Haftbefehl wegen Schulden nur in wenigen Fällen möglich

Haftbefehl wegen Schulden nur in wenigen Fällen möglich

Die Mahnungen stapeln sich und nun droht das Inkassounternehmen mit dem Anwalt. In solch einer Situation macht sich so mancher Sorgen, dass er aufgrund seiner Schulden ins Gefängnis muss. Allein aufgrund unbezahlter Rechnungen darf allerdings niemand verhaftet werden. Ein Haftbefehl wegen Schulden ergeht nur in wenigen Ausnahmen.

Müssen Schuldner ins Gefängnis?

Zu Beginn sei es ganz klar gesagt: Eine Gefängnisstrafe allein wegen Schulden müssen Sie nicht befürchten. Das 4. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) legt fest, dass niemandem die Freiheit entzogen werden darf, weil er eine vertragliche Verpflichtung nicht erfüllen kann. An diese Vorgabe muss sich auch Deutschland halten. Können Sie also mal eine Rechnung nicht bezahlen oder geraten mit den Kreditraten in den Rückstand, wartet kein Haftbefehl auf sie.

In diesen Fällen ist ein Haftbefehl wegen Schulden möglich

Es gibt einige wenige Fälle, in denen Schulden indirekt zu einem Haftbefehl führen können:

  • Der Haftbefehl ergeht zur Erzwingung einer Vermögensauskunft.
  • Die Schulden stehen im Zusammenhang mit einer Straftat.
  • Schuldner können Geldstrafen nicht zahlen und werden zu einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Haftbefehl zur Erzwingung einer Vermögensauskunft

Erhält ein Gläubiger sein Geld nicht, kann er einen Vollstreckungstitel gegen den Schuldner beantragen. Titulierte Schulden darf der Gläubiger über einen Gerichtsvollzieher eintreiben. Findet dieser keine pfändbaren Vermögenswerte, verlangt er eine Vermögensauskunft. Verweigert der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft grundlos oder erscheint ohne Angabe von Gründen nicht zum Gerichtstermin, kann das Amtsgericht einen Haftbefehl zur Erzwingungshaft erlassen.

Bei einem Haftbefehl zur Erzwingungshaft handelt es sich nicht um einen strafrechtlichen Haftbefehl. Vollstreckt wird er nicht durch die Polizei, sondern durch den Gerichtsvollzieher. Eine Haftstrafe lässt sich durch die Abgabe der Vermögensauskunft abwenden. Der Gerichtsvollzieher schaltet die Polizei nur ein, wenn eine Verhaftung wirklich notwendig sein sollte.

Dennoch sollten Sie es gar nicht erst so weit kommen lassen, dass das Amtsgericht die Erzwingungshaft anordnet. Wenden Sie sich bei finanziellen Problemen und Zahlungsschwierigkeiten möglichst frühzeitig an eine professionelle Schuldnerberatung. Die geschulten Berater unterstützen Sie bei der Kommunikation mit den Gläubigern und mit dem Gerichtsvollzieher und erklären, was Sie bei der Abgabe einer Vermögensauskunft beachten müssen.

Achtung: Erzwingungshaft reduziert die Schulden nicht! Der Antritt der Haftstrafe vermindert die Schuldensumme nicht. Es funktioniert also nicht, seine Schulden durch die Erzwingungshaft zu reduzieren.

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Haftbefehl wegen Betrugs

Ein Haftbefehl kann ebenfalls ergehen, wenn die Schulden auf eine Straftat zurückzuführen sind. Bestellen Sie etwa Waren, obwohl Sie genau wissen, dass Sie diese nicht bezahlen können, machen Sie sich des Betruges schuldig. Wer versucht, das Finanzamt zu betrügen, kann aufgrund von Steuerhinterziehung verurteilt werden.

Laut Strafgesetzbuch ist bereits der Versuch des Betruges strafbar und wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet (§ 263 Abs. 2 StGB). Der Haftbefehl ergeht in diesen Fällen nicht direkt wegen der Schulden, sondern aufgrund der damit zusammenhängenden Straftat. Betroffene sollten sich anwaltliche Unterstützung suchen.

Ersatzstrafe bei Anordnung einer Geldstrafe

Wer zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und diese nicht bezahlt, kann zu einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt werden. Für jeden nicht bezahlten Tagessatz droht ein Tag im Gefängnis (§ 43 StGB).

Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schwere der Tat. Die Höhe der Tagessätze wird am durchschnittlichen Tagesverdienst der Verurteilten bemessen. Für Menschen mit geringem Einkommen, die ohnehin schon am Rande des Existenzminimums leben, kann es dennoch schwierig sein, die geforderte Geldstrafe aufzubringen. Ein aufs Schuldrecht spezialisierter Anwalt kann Betroffenen zeigen, welche Möglichkeiten ihnen in diesem Fall zur Verfügung stehen.

Haftbefehl hängt nicht von Schuldenhöhe ab: Ob in den genannten Fällen ein Haftbefehl ergeht, hängt nicht von der Schuldenhöhe ab. Theoretisch ist es möglich, dass auch sehr geringe Schuldenbeträge zu einem Haftbefehl führen.

FAQ: Haftbefehl wegen Schulden

Kann man wegen Schulden in den Knast kommen?

Allein aufgrund ausstehender Zahlungen darf in Europa niemand verhaftet werden. Ein Haftbefehl kann jedoch im Zusammenhang mit Schulden ergehen. Das ist möglich zur Erzwingung einer Vermögensauskunft, bei Betrug und Steuerhinterziehung sowie als Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund einer nicht bezahlten Geldstrafe.

Kann ich meine Schulden absitzen?

Eine Haftstrafe reduziert die Höhe der Schulden nicht. Man kann seine Schulden daher nicht im Knast absitzen.

Was tun bei einem Haftbefehl wegen Schulden?

Ergeht ein Haftbefehl wegen Schulden, sollten Betroffene sich anwaltliche Unterstützung suchen. Hilfe bietet Anwälte, die aufs Schuldrecht spezialisiert sind. Am besten jedoch nehmen Betroffene bereits Beratung in Anspruch, bevor es überhaupt zum Haftbefehl kommt.

Kann ein Inkassounternehmen einen Haftbefehl beantragen?

Ein Inkassounternehmen geht im Namen des Gläubigers vor. In dessen Auftrag kann es beim Amtsgericht einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Wenn der Schuldner Forderung weiterhin nicht bezahlt und die Abgabe einer Vermögensauskunft verweigert, darf das Inkassounternehmen auch einen Antrag auf Erzwingungshaft stellen.

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Photo by saeed karimi on Unsplash

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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