Nachlassinsolvenz - kompakt erklärt

Nachlassinsolvenz – kompakt erklärt

Ein Erbe muss nicht immer mit einem finanziellen Segen einhergehen. Hatte der Erblasser Schulden, gehen diese auf die Hinterbliebenen über.

Möchten Erben nicht mit ihrem privaten Vermögen für die Schulden des Verstorbenen haften, können sie entweder das Erbe ausschlagen oder eine Nachlassinsolvenz beantragen.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Grundsätzlich haften Erben mit ihrem Privatvermögen für geerbte Schulden. Mit einer Nachlassinsolvenz können sie ihre Haftung beschränken.
  • Eröffnet wird das Nachlassinsolvenzverfahren auf Antrag vor Gericht. Weiterhin muss ein Eröffnungsgrund vorliegen, der Nachlass muss also überschuldet oder von (drohender) Zahlungsunfähigkeit betroffen sein.
  • Während des Nachlassinsolvenzverfahrens steht der Nachlass unter Verwaltung eines Treuhänders. Nachlassgläubiger müssen ihre Forderungen beim Treuhänder anmelden.

Definition und rechtliche Grundlagen

Das Bundesgesetzbuch regelt, dass Erben für Nachlassverbindlichkeiten haften, also zum Beispiel für Schulden des Verstorbenen aufkommen müssen (§ 1967 BGB). Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören neben Schulden, die der Verstorbene vor seinem Tod aufgenommen hat, auch aus dem Erbfall resultierende Zahlungsverpflichtungen. Reicht der Nachlass nicht aus, um die Verbindlichkeiten zu decken, haften Erben mit ihrem Privatvermögen.

Möchten Erben ihr eigenes Vermögen schützen, können Sie gemäß §§ 317-319 Insolvenzordnung (InsO) ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen. Bei der Nachlassinsolvenz handelt es sich dementsprechend um eine besondere Form des Insolvenzverfahrens.

Das Ziel besteht darin, das Vermögen der Erben und die Erbschaft voneinander zu trennen und die Ansprüche der Nachlassgläubiger zu befriedigen. Ein Antrag auf Nachlassinsolvenz kann auch von Nachlassverwaltern, Nachlasspflegern und Nachlassgläubigern gestellt werden.

Nachlassinsolvenz beantragen: Diese Fristen gelten

Haben Sie von einem Erbe erfahren, bleiben Ihnen laut Gesetz sechs Wochen Zeit, um den Nachlass auf eine eventuelle Überschuldung zu überprüfen und gegebenenfalls auszuschlagen.

Ist diese Frist abgelaufen oder sind Sie sich nicht sicher, ob doch noch positive Vermögenswerte existieren, können Sie eine Nachlassinsolvenz beantragen. Dem BGB nach sollte dies „unverzüglich“ nach Bekanntwerden der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit geschehen (§ 1980 Abs. 1 BGB). Stellen Nachlassgläubiger den Antrag, haben sie dafür ab Annahme der Erbschaft zwei Jahre Zeit.

Ablauf des Nachlassinsolvenzverfahrens

Die Nachlassinsolvenz wird nur auf entsprechenden Antrag eröffnet. Zuständig für den Insolvenzantrag ist das Amtsgericht in dem Bezirk, in dem der Verstorbene zuletzt seinen Wohnsitz hatte. Das Gericht prüft den Antrag auf Zulässigkeit, stellt also fest, ob begründete Ansprüche gegen den Nachlass bestehen.

Weiterhin klärt das Gericht, ob der Nachlass nach Begleichung der Verbindlichkeiten noch ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken. Ist das der Fall, wird das Verfahren eröffnet.

Das Gericht bestellt nun einen Treuhänder, den Insolvenzverwalter. Dieser verwahrt das Nachlassvermögen über den gesamten Verfahrensverlauf hinweg und ist auch für dessen Verwertung zuständig. Gläubiger des Erblassers müssen ihre Ansprüche beim Insolvenzverwalter geltend machen. Der Insolvenzverwalter prüft die Forderungen und hält berechtigte Ansprüche in der Insolvenztabelle fest.

Entsteht bei der Verwertung des Nachlassvermögens ein Plus, wird dieses an die berechtigten Gläubiger ausbezahlt. Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer werden dabei nachrangig behandelt. Reicht der Nachlass nicht aus, um alle Schulden zu begleichen, trifft der Insolvenzverwalter Vereinbarungen mit den Gläubigern, die ihre Ansprüche zumindest zum Teil befriedigen. Nach der Schlussverteilung endet das Nachlassinsolvenzverfahren.

Die Dauer der Nachlassinsolvenz ist nicht durch gesetzliche Vorgaben geregelt und kann – je nach Anzahl der Gläubiger und Höhe der Verbindlichkeiten – stark variieren.

Kosten

Ein Nachlassinsolvenzverfahren verursacht Kosten. Zu decken sind:

  • Gerichtskosten
  • Gutachterkosten
  • Vergütung des Insolvenzverwalters

Die zuständigen Insolvenzgerichte eröffnen die Insolvenz in der Regel nur, wenn die Verfahrenskosten gedeckt werden können. Reichen die finanziellen Mittel dafür nicht aus, kann der Antrag auf Nachlassverwaltung abgelehnt werden (§ 1982 BGB). Wird ein Nachlassverwalter bestellt, kann dieser verlangen, dass die Erben eine angemessene Vergütung zahlen (§ 1987).

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FAQ

Wie funktioniert die Nachlassinsolvenz?

Sie wird auf Antrag beim zuständigen Amtsgericht eröffnet. Das Gericht bestellt einen Insolvenzverwalter, der den Nachlass vom Privatvermögen der Erben trennt, verwertet und an die Gläubiger aufteilt.

Wer kann einen Antrag auf Nachlassinsolvenz stellen?

Antragsberechtigt ist jeder Erbe allein sowie die Erbengemeinschaft. Weiterhin können Nachlassverwalter, Nachlasspfleger und Nachlassgläubiger einen Antrag auf Verfahrenseröffnung stellen.

Wer trägt die Kosten einer Nachlassinsolvenz?

Die Gerichtskosten müssen vom Antragsteller getragen werden. Die Kosten für den Nachlassverwalter sind aus dem Nachlass zu decken. Reichen die finanziellen Mittel zu diesem Zweck nicht aus, können die Erben in Anspruch genommen werden.

Wann lohnt sich ein Nachlassinsolvenzverfahren?

Diese Form der Insolvenz lohnt sich, wenn Erben von der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses ausgehen und das Erbe nicht mehr ausschlagen können.

Wie teuer ist eine Nachlassinsolvenz?

Die genauen Kosten richten sich nach dem Wert der Insolvenzmasse und lassen sich daher nicht pauschal beziffern.

Wann wird die Nachlassinsolvenz abgelehnt?

Sie wird abgelehnt, wenn keine Insolvenzgründe vorliegen, der Nachlass also nicht überschuldet, zahlungsunfähig oder von Zahlungsunfähigkeit bedroht ist. In der Regel lehnen Gerichte den Antrag auch ab, wenn der Nachlass nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken.

Wie lange kann ich eine Nachlassinsolvenz beantragen?

Erben müssen den Antrag „unverzüglich“ stellen. Nachlassgläubiger können die Nachlassinsolvenz binnen zwei Jahren nach Annahme der Erbschaft beantragen.

Foto: VectorMine / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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