Viele private Verbraucher in Deutschland sind verschuldet, überschuldet oder durchlaufen aktuell eine Privatinsolvenz. Falls Sie auf Zaubertricks gehofft haben, mit denen Sie Ihre Schulden von jetzt auf gleich reduzieren oder sogar in Luft auflösen können, müssen wir Sie leider enttäuschen. Dennoch finden Sie am Ende dieses Artikels einen „Trick“, der zumindest in diese Richtung geht …
Um der Schuldenfalle endgültig zu entkommen, benötigen Schuldner Disziplin und meist einen langen Atem. Der größte „Trick“ besteht darin, sich bewusst zu machen, wie hoch der Schuldenberg eigentlich ist. Das klingt vielleicht banal, ist es aber in vielen Fällen nicht. Man verliert schnell den Überblick, wenn man die Post aus Angst vor Mahnungen und Vollstreckungsbescheiden nicht mehr öffnet.
Wer die Höhe seiner Schulden kennt – und im Idealfall auch alle dazugehörigen Ansprechpartner – ist klar im Vorteil und kann die nächsten Schritte planen. Logischerweise lassen sich Schulden nur reduzieren, wenn man regelmäßig mehr Einnahmen als Ausgaben hat. Erst dann kann man den Schuldenberg mit den Überschüssen Schritt für Schritt abbauen. Mit einem Haushaltsbuch fällt es leichter, den Überblick nicht (noch einmal) zu verlieren.
Ausgaben senken
Zunächst sollte man einen genauen Blick auf die monatlichen Fixkosten werfen. Darin verbirgt sich häufig mehr Sparpotenzial, als man vermutet. Mit dem Wechsel des Stromanbieters, einem günstigeren Handyvertrag oder der Kündigung von Abos bzw. Mitgliedschaften (Zeitschriften, Streaming, Fitnessklub) kann man unter Umständen sehr viel Geld sparen und den finanziellen Spielraum erweitern.
Auch bei den variablen Kosten kann man einsparen. Lebensmittel sind im Discounter i.d.R. deutlich günstiger und dabei nicht zwangsläufig minderwertiger. Viele Verbrauchertests belegen, dass Produkte der jeweiligen Hausmarke ebenso gut oder besser sind als teure Markenprodukte. Darüber hinaus könnte man seltener ins Restaurant, ins Einkaufszentrum, ins Kino oder ins Theater … was in Corona-Zeiten eventuell leichter fällt als sonst. Angesichts der hohen Benzinpreise ist es außerdem eine gute Idee, das Auto öfter mal stehen zu lassen.
Einkommen erhöhen
Hier gibt es für viele Schuldner zugegebenermaßen nur wenige Möglichkeiten. Sofern die letzte Gehaltserhöhung schon länger her ist, wären erneute Gehaltsverhandlungen eine gute Option. Wenn es die Zeit zulässt, könnte auch ein (temporärer) Nebenjob dabei helfen, die Schulden zu reduzieren. Und wer noch „Schätze“ auf dem Dachboden oder im Keller hat, kann diese über einen Flohmarkt oder Online-Kleinanzeigen zu Geld machen.
Psychologische „Tricks“
Notgroschen anlegen!
Es ist überaus empfehlenswert, eine gewisse Summe als Reserve für schlechte Zeiten beiseitezulegen. Und die kommen meistens schneller als man denkt. Der Notgroschen sorgt dann dafür, dass man nicht das Geld verwenden muss, das man eigentlich für den Schuldenabbau eingeplant hat. Natürlich sollte man so schnell wie möglich versuchen, die „Kriegskasse“ nach einem finanziellen Notfall wieder zu füllen.
Primärschulden zuerst bezahlen!
Es gibt Schulden, die man möglichst zeitnah begleichen sollte. Tut man das nicht, können sich diese nämlich zu existenzbedrohenden Schulden entwickeln. Dazu gehören u.a. Mietschulden, Energieschulden, Steuerschulden oder Schulden bei Krankenkassen.
Außergerichtlicher Vergleich
Bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kann die außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern dazu führen, die Schuldensumme enorm zu reduzieren. Da viele Gläubiger befürchten, bei einem eventuellen Insolvenzverfahren komplett leer auszugehen, entscheiden sie sich lieber für „den Spatz in der Hand“ als auf „die Taube auf dem Dach“ zu warten. Der außergerichtliche Vergleich ist das oberste Ziel einer Schuldnerberatung – und dessen Scheitern übrigens eine zwingende Voraussetzung für die Verbraucherinsolvenz.
Der „Trick“, der zu einer deutlichen Reduzierung der Schuldensumme führt, liegt dabei im Verhandlungsgeschick. Dementsprechend sollte man die Verhandlungen Experten überlassen. Die sorgen im Idealfall tatsächlich dafür, dass sich zumindest ein Teil der Schulden quasi in Luft auflöst!
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.