Schulden loswerden ohne Privatinsolvenz

Schulden loswerden ohne Privatinsolvenz

Seit der Einführung der Insolvenzordnung (InsO) im Jahr 1999 wurden laut Statistischem Bundesamt über 1,5 Millionen Privatinsolvenzverfahren angemeldet. Die Verbraucherinsolvenz bietet natürlichen Personen eine rechtlich abgesicherte Möglichkeit zur Schuldensanierung.

Sie stellt jedoch nicht immer den Königsweg der Entschuldung dar. Hier lernen Sie sinnvolle Alternativen kennen, mit denen Sie ohne Privatinsolvenz schuldenfrei werden können.

Privatinsolvenz: Schuldenfrei nach drei Jahren

Das Ziel der Privatinsolvenz ist, dass sich private Schuldner innerhalb einer absehbaren Zeit von ihren Schulden befreien und wirtschaftlich neu durchstarten können. Der größte Vorteil des Verfahrens besteht in der Restschuldbefreiung. Halten sich Schuldner drei Jahre lang an gewisse Vorgaben und nehmen keine neuen Schulden auf, sind sie anschließend komplett schuldenfrei – unabhängig von der noch offenen Schuldensumme.

Während der Wohlverhaltensphase stehen Vermögen und Einkünfte unter der Verwaltung eines gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters. Er teilt die sogenannte Insolvenzmasse auf die Gläubiger auf und stellt so sicher, dass deren Bedürfnisse befriedigt werden. Schuldner dürfen dabei einen bestimmten Betrag behalten (siehe Pfändungstabelle), um nicht unter das Existenzminimum zu geraten.

Alternativen: Schuldenfrei ohne Insolvenz

Für hoch verschuldete Personen kann das Insolvenzverfahren ein finanzieller Rettungsring sein. Das gilt insbesondere für Verbraucher, deren Einkünfte sich in absehbarer Zeit nicht verbessern werden.

Schuldner sollten sich jedoch auch bewusst sein, dass ein Insolvenzverfahren mit einigen Einschränkungen verbunden ist. Die Kreditwürdigkeit leidet, zudem werden Insolvenzverfahren öffentlich bekannt gemacht (Insolvenzbekanntmachungen.de).

Wenn Sie (hohe) Schulden haben, aber frühzeitig handeln, lässt sich die Privatinsolvenz oft noch vermeiden.

Für die Schuldensanierung haben Sie folgende Alternativen:

1. Haushaltsplan erstellen und Geld sparen

Verschaffen Sie sich zunächst einen genauen Überblick über Ihre Finanzen. Dabei hilft ein Haushaltsplan, in dem Sie alle Einnahmen und Ausgaben vermerken, von der Miete über den Wocheneinkauf bis hin zum Coffee to go. Haushaltspläne gibt es mittlerweile auch per App, über die etwa Einkaufsbons direkt eingescannt werden können.

Ein solches Haushaltsbuch hilft Ihnen, Einsparpotenzial zu ermitteln und unnötige Ausgaben zu reduzieren. Eventuell können Sie Ihre Einkünfte auch durch einen Nebenjob oder den Verkauf von Wertgegenständen aufbessern und so Ihre Schulden tilgen.

2. Gläubiger kontaktieren und gütliche Einigung erreichen

Bei geringen oder einmaligen Ausständen zeigen sich viele Gläubiger durchaus kulant. Nehmen Sie daher möglichst rechtzeitig Kontakt auf, um eine gütliche Einigung zu erzielen. Sie können zum Beispiel um eine Stundung oder eine Ratenzahlung bitten. Die neue Zahlungsvereinbarung sollte zur Absicherung beider Parteien schriftlich festgehalten werden.

3. Außergerichtlicher Schuldenvergleich mithilfe einer Schuldnerberatung

Häufig lassen sich Schulden durch sparsames Haushalten allein nicht abbauen. Spätestens wenn Schulden bei mehreren Gläubigern bestehen und eine Verbesserung Ihrer wirtschaftlichen Situation unwahrscheinlich ist, sollten Sie die professionelle Unterstützung einer Schuldnerberatung in Anspruch nehmen. Ein Schuldenberater kann in vielen Fällen einen außergerichtlichen Schuldenvergleich erwirken.

Die außergerichtliche Schuldenbereinigung gilt als Königsweg der Schuldensanierung. Dabei handelt es sich um eine Einigung zwischen Schuldnern und Gläubigern. In den meisten Fällen wird ein Abzahlungsplan erstellt, der einen Teil der Schulden tilgt.

Auf den Rest der Schulden verzichtet der Gläubiger, da ein Vergleich auch für ihn Vorteile hat: Er muss nicht darauf warten, dass der Schuldner Insolvenz anmeldet. Außerdem entgeht er dem Risiko, komplett leer auszugehen. „Der Spatz in der Hand“ ist also vielen Gläubigern lieber als „die Taube auf dem Dach“.

4. Insolvenzplan

Eine weitere Möglichkeit der Schuldensanierung ist der Insolvenzplan. Auch hierbei handelt es sich um eine Art Schuldenvergleich. Die Vereinbarung wird allerdings erst getroffen, wenn das Insolvenzverfahren bereits angemeldet wurde.

Die Details zum Insolvenzplanverfahren sind ebenfalls in der Insolvenzordnung geregelt. In der Regel wird den Gläubigern eine einmalige Teilzahlung angeboten. Um diese Einmalzahlung aufzubringen, benötigen Schuldner meist die Unterstützung solventer Verwandter oder Freunde.

Der Vorteil: Das Insolvenzverfahren lässt sich auf diese Weise auf sechs bis zwölf Monate verkürzen. Der Vorgang ist jedoch äußerst komplex und folgt strengen Vorgaben. Daher ist es ratsam, sich von einer qualifizierten Schuldnerberatung unterstützen zu lassen.

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Foto: MH / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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