Sie benötigen dringend einen Kredit. Die Bank steht dem Vorhaben auch grundsätzlich positiv gegenüber – bis das Thema Sicherheiten besprochen wird. Jeder Kreditgeber versucht naturgemäß, das Ausfallrisiko für ein Darlehen so gering wie möglich zu halten. Da es keinerlei verwertbare Alternativen gibt, einigen Sie sich auf eine Lohnabtretung. Damit hat die Bank im Ernstfall Anspruch auf einen Teil Ihres Einkommens.
Doch wie funktioniert die Lohnabtretung genau und wie ist sie einzuordnen? Hier lesen Sie die Fakten im Überblick.
Lohnabtretung – was ist genau darunter zu verstehen?
Dem Grundsatz nach erwerben Sie als Arbeitnehmer durch Ihre geleistete Arbeit einen Anspruch gegen Ihren Arbeitgeber – nämlich auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Arbeitsentgelts.
Vereinbaren Sie nun eine Lohnabtretung an einen Gläubiger, wie beispielsweise die kreditgebende Bank, kann dieser bei ausbleibenden Kreditraten seinen Anspruch auf einen Teil des Arbeitsentgeltes gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen.
Grundsätzlich bezieht sich diese Möglichkeit immer auf den Teil des Arbeitsentgelts, der nicht pfändbar ist, also den gesetzlich gesicherten Pfändungsfreibetrag übersteigt.
Fakt ist: Die Lohnabtretung wird immer vertraglich zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer geregelt. Läuft die Rückführung des Kredites reibungslos, hat sie keinerlei Wirkung. Sobald jedoch ein Kreditausfall droht, steht es dem Kreditgeber frei, sich auf diesen Vertrag zu berufen und zur Tilgung den pfändbaren Entgeltanteil vom jeweiligen Arbeitgeber einzufordern.
Lohnabtretung als Kreditsicherungsinstrument
Damit lässt sich die Lohnabtretung wie folgt einordnen: Es handelt sich um eine Vorsorgemaßnahme, die Kreditgeber zur Absicherung ergreifen können, aber keineswegs müssen. Ausschlaggebend ist immer die konkrete finanzielle Situation, die bei jeder Kreditvergabe akribisch geprüft wird.
Wichtig: Arbeitgeber haben durchaus die Möglichkeit, eine Lohnabtretung auszuschließen oder abzulehnen. In der Regel wird dies bereits im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt. Unterschreiben Sie trotzdem einen Vertrag zur Lohnabtretung, erhält Ihr Arbeitgeber Kenntnis von Ihrer finanziellen Situation. Sinnvoll ist es also, zunächst den Arbeitsvertrag und sämtliche Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber zu prüfen.
Wie wird die Lohnabtretung vereinbart?
Eine Lohnabtretung kann einerseits als separater Vertrag geregelt werden. Andererseits können sich aber auch Klauseln in Kreditverträgen finden, sodass Sie mit Ihrer Unterschrift bereits die Einwilligung geben.
Wie läuft die Lohnabtretung in der Praxis ab?
Ein Beispiel soll die Vorgehensweise verdeutlichen:
- Sie haben einen Kreditvertrag mit Lohnabtretung abgeschlossen.
- Sobald Ihr Rückstand die Höhe erreicht, der vertraglich festgelegt wurde, kontaktiert der Kreditgeber Ihren Arbeitgeber.
- Nach Vorlage der Lohnabtretung zahlt Ihr Arbeitgeber den pfändbaren Anteil Ihres Entgeltes an den Kreditgeber, bis der Rückstand ausgeglichen ist.
- Die Abtretung können Sie nur mit Bestätigung der relevanten Bank zurücknehmen lassen.
Lohnabtretung und Lohnpfändung – welche Unterschiede gibt es?
Eine Lohnabtretung ist vertraglich geregelt, um für beide Parteien einen einvernehmlichen Rahmen zum Ausgleich von Forderungen zu bilden – und zwar außergerichtlich. Damit wird ein Kompromiss erzielt, um Sicherheit zu schaffen, ohne enorme Kosten zu verursachen.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei einer Lohnpfändung um eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung mit hohen Hürden. Zunächst muss der Gläubiger nämlich einen vollstreckbaren Titel erwirken, um diesen zur Pfändung des Arbeitsentgeltes einsetzen zu können.
Dazu ist zunächst ein Vollstreckungsbescheid oder ein Urteil notwendig. Erst nach deren Vorlage kann eine Pfändung beim Vollstreckungsgericht beantragt werden. In dem Fall erhält der Arbeitgeber einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt, dem er Folge leisten muss. Das heißt, dass der pfändbare Teil des Lohnes und Gehaltes direkt an den Gläubiger abzuführen ist.
