Unterhaltsschulden: Ich kann Unterhalt nicht zahlen wegen Schulden

Ich kann Unterhalt nicht zahlen wegen Schulden

Dem deutschen Familienrecht nach kann grundsätzlich für jede in gerader Linie verwandte Person Unterhaltspflicht bestehen. Üblicherweise sind Eltern gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig.

Abhängig von der Einkommenssituation kann es aber auch vorkommen, dass Kinder für ihre Eltern einstehen müssen. Weiterhin besteht Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten.

Doch was passiert, wenn Sie Ihren Unterhalt nicht zahlen können? Hier finden Sie Antworten.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Unterhaltspflicht besteht für alle Verwandten in gerader Linie, etwa Kinder und Enkelkinder, sowie für Ehegatten nach Trennung oder Scheidung.
  • Die Höhe des Unterhalts hängt u.a. vom Einkommen, dem Unterhaltsbedarf und dem Rang des Unterhaltsberechtigten ab.
  • Können Sie Ihren Unterhalt aufgrund eines geringen Einkommens oder wegen Schulden nicht zahlen, können Sie einen Mangelfall anmelden. Die Unterhaltszahlungen werden dann gegebenenfalls herabgesetzt.
  • Können Sie Kindesunterhalt nicht zahlen, leistet das Jugendamt einen Unterhaltsvorschuss, den Sie später zurückzahlen müssen.

Unterhaltspflicht und Rangfolge der Unterhaltsberechtigten

Die rechtlichen Grundlagen zur Unterhaltspflicht regelt das Bundesgesetzbuch (BGB). § 1609 BGB legt die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten fest.

Bestehen mehrere Unterhaltsverpflichtungen, werden die Berechtigten entsprechend dieser Rangfolge bedient:

  1. Rang: minderjährige Kinder sowie volljährige, unverheiratete Kinder unter 21 Jahren, die im Haushalt der Eltern leben (§ 1603 Abs. 2 BGB)
  2. Rang: Elternteile, die Kinder betreuen; Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei Ehen von langer Dauer (mehr als 20 Jahre)
  3. Rang: Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Punkt 2 fallen
  4. Rang: sonstige volljährige Kinder
  5. Rang: Enkel und deren Abkömmlinge
  6. Rang: Eltern
  7. Rang: Großeltern und Urgroßeltern

Wie berechnet sich die Höhe des Unterhalts?

Wie viel Kindesunterhalt Sie zahlen müssen, können Sie der sogenannten Düsseldorfer Tabelle entnehmen. Die Höhe des Unterhalts hängt zunächst einmal von Ihrem Nettoeinkommen und dem Alter der Kinder ab.

Verdienen Sie zum Beispiel 2.500 Euro im Monat und eines Ihrer Kinder ist 7 Jahre alt, beträgt der Unterhalt laut Düsseldorfer Tabelle 579 Euro im Monat. Die Düsseldorfer Tabelle geht dabei von zwei unterhaltspflichtigen Kindern aus. Haben Sie nur ein oder mehr als zwei Kinder, werden die Bedarfssätze vom Gericht entsprechend angepasst.

Unterhaltspflichtigen Personen steht derweil ein sogenannter Selbstbehalt zu (§ 1603 BGB). Sind Sie erwerbstätig und für schulpflichtige Kinder bis zum 21. Geburtstag unterhaltspflichtig, dürfen Sie gemäß Düsseldorfer Tabelle 2024 im Monat 1.450 Euro behalten. Der Selbstbehalt für nicht erwerbstätige Personen beträgt 1.200 Euro.

Nicht genug Geld für den Unterhalt – was tun?

Grundsätzlich gilt: Kommen Sie Ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nach, machen Sie sich strafbar (§ 170 Strafgesetzbuch). Auf die Verletzung der Unterhaltspflicht stehen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Wird durch die Unterhaltszahlungen Ihr Selbstbehalt unterschritten, können Sie beim zuständigen Familiengericht einen Mangelfall anmelden. Das Gericht wird in diesem Fall zunächst eine verschärfte Einkommensprüfung durchführen.

Unterhaltspflichtige Personen unterliegen nämlich einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit. Das bedeutet, Sie müssen alles unternehmen, um den Mindestunterhalt sicher zu stellen, gegebenenfalls auch eine neue Stelle annehmen oder sich um eine Nebentätigkeit bemühen (§ 1603 Abs. 2 BGB).

Können Sie den Unterhalt wegen Schulden bzw. Überschuldung nicht zahlen, prüft das Gericht, ob sich beispielsweise durch eine Senkung der monatlichen Raten ein Mangelfall vermeiden lässt.

Stellt das Gericht fest, dass Sie nicht leistungsfähig sind und an Ihrer finanziellen Situation nichts ändern können, reduzieren sich die Unterhaltsansprüche. Sie müssen dann nur noch die Differenz zwischen dem Nettoeinkommen und dem Selbstbehalt zahlen.

Unterhaltsvorschuss durch das Jugendamt

Tritt der Mangelfall bei der Zahlung von Kindesunterhalt ein, zahlt das Jugendamt die Differenz als sogenannten Unterhaltsvorschuss. Die Bezeichnung „Vorschuss“ ist wörtlich zu verstehen: Das Jugendamt wird die Summe irgendwann von Ihnen zurückfordern.

Zahlen Sie den Unterhaltsvorschuss nicht zurück, kann eine Zwangsvollstreckung eingeleitet werden.

Achtung: Die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen gelten in diesem Fall nicht! Stattdessen wird der Pfändungsfreibetrag individuell festgelegt.

Achtung: Die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen (siehe Pfändungstabelle) gelten in diesem Fall nicht! Stattdessen wird der Pfändungsfreibetrag individuell festgelegt.

Unterhaltsschulden: Was tun?

Sind bereits Unterhaltsschulden entstanden, gehören diese zu den Primärschulden, die Sie zuerst begleichen sollten. Haben Sie noch weitere Schulden, wenden Sie sich am besten an eine professionelle Schuldnerberatung und / oder einen Fachanwalt. Unsere erfahrenen Berater werden sich zunächst um eine außergerichtliche Schuldenregulierung mit allen Gläubigern bemühen.

Scheitert dieser Schuldenvergleich, bleibt noch der Weg in die Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung nach drei Jahren. Die Restschuldbefreiung umfasst i.d.R. auch Unterhaltsschulden.

Laut Insolvenzordnung (InsO) gilt das allerdings nicht für Unterhaltszahlungen, die Sie „vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt“ haben (§ 302 Nr. 1 InsO).

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Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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