Ist Waisenrente pfändbar?

Ist Waisenrente pfändbar?

Der Tod eines oder gar beider Elternteile trifft insbesondere junge Menschen hart. Um ihnen zumindest eine finanzielle Absicherung zu bieten, zahlt die Deutsche Rentenversicherung unter gewissen Voraussetzungen eine Halb- oder Vollwaisenrente an die hinterbliebenen Kinder aus.

Haben sich die Kinder verschuldet, stellt sich die Frage, ob die Waisenrente pfändbar ist. Hier erhalten Sie Antworten.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Im Todesfall eines oder beider Elternteile haben Kinder Anspruch auf eine gesetzliche Halb- oder Vollwaisenrente.
  • Die gesetzliche Waisenrente wird wie Arbeitseinkommen behandelt und ist damit pfändbar.
  • Im Falle einer Pfändung gelten die bestehenden Pfändungsfreigrenzen.

Wer hat Anspruch auf eine Waisenrente?

Wenn ein oder beide Elternteile sterben, haben die hinterbliebenen Kinder Anspruch auf die Halb- oder Vollwaisenrente aus der Deutschen Rentenversicherung. Voraussetzung ist, dass der verstorbene Elternteil die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt hat, bereits eine Rente bezogen hat oder durch einen Arbeitsunfall zu Tode gekommen ist.

Einzelheiten zur Waisenrente regelt das sechste Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Gezahlt wird Waisenrente demnach an:

  • Leibliche und adoptierte Kinder des Verstorbenen
  • Stiefkinder und Pflegekinder im Haushalt des Verstorbenen
  • Enkel und Geschwister, die im Haushalt des Verstorbenen leben oder von diesem überwiegend unterhalten wurden.

Die Halbwaisenrente beträgt 10 Prozent, die Vollwaisenrente 20 Prozent der Versichertenrente, die der Verstorbene bezogen hätte oder bereits bezogen hat. Der Anspruch bleibt grundsätzlich bis zum 18. Geburtstag bestehen, auch wenn das Kind adoptiert wird oder heiratet.

Waisen können die Rente bis zum 27. Geburtstag beziehen, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden, Freiwilligendienst leisten oder behindert sind und nicht für sich selbst sorgen können.

Darf Waisenrente gepfändet werden?

Dem ersten Sozialgesetzbuch zufolge gehören Hinterbliebenenrenten zu den Sozialleistungen, die als laufende Geldleistungen ausgezahlt werden. Im Falle einer Pfändung werden sie wie Arbeitseinkommen behandelt und sind damit nicht pfändungsfrei (§ 54 Abs. 4 SGB I).

Den Grundsatz zur bedingten Pfändbarkeit gemäß § 850a Zivilprozessordnung (ZPO) erfüllen lediglich Leistungen aus Waisenkassen, die ganz oder vorrangig zu Unterstützungszwecken dienen.

Auch die gesetzliche Waisenrente ist allerdings nicht komplett pfändbar. Zur Sicherung des Lebensunterhalts steht Schuldnern ein gewisser Freibetrag zu. Die Pfändungsfreigrenzen werden jedes Jahr zum 1. Juli angepasst und erhöhen sich mit jeder Person, für die ein Schuldner unterhaltspflichtig ist. Der Grundfreibetrag liegt aktuell bei 1.491,75 Euro (siehe Pfändungstabelle 2024/2025).

Waisenrente gepfändet – was tun?

Erhalten Sie einen Vollstreckungsbescheid oder eine Vollstreckungsankündigung, sollten Sie zunächst prüfen, ob die Pfändung rechtmäßig ist und den geltenden Gesetzen und Bestimmungen folgt. Dabei können Sie sich von den Verbraucherzentralen oder unseren professionellen Schuldnerberatern unterstützen lassen.

Sind Sie der Ansicht, dass die Pfändung unrechtmäßig erfolgt, können Sie schriftlichen Einspruch bei der zuständigen Vollstreckungsstelle stellen. Begründen Sie Ihren Einspruch und fügen Nachweise hinzu, welche die Unrechtmäßigkeit der Pfändung belegen.

Um Ihre Bezüge zu schützen, sollten Sie im Falle einer Pfändung grundsätzlich ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einrichten – auch wenn Sie Einspruch gegen die Pfändung eingelegt haben. Auf einem solchen P-Konto bleibt der Grundfreibetrag automatisch geschützt. Sind Sie unterhaltspflichtig, können Sie zudem die Freigabe höherer pfändungsfreier Beträge vor Gericht beantragen. Dafür benötigen Sie eine P-Konto Bescheinigung.

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Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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