Wichtig: Der Pfändungsfreibetrag für 2024/2025 beläuft sich auf 1.491,75 Euro monatlich. Er wird jährlich zum 1.7. neu festgelegt (hier finden Sie die Pfändungstabelle 2024/2025) und muss automatisch von Arbeitgeber und Banken berücksichtigt werden. Darüber hinaus können Sie eventuell weitere Pfändungsfreibeträge geltend machen, sollten Sie beispielsweise Unterhalt bezahlen müssen. Dafür benötigen Sie eine P-Konto-Bescheinigung.
Lohnabtretung vs. Zwangsvollstreckung – wer bekommt das Geld?
Sobald Sie einen Teil Ihres Einkommens an einen Gläubiger abgetreten haben, erschwert dies die Lohnpfändung durch einen Drittgläubiger – sollte die Pfändungsfreigrenze unterschritten werden. Dieser müsste nun abwarten, bis die Lohnabtretung aufgehoben wird.
Sollten Sie jedoch die vereinbarte Lohnabtretung nicht bekannt gegeben haben, dann kann der Drittgläubiger seine Ansprüche zulasten des Erstgläubigers – meist gerichtlich – durchsetzen. Der Arbeitgeber muss dann beide Gläubiger mit den entsprechenden Beträgen bedienen.
Was geschieht mit einer Lohnabtretung bei Eröffnung der Insolvenz?
Im Gegensatz dazu ist die Situation bei einem Insolvenzverfahren ganz klar: Sobald dieses eröffnet wird, verliert die Lohnabtretung ihre Wirksamkeit. Die pfändbaren Lohn- oder Gehaltsteile dürfen dann nicht mehr an den Gläubiger abgeführt werden, der die Lohnabtretung als Sicherheit genutzt hat, sondern werden Teil der Insolvenzmasse.
Wichtig: Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Sie weiterhin nur über die Pfändungsfreibeträge verfügen, die pfändbaren Anteile werden anteilig an die verschiedenen Insolvenzgläubiger aufgeteilt.
Eine Privatinsolvenz eröffnen – das klingt zunächst unangenehm. Allerdings sorgt sie unter dem Strich für eine enorme Erleichterung: Sämtliche offenen Forderungen werden dann von einem Insolvenzverwalter bearbeitet und in dem Maße bedient, wie es anhand Ihres Einkommens möglich ist.
Ob und wann ein solcher Schritt sinnvoll ist, das sollten Sie von einer professionellen Schuldnerberatung klären lassen. Bei einer Überschuldung führt häufig ein außergerichtlicher Schuldenvergleich zum Abbau der Schulden, sodass ein Insolvenzverfahren nicht nötig ist.
FAQ
Was versteht man unter Lohnabtretung?
Als Lohnabtretung wird ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner bezeichnet, der die freiwillige Abführung von pfändbaren Lohn- oder Gehaltsteilen in bestimmten Situationen beinhaltet.
Was ist eine Offenlegung der Lohnabtretung?
Tritt der Ernstfall ein, muss der Gläubiger dem Arbeitgeber die Lohnabtretung offenlegen, um seine Ansprüche geltend zu machen – ein vollstreckbarer Titel ist nicht erforderlich.
Kann ein Arbeitgeber die Lohnabtretung ablehnen?
Arbeitgeber können die Ablehnung vertraglich in Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen vereinbaren. Ist dies nicht der Fall, sind sie zur Erfüllung der Lohnabtretung verpflichtet.
Was ist der Unterschied zwischen einer Lohnabtretung und einer Lohnpfändung?
Während die Lohnabtretung freiwillig vertraglich vereinbart wird, muss eine Lohnpfändung gerichtlich durchgesetzt werden.
Wie unterscheidet sich die Lohn- von der Gehaltsabtretung?
Im Prinzip gibt es keinen Unterschied, außer: Der Arbeitslohn variiert in Bezug auf den Betrag und damit den abtretbaren Anteil, während das Gehalt gleich bleibt.
Was geht vor – Lohnabtretung oder Pfändung?
Das kommt darauf an, welche Maßnahme zuerst wirksam wird. Grundsätzlich ist eine Pfändung jedoch als das drastischere Mittel einzuschätzen.
Wann ist eine Lohnabtretung unwirksam?
Die Vereinbarung kann nicht greifen, wenn das Einkommen die Pfändungsfreigrenze nicht übersteigt, ein entsprechender Ausschluss vom Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder der Betriebsvereinbarung fixiert oder ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Wie lange dauert eine Lohnabtretung?
Der Anspruch auf Lohnabtretung wird vertraglich definiert, er erlischt aber, wenn die Forderung erfüllt ist.
Wie funktioniert eine Lohnabtretung?
Der Arbeitgeber muss im Ernstfall auf dieser Grundlage dieser Vereinbarung den pfändbaren Teil des Arbeitsentgelts an den Gläubiger abführen.
Kann man eine Lohnabtretung widerrufen?
Eine solche Vereinbarung kann nur mit Einverständnis des Gläubigers widerrufen werden.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.