Melden Sie Privatinsolvenz an, sind Sie während der sogenannten Wohlverhaltensphase dazu verpflichtet, Ihr Einkommen an den Insolvenzverwalter abzugeben. Dieser Treuhänder verwaltet die Insolvenzmasse und teilt sie auf Ihre Gläubiger auf.
Zur Sicherung Ihres Existenzminimums steht Ihnen aber ein gewisser Freibetrag zur Verfügung. Die Höhe regelt der Gesetzgeber über die jährlich zum 1. Juli angepasste Pfändungstabelle.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- In der Privatinsolvenz steht Schuldnern ein pfändungsfreier Betrag zur bescheidenen Lebensführung zu.
- Die Höhe des Pfändungsfreibetrags richtet sich nach dem Nettoeinkommen sowie nach der Anzahl der Personen, gegenüber denen Sie unterhaltspflichtig sind.
- Der pfändungsfreie Grundbetrag liegt seit dem 1. Juli 2024 bei 1.499,99 Euro im Monat.
- In gewissen Fällen kann beim Insolvenzgericht ein Antrag auf Erhöhung des Freibetrags gestellt werden.
Der Pfändungsfreibetrag sichert das Existenzminimum
Das Privatinsolvenzverfahren verfolgt zwei Zielsetzungen: Schuldner sollen sich wirtschaftlich sanieren können, während die Forderungen von Gläubigern weitestgehend befriedigt werden.
Vermögen und Einkommen stehen während der Wohlverhaltensphase unter Verwaltung eines Treuhänders. Dieser ist dafür zuständig, die Insolvenzmasse an die Gläubiger zu verteilen und so die Schulden abzubauen. Allerdings sollen Schuldner während des Insolvenzverfahrens nicht mittellos dastehen.
Die Zivilprozessordnung (ZPO) sieht daher einen sogenannten Pfändungsfreibetrag vor, der das Existenzminimum sichern soll (§ 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bis zur Höhe des Freibetrags ist das Arbeitseinkommen des Schuldners unpfändbar.
Die Höhe der Freibeträge können Sie der sogenannten Pfändungstabelle entnehmen. Dabei handelt es sich um eine vom Gesetzgeber erstellte Anlage zu § 850c ZPO, die jährlich zum 1. Juli an die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst wird. Die aktuelle Pfändungstabelle gilt also seit dem 1. Juli 2024 und bis zum 30. Juni 2025.
Der Grundfreibetrag laut Pfändungstabelle
Jedem Schuldner steht zunächst einmal ein pfändungsfreier Grundfreibetrag zu. Aktuell dürfen Gläubiger erst ab einem Nettoeinkommen von 1.491,75 Euro pfänden (Stand 1. Juli 2024). Aufgrund der Rundungsvorschriften des Bundesjustizministeriums liegt der tatsächliche pfändungsfreie Grundbetrag bei 1.499,99 Euro.
Der pfändbare Einkommensanteil erhöht sich mit dem Nettoeinkommen. Verdienen Sie zum Beispiel 1.600 Euro im Monat und haben keine Unterhaltsverpflichtungen, müssen Sie 75,78 Euro an den Insolvenzverwalter abtreten.
Bei einem Nettoeinkommen von 2.000 Euro sind monatlich 355,78 Euro pfändbar. Verdienen Sie mehr als 4.573,10 Euro im Monat, wird der gesamte Mehrbetrag, der über dem Grundfreibetrag liegt, gepfändet.
Erhöhter Freibetrag bei Unterhaltsverpflichtung
Müssen Sie Unterhalt zahlen, steht Ihnen ein höherer monatlicher Freibetrag zu (§ 850k Abs. 2 ZPO). Seit dem 1. Juli 2024 liegt der Erhöhungsbetrag für die erste Unterhaltspflicht bei 561,43 Euro. Für jede weitere Unterhaltspflicht steigt die Freigrenze um 312,78 Euro monatlich.
In gewissen weiteren Fällen ist ebenfalls eine Erhöhung des Freibetrags möglich:
- Sie beziehen Kindergeld.
- Sie nehmen Sozialhilfen für Personen an, mit denen Sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben und denen gegenüber Sie nicht unterhaltspflichtig sind.
- Sie erhalten einmalige Sozialleistungen, zum Beispiel für die Kosten einer Klassenfahrt.
Weiterhin kann der Pfändungsfreibetrag erhöht werden, wenn Sie aufgrund einer Krankheit sogenannte Mehrbedarfszahlungen erhalten. Dazu gehören beispielsweise ein laufend gezahltes Pflegegeld sowie einmalige Kostenerstattungen durch die Krankenkasse.
In einigen begründeten Fällen ist auch die Erhöhung aufgrund eines beruflichen Mehraufwands möglich, etwa aufgrund sehr hoher Fahrtkosten.
Die Erhöhung des Freibetrags müssen Sie beim Insolvenzgericht beantragen. Dafür benötigen Sie eine Bescheinigung einer geeigneten Stelle, zum Beispiel von der auszahlenden Behörde. Auch Schuldnerberatungsstellen oder ein Anwalt können Ihnen die nötige Bescheinigung ausstellen.
Wie hoch ist Ihr Freibetrag?
Um zu veranschaulichen, wie sich der individuelle Freibetrag zusammensetzt, haben wir einige Beispielrechnungen für Sie zusammengestellt.
Beispielrechnung 1: Freibetrag mit einem Kind
Beim Schuldner handelt es sich um eine verheiratete Person mit einem Kind. Er ist damit zwei Personen gegenüber unterhaltspflichtig. Verdient der Schuldner ein Nettoeinkommen von 2.360 Euro im Monat, werden davon 0,00 Euro gepfändet. Er kann also innerhalb von drei Jahren schuldenfrei sein, ohne auch nur einen Euro an die Gläubiger zu zahlen.
Eine Pfändung erfolgt erst, wenn das Nettoeinkommen 2.370 Euro übersteigt. Dann wären pro Monat 1,83 Euro pfändbar. Bei einem Nettoeinkommen von 3.000 Euro liegt der pfändbare Anteil bei 253,83 Euro im Monat.
Eine alleinstehende Person mit einem Kind hätte im Monat einen Freibetrag von 2069,99 Euro zur Verfügung – sofern keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen bestehen. Verdient der alleinstehende Schuldner 3.000 Euro netto, können davon 473,68 Euro gepfändet werden.
Beispielrechnung 2: Freibetrag bei zwei Kindern
Hat ein verheirateter Schuldner zwei Kinder, wird erst bei einem Nettoeinkommen von 2.680 Euro im Monat gepfändet. Verdient er zum Beispiel 3.000 Euro im Monat, muss er 96,54 Euro im Monat an den Insolvenzverwalter abtreten.
Beispielrechnung 3: Freibetrag mit drei Kindern
Ein verheirateter Schuldner mit drei Kindern kann erst ab einem monatlichen Einkommen von 3.000 Euro netto gepfändet werden. In diesem Fall wären 1,80 Euro pro Monat zu zahlen.
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Foto: marteck / stock.adobe.com
Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.