Sind Sozialleistungen pfändbar?

Sind Sozialleistungen pfändbar?

Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld und Bürgergeld sollen sicherstellen, dass Menschen auch in schwierigen Lebenssituationen ihren Lebensunterhalt decken können. Schuldner, die solche Leistungen beziehen, stellen sich oft die bange Frage, ob von dem ohnehin schon knappen Geld noch etwas gepfändet werden kann.

Wie es sich mit der Pfändung von Sozialleistungen verhält, erfahren Sie hier.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Grundsätzlich unpfändbar sind Sozialleistungen, die Empfänger in Form von Dienst- oder Sachleistungen erhalten.
  • Eltern- und Erziehungsgeld, Wohngeld und Mutterschaftsgeld sind nur unter bestimmten Umständen pfändbar.
  • Geldleistungen für einen Mehraufwand aus körperlichem oder gesundheitlichem Schaden heraus dürfen nicht gepfändet werden.
  • Laufende Sozialleistungen, die als Lohnersatz dienen, sind wie Arbeitseinkommen pfändbar. Dabei gelten die Pfändungsfreigrenzen gemäß §§ 850 ff Zivilprozessordnung.
  • Vor der Pfändung einmaliger Zahlungen ist vom Gericht die Billigkeit zu prüfen.

Sozialleistungen sind unter Umständen pfändbar

Die Frage, ob Sozialleistungen gepfändet werden dürfen, lässt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Vielmehr hat der Gesetzgeber im Ersten Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) differenzierte Antworten für die verschiedenen Leistungen festgelegt.

Während einige Leistungen grundsätzlich unpfändbar sind, dürfen andere unter bestimmten Umständen gepfändet werden. Rechtsgrundlage bildet § 54 SGB I.

Pfändungsfreie Sozialleistungen

Ausgeschlossen ist eine Pfändung von Hilfsleistungen, die Empfänger in Form von Sach- und Dienstleistungen erhalten (§ 54 Abs. 1 SGB I). Dazu gehören Leistungen wie persönliche Hilfe, Beratungs- und Betreuungsangebote und Naturalleistungen wie Arznei- und Hilfsmittel. Auf diese Leistungen dürfen Gläubiger nicht zugreifen.

§ 54 Abs. 3 SGB I führt die weiteren unpfändbaren Sozialleistungen auf:

  • Eltern- und Erziehungsgeld bis zu einer gewissen Höhe.
  • Mutterschaftsgeld nach § 19 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes, sofern es nicht aufgrund einer während der Elternzeit ausgeübten Teilzeitbeschäftigung gezahlt wird.
  • Wohngeld, sofern die Pfändung nicht aufgrund von Mietschulden oder auf die Wohnung bezogenen Darlehensschulden erfolgt.
  • Geldleistungen, die einen durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden entstandenen Mehraufwand ausgleichen.

Pfändung von laufenden Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion

Laufende Sozialleistungen sind wie Arbeitseinkommen pfändbar, da ihnen eine Lohnersatzfunktion zukommt, sie also das Arbeitseinkommen ersetzen sollen (§ 54 Abs. 4 SBG I). Zu dieser Gruppe gehören insbesondere Arbeitslosengeld, Bürgergeld, Krankengeld, gesetzliche Altersrenten und BaFöG-Zahlungen.

Genau wie für den Arbeitslohn gilt aber auch für Sozialleistungen der gesetzliche Pfändungsschutz gemäß Zivilprozessordnung (§§ 280 ff ZPO). Gläubiger dürfen also nicht einfach die gesamten Leistungen einziehen, sondern müssen die in § 850c ZPO festgelegten Pfändungsfreigrenzen beachten.

Wie hoch der pfändbare Betrag ausfällt, legt die Pfändungstabelle fest. Jedes Jahr im Juli passt der Gesetzgeber die Pfändungsfreigrenzen an die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse an. Vom 1. Juli 2024 bis zum 30. Juni 2025 beträgt die Pfändungsfreigrenze zum Beispiel 1.491,75 Euro und wird aus gesetzlichen Gründen auf 1.499,99 Euro aufgerundet.

Liegen die bezogenen Sozialleistungen unter diesem Betrag, darf auch nichts gepfändet werden.

Bestehen Unterhaltsverpflichtungen, zum Beispiel für Kinder oder für den Ehepartner, erhöhen sich die Freibeträge.

Achtung: Auch eine Nachzahlung von Sozialleistungen kann unter Umständen gepfändet werden, wenn die Summe den pfändungsfreien Betrag übersteigt.

Pfändung einmaliger Sozialleistungen

Zu diesen Zahlungen gehören unter anderem Rentenabfindungen, Bestattungs- und Sterbegeld, einmaliges Mutterschaftsgeld und Zuschüsse der Pflegekasse. Solche einmaligen Bezüge dürfen nur gepfändet werden, wenn die Pfändung der Billigkeit entspricht (§ 54 Abs. 2 SGB I).

Sozialleistungen gepfändet – was nun?

Wurden Ihre Sozialleistungen gepfändet, sollten Sie möglichst schnell Ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto, umwandeln lassen. Die Zivilprozessordnung gibt jeder natürlichen Person das Recht, ein solches P-Konto zu führen (§ 850k ZPO). Das P-Konto stellt sicher, dass Sie jeden Monat über den pfändungsfreien Betrag verfügen können.

Nehmen Sie außerdem die Hilfe einer professionellen Schuldnerberatung in Anspruch. Unsere Experten kennen alle Wege aus der Schuldenfalle und unterstützen Sie beim Schuldenabbau.

Geldsorgen? Zahlungsunfähig?

ENDLICH RAUS AUS DEN SCHULDEN!

Machen Sie den ersten Schritt in eine Zukunft ohne Schulden und vereinbaren Sie – völlig unverbindlich – eine telefonische Erstberatung.

Foto: studio v-zwoelf / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
+ Weitere Beiträge

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

Nach oben scrollen