Im Rahmen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen greifen Gläubiger gerne auf das Instrument der Lohnpfändung zurück. Der Arbeitgeber des Schuldners wird daraufhin zum Drittschuldner und muss den pfändungsfreien Einkommensanteil des Schuldners an den Gläubiger abführen.
Viele Arbeitnehmer machen sich Sorgen, dass eine Lohnpfändung eine Kündigung nach sich ziehen kann. Diese Sorge ist jedoch weitgehend unbegründet.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Eine Lohnpfändung stellt in aller Regel keinen Kündigungsgrund dar.
- In seltenen Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber eine Kündigung veranlassen, wenn mehrere Lohnpfändungen gegen einen Schuldner zu erheblichen Störungen im Arbeitsablauf führen.
- Arbeitet der Schuldner in Bereichen mit besonderer Vertrauensstellung, kommen gegebenenfalls eine innerbetriebliche Versetzung oder eine Kündigung infrage.
Lohnpfändung i.d.R. kein Kündigungsgrund
Die gute Nachricht für Arbeitnehmer: Üblicherweise können sie aufgrund einer Lohnpfändung nicht gekündigt werden. Eine ordentliche Kündigung setzt nämlich voraus, dass ein Kündigungsgrund nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vorliegt. Kündigungen sind demnach sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch das Verhalten oder die Person des Arbeitnehmers oder dringend betriebliche Erfordernisse begründet sind.
Eine Lohnpfändung hat nicht direkt mit dem Arbeitsverhältnis zu tun, sondern ist eine Privatangelegenheit des Schuldners. Die Arbeitsgerichte gehen daher davon aus, dass eine Lohnpfändung für gewöhnlich keinen Kündigungsgrund darstellt.
Ausnahmen von der Regel
Keine Regel ohne Ausnahme: Manche Konstellationen, die jedoch sehr selten vorkommen, können dazu führen, dass eine Lohnpfändung zu einer Versetzung oder gar zu einem Jobverlust führt.
Kündigung wegen erhöhter Arbeitsbelastung
Eventuell kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen, wenn die Lohnpfändung zu einem erheblich höheren Arbeitsaufwand führt. Gerechtfertigt ist die Kündigung aber nur, wenn der Mehraufwand wesentliche Störungen im Arbeitsablauf oder der betrieblichen Organisation zur Folge hat, etwa weil sehr viele Lohnpfändungen gegen einen Arbeitnehmer durchgeführt werden. Das geht aus einer Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor (04.11.1981 – 7 AZR 264/79).
Versetzung / Kündigung wegen besonderer Vertrauensstellung
Sind Arbeitnehmer in einer Stellung tätig, die ein besonders großes Vertrauen erfordert, arbeiten sie etwa im Sicherheitsbereich oder verwalten große Mengen betrieblicher Gelder, kann der Arbeitgeber eine innerbetriebliche Versetzung veranlassen. Ist eine solche Versetzung nicht möglich, ist er zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt.
Laut einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1992 setzt dies voraus, dass der Arbeitnehmer für die Erfüllung seiner Aufgaben persönlich ungeeignet ist, zum Beispiel da seine Verschuldung innerhalb kurzer Zeit zu sehr vielen Lohnpfändungen geführt hat (15.10.1992 – 2 AZR 188/92). Aus Art und Höhe der Schulden muss sich zudem ergeben, dass die ungeordneten finanziellen Verhältnisse noch über einige Zeit hinweg bestehen bleiben.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.