293 BGB verständlich - der Gläubigerverzug / Annahmeverzug

Gläubigerverzug: § 293 BGB verständlich

Kommt ein Schuldner seiner Leistungspflicht nicht nach, bezahlt zum Beispiel eine Rechnung nicht, gerät er in Verzug. Neben dem Schuldnerverzug kennt das deutsche Zivilrecht noch den Gläubigerverzug, auch als Annahmeverzug bezeichnet. Definiert ist der Gläubigerverzug in § 293 BGB.

Was es damit auf sich hat, welche Voraussetzungen für einen Gläubigerverzug erfüllt sein müssen und welche Rechtsfolgen er nach sich zieht, erfahren Sie hier.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Gläubigerverzug liegt vor, wenn ein Gläubiger die Annahme einer angebotenen Leistung verweigert (§ 293 BGB).
  • Für den Gläubigerverzug müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein: Der Schuldner ist leistungsberechtigt, fähig zur Leistung, er legt ein Angebot vor und der Gläubiger lehnt die Annahme ab oder verweigert die Gegenleistung.
  • Bei Gläubigerverzug gelten u a. Haftungserleichterungen für den Schuldiger und er darf sich Mehraufwendungen erstatten lassen.

Der Gläubigerverzug gemäß § 293 BGB

Das Bürgerliche Gesetzbuch erklärt den Gläubiger- oder Annahmeverzug kurz und knapp:

„Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.“

So steht es in § 293 BGB. Verzug ist also gegeben, wenn der Gläubiger die Annahme einer ordnungsgemäß und fristgerecht angebotenen Leistung verweigert.

Ausgeschlossen ist Gläubigerverzug, wenn der Schuldner die Leistung auch ohne Mitwirkung des Gläubigers erfüllen kann, wenn er zum Beispiel nur einen Geldbetrag auf ein Konto überweisen muss.

Wann liegt Gläubigerverzug vor?

Das BGB definiert auch, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Annahmeverzug vorliegt (§§ 294 ff BGB). Die Prüfung erfolgt nach einem festen Schema.

Folgende Voraussetzungen müssen demnach gegeben sein:

  1. Leistungsberechtigung: Der Schuldner ist zur Leistung berechtigt und die Leistung muss erfüllbar sein.
  2. Fähigkeit zur Leistung: Der Schuldner kann die geforderte Leistung tatsächlich erbringen (§ 297 BGB).
  3. Angebot: Der Schuldner muss dem Gläubiger ein ordnungsgemäßes Angebot unterbreiten, zur rechten Zeit und am rechten Ort (§ 294 BGB). Grundsätzlich genügt ein tatsächliches Angebot, bei dem der Gläubiger einfach nur auf die Leistung zugreifen muss. Ein wörtliches Angebot reicht aus, wenn der Gläubiger bereits erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen wird (§ 297 BGB) oder wenn er zur Mitwirkung an der Leistung verpflichtet ist (§ 295 BGB). Muss der Gläubiger die vereinbarte Handlung zu einem festgelegten Zeitpunkt vornehmen, unterlässt dies jedoch, ist für den Eintritt des Gläubigerverzugs nicht einmal ein mündliches Angebot notwendig (§ 296 BGB).
  4. Nichtannahme der Leistung oder Verweigerung der Gegenleistung: Der Gläubiger nimmt das Leistungsangebot des Schuldners nicht an oder weigert sich, eine vereinbarte Gegenleistung zu erbringen (§ 298 BGB). Aus welchen Gründen der Gläubiger die Annahme verweigert, ist irrelevant. Es muss auch kein Verschulden des Gläubigers vorliegen.

Welche Rechtsfolgen hat der Gläubigerverzug?

Der Gläubigerverzug entlässt den Schuldner nicht aus seiner Leistungspflicht. Er muss die vereinbarte Leistung also nach wie vor erbringen.

Es treten jedoch verschiedene Rechtsfolgen ein:

  • Der Schuldner haftet nun nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bei Erfüllung seiner Leistung (§ 300 BGB).
  • Während eines Gläubigerverzugs muss ein Schuldner eine Geldschuld nicht verzinsen (§ 301 BGB).
  • Schuldet er die Herausgabe oder den Ersatz von Nutzungen, haftet der Schuldner nur noch wegen einer tatsächlichen Nutzung (§ 302 BGB).
  • Schuldet er die Herausgabe eines Grundstücks oder eines Schiffes, darf der Schuldner den Besitz nach vorheriger Androhung aufgeben (§ 303 BGB).
  • Hat ein Schuldner durch die verweigerte Leistungsannahme Mehraufwendungen zu leisten, etwa für Transport- und Lagerkosten, darf er sich diese vom Gläubiger erstatten lassen (§ 304 BGB).

Treten Unstimmigkeiten zwischen Ihnen und einem Gläubiger auf, kann eine professionelle Beratung weiterhelfen. Wir zeigen Ihnen gerne, welche Möglichkeiten Sie als Schuldner haben.

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Foto: Nico / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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