Wird ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, muss das zuständige Gericht zunächst prüfen, ob überhaupt die nötigen Voraussetzungen gemäß Insolvenzordnung (InsO) gegeben sind.
Abhängig von den Vermögensverhältnissen kann dies einige Zeit in Anspruch nehmen. Um währenddessen die Insolvenzmasse zu sichern, kann das Gericht ein vorläufiges Insolvenzverfahren anordnen.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Das vorläufige Insolvenzverfahren dient der Sicherung der Insolvenzmasse, während das zuständige Gericht das Vorliegen der Insolvenzgründe prüft.
- Während des vorläufigen Insolvenzverfahrens untersteht das Vermögen des Schuldners einem vorläufigen Insolvenzverwalter.
- Die Dauer des vorläufigen Insolvenzverfahrens hängt von der Komplexität der Vermögensverhältnisse ab und beträgt meist mehrere Wochen bis Monate.
Warum gibt es das vorläufige Insolvenzverfahren?
Die Insolvenzordnung legt fest, dass ein Insolvenzverfahren nur bei Vorlage eines Insolvenzgrundes eröffnet werden kann (§ 16 InsO):
Die Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist vor allem bei einer Regelinsolvenz nicht immer einfach zu beantworten. Auch bei Privatinsolvenzen können die Vermögensverhältnisse komplex sein.
Das Gericht beauftragt daher häufig einen Sachverständigen, die Insolvenzgründe zu prüfen und festzustellen, ob die Insolvenzmasse überhaupt die Kosten des Verfahrens deckt.
Dieser Prozess kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Das Gericht muss sicherstellen, dass sich die Vermögenslage des Schuldners während dieser Zeit nicht in einer für die Gläubiger nachteiligen Weise verändert (§ 21 InsO). Eine Maßnahme, um die Insolvenzmasse zu sichern, besteht in der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens.
Befugnisse und Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters
Während des vorläufigen Insolvenzverfahrens wird die Insolvenzmasse einem vorläufigen Insolvenzverwalter unterstellt. Meist handelt es sich dabei um den bereits vom Gericht beauftragten Sachverständigen.
Seine Rechte und Befugnisse ergeben sich, anders als beim endgültigen Insolvenzverwalter, nicht aus dem Gesetz, sondern werden verfahrensbezogen festgelegt. Abhängig von diesen Befugnissen wird der vorläufige Insolvenzverwalter als „stark“ oder „schwach“ bezeichnet.
Im Insolvenzeröffnungsverfahren behalten Schuldner zunächst die Verfügungsgewalt über ihr Vermögen. Das Gericht kann jedoch Einschränkungen veranlassen, etwa ein allgemeines Verfügungsverbot aussprechen. In diesem Fall geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über, womit dieser die vom Gesetz vorgeschriebenen Pflichten einhalten muss.
Er ist beispielsweise dazu verpflichtet, das Vermögen des Schuldners zu erhalten und zu sichern und muss Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortführen.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat das Recht, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten, um dort Nachforschungen anzustellen. Der Schuldner muss ihm außerdem Einsicht in seine Papiere und Bücher gewähren und alle erforderlichen Auskünfte über sein Vermögen erteilen.
Gut zu wissen: Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner werden während des vorläufigen Insolvenzverfahrens in aller Regel untersagt oder vorläufig eingestellt. Eine Pfändung ist dann nicht erlaubt.
Wie geht es nach dem vorläufigen Insolvenzverfahren weiter?
Abhängig von der Komplexität der Vermögensverhältnisse dauert das vorläufige Insolvenzverfahren meist mehrere Wochen oder gar Monate. Mit dem Ende des vorläufigen Insolvenzverfahrens endet auch die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters.
So geht es danach weiter:
- Das Gericht trifft seine Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
- Wird das Verfahren eröffnet, folgt die Verwaltungs- und Verwertungsphase. Es wird ein endgültiger Insolvenzverwalter bestellt, der einen Insolvenzplan erarbeitet und die Insolvenzmasse auf die Gläubiger aufteilt.
- Nach Erstellung des Insolvenzplans findet ein Schlusstermin statt, an dem der Insolvenzverwalter seinen Bericht vorlegt und die Gläubiger über den Stand des Verfahrens informiert.
- Das pfändbare Vermögen wird gemäß Insolvenzplan an die Gläubiger ausbezahlt.
- Nach Verwertung des Vermögens kann der Schuldner die Restschuldbefreiung beantragen. Erfüllt er alle Voraussetzungen, wird diese im Privatinsolvenzverfahren nach drei Jahren gewährt.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.