Die Privatinsolvenz gibt Schuldnern die Möglichkeit, sich innerhalb von drei Jahren wirtschaftlich zu sanieren. Die Wohlverhaltensphase ist aber auch mit einigen Auflagen und Einschränkungen verbunden. Zudem müssen Schuldner die Verfahrenskosten tragen. Kümmern Sie sich frühzeitig um Ihre Schulden, gibt es jedoch einige Möglichkeiten, eine Privatinsolvenz zu vermeiden.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Der einfachste Weg, eine Privatinsolvenz zu vermeiden, besteht darin, sich so früh wie möglich um die Schulden zu kümmern. Ein Haushaltsplan hilft, Sparpotenzial zu ermitteln und Ausgaben zu senken.
- Bei höheren Schulden ist es sinnvoll, sich um einen außergerichtlichen Schuldenvergleich mit den Gläubigern zu bemühen. Ein solcher Vergleich ist außerdem Voraussetzung für die Anmeldung der Privatinsolvenz.
- Eine Schuldnerberatung unterstützt Sie sowohl bei der außergerichtlichen Schuldenbereinigung als auch im Insolvenzverfahren.
Überblick verschaffen – und behalten
Wollen Sie eine Privatinsolvenz vermeiden, sollten Sie sich so früh wie möglich um Ihre Schulden kümmern. Sind die ersten offenen Forderungen aufgelaufen, verschaffen Sie sich einen gründlichen Überblick über Ihre Finanzen. Legen Sie ein Schuldenverzeichnis mit allen Gläubigern und Forderungen an.
Stellen Sie zudem einen Haushaltsplan auf. In einem Haushaltsbuch notieren Sie alle Einnahmen und Ausgaben – von laufenden Kosten bis hin zum Kaffee für unterwegs. Haushaltspläne gibt es mittlerweile auch als App, die zum Beispiel Einkäufe und Überweisungen automatisch erfassen.
Am Ende des Monats sollten Sie Ihren Haushaltsplan analysieren. Geben Sie mehr Geld aus, als Sie einnehmen, prüfen Sie, welche Kosten sich reduzieren lassen. Kündigen Sie unnötige Verträge und Vereinsmitgliedschaften, schauen Sie sich nach günstigeren Strom-, Gas- und Telekommunikationsanbietern um und versuchen Sie, Ihre Spritkosten zu reduzieren.
Bei den Verbraucherzentralen erhalten Sie weitere Spartipps. Außerdem können Sie nach Wegen suchen, ihre Einnahmen zu erhöhen. Das Geld, dass Sie nun zusätzlich zur Verfügung haben, nutzen Sie zum Schuldenabbau.
Tipp: Stecken Sie in einer finanziell schwierigen Situation, sollten Sie auch prüfen, ob Ihnen staatliche Leistungen zustehen. Viele einkommensschwache Familien haben zum Beispiel Anrecht auf Wohngeld. Erkundigen Sie sich bei der Familienkasse, der Wohngeldstelle und dem Sozialamt, was Ihnen zusteht.
Privatinsolvenz vermeiden mit einem außergerichtlichen Schuldenvergleich
Sind Ihre Schulden bereits so hoch, dass Sie die offenen Forderungen nicht mehr aus eigener Kraft begleichen können, lässt sich die Privatinsolvenz in vielen Fällen trotzdem vermeiden. Zunächst sollten Sie versuchen, sich außergerichtlich mit Ihren Gläubigern zu einigen. Der Insolvenzordnung (InsO) zufolge gehört ein solcher Versuch zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung sogar zu den Voraussetzungen für den Insolvenzantrag (§ 305 InsO).
Ein außergerichtlicher Schuldenvergleich funktioniert folgendermaßen: Sie bieten den Gläubigern an, einen Teil der offenen Forderung zu zahlen, auf einen Schlag oder in Raten. In der Regel werden 20 bis 30 Prozent der Gesamtsumme angeboten. Im Gegenzug werden Ihnen die weiteren Schulden erlassen. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass Sie die angebotene Teilsumme auch aufbringen können.
Viele Gläubiger lassen sich auf einen solchen Vergleich ein. Meldet eine einkommensschwache Person Privatinsolvenz an, erhalten sie nämlich oft deutlich weniger Geld aus der Insolvenzmasse oder gehen eventuell komplett leer aus.
Der außergerichtliche Schuldenvergleich sollte sorgfältig vorbereitet werden. Eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle bzw. ein Fachanwalt für Insolvenzrecht unterstützt Sie bei diesem Schritt und übernimmt auch die Verhandlungen mit den Gläubigern.
Außergerichtlicher Vergleich scheitert – was nun?
Der außergerichtliche Schuldenvergleich funktioniert nur, wenn alle Gläubiger dem Angebot zustimmen. Lehnt auch nur ein Gläubiger ab, gilt die außergerichtliche Schuldenbereinigung als gescheitert. In der Regel folgt daraufhin der Antrag auf Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens. Das Gericht unternimmt nun noch einen weiteren Versuch, einen Vergleich mit den Gläubigern zu erwirken. Ist der gerichtliche Schuldenvergleich erfolgreich, wird keine Privatinsolvenz eröffnet.
Als anwaltlicher Schuldenberater dürfen wir Ihnen die für den Insolvenzantrag benötigte Bescheinigung gemäß § 305 InsO ausstellen. Gerne stehen wir Ihnen auch im laufenden Insolvenzverfahren beratend zur Seite.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.