vollem Umfang bestehen.
Welche praktischen Tipps gibt es für jemanden, der eine Vermögensauskunft abgeben soll?
Sowohl vor der Abgabe der Vermögensauskunft als auch im Anschluss an den Termin beim Gerichtsvollzieher empfiehlt es sich, einige hilfreiche Tipps und Ratschläge zu berücksichtigen:
- Bringen Sie sämtliche Unterlagen, die Auskunft über Ihr Vermögen und Ihr Einkommen geben, mit zum Termin beim Gerichtsvollzieher. Belegen Sie Ihre finanzielle Situation so umfangreich wie möglich.
- Hat Ihnen der Gerichtsvollzieher den Fragenkatalog bereits im Vorfeld geschickt, füllen Sie diesen schon vor dem Termin gewissenhaft und in Ruhe aus.
- Bleiben Sie dem festgesetzten Termin keinesfalls unentschuldigt fern. Setzen Sie sich bei Verhinderung mit dem Gerichtsvollzieher in Verbindung.
- Bewahren Sie eine Kopie der Vermögensauskunft auf.
- Wandeln Sie Ihr Konto in ein Pfändungsschutzkonto um. So bleibt Ihnen im Falle einer Pfändung zumindest der monatliche Freibetrag erhalten.
- Wenn Sie mehreren Gläubigern Geld schulden, können Sie diese bezüglich Ihrer Abgabe einer Vermögensauskunft in Kenntnis setzen. Unter Umständen verzichten einige Gläubiger angesichts mangelnder Erfolgschancen auf die Durchsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen.
- Lässt die Vermögensauskunft erkennen, dass Sie zahlungsunfähig sind, sollten Sie in Zukunft darauf achten, nur Verträge abzuschließen, die Sie tatsächlich auch bezahlen können. Ansonsten müssen Sie gegebenenfalls mit Betrugsvorwürfen und einer Anzeige rechnen.
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.