Haben Sie ausstehende Zahlungen trotz Erinnerungen und Mahnungen nicht beglichen, kann es zur Kontopfändung kommen. Die Folgen sind schwerwiegend: Die Bank sperrt Ihr Konto, Sie können weder Geld abheben noch Überweisungen vornehmen.
Wie Sie Ihren Lebensunterhalt trotz Kontopfändung decken können, erklären wir Ihnen hier.
Wann es zu einer Kontopfändung kommen kann
Für eine Kontopfändung müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- Der Gläubiger hat einen gültigen Vollstreckungstitel.
- Mit diesem Titel beantragt er die Pfändung des Kontos beim Vollstreckungsgericht.
- Das Vollstreckungsgericht stellt einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aus.
- Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird dem Schuldner und seiner Bank zugestellt.
Wichtig zu wissen: Öffentlich-rechtliche Gläubiger wie das Finanzamt, gesetzliche Krankenkassen und das Hauptzollamt können die Pfändung direkt aussprechen.
Sobald die Bank den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erhalten hat, legt Sie Ihr Konto still. Sie können kein Geld mehr abheben, Daueraufträge und Lastschriften werden nicht mehr ausgeführt, die EC-Karte wird eingezogen. Die Kontosperrung bleibt bestehen, bis die Schulden abbezahlt sind. In Folge können laufende Kosten wie Miete und Strom nicht mehr beglichen werden, es fehlt Geld für Lebensmittel, Benzin und andere lebensnotwendige Dinge.
Pfändungsfreies Einkommen schützen – mit einem P-Konto
Die gute Nachricht: Auch bei einer Kontopfändung lässt der Gesetzgeber Sie nicht komplett ohne Geld dastehen. Pro Monat steht Ihnen ein gewisser Freibetrag zu. Dessen Höhe ist in der sogenannten Pfändungstabelle definiert, die jedes Jahr angepasst wird.
Der aktuelle Grundfreibetrag liegt bei 1.491,75 Euro (Stand: 01.07.2024). Der pfändungsfreie Betrag erhöht sich für jede unterhaltspflichtige Person. Schuldner mit einem unterhaltspflichtigen Kind stehen zum Beispiel 2.059,99 Euro im Monat zu.
Bei einer Kontopfändung ist der pfändungsfreie Betrag jedoch nicht automatisch geschützt. Sie müssen die Freigabe zunächst beim Amtsgericht beantragen. Die einfachere Möglichkeit: Sie lassen Ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) umwandeln.
Damit steht Ihnen der gesetzlich festgelegte Pfändungsfreibetrag automatisch zur Verfügung. Voraussetzung ist, dass es sich beim Girokonto nicht um ein Gemeinschaftskonto handelt. Außerdem dürfen Sie nicht bereits ein P-Konto führen, da pro Person nur eines zulässig ist. Die Übertragung ist gebührenfrei und muss von der Bank innerhalb von vier Werktagen vorgenommen werden.
Das P-Konto schützt zunächst den Grundfreibetrag. Möchten Sie den Freibetrag erhöhen lassen, da zum Beispiel minderjährige Kinder im Haushalt leben, müssen Sie dies bei der Bank mit der „Bescheinigung nach §903 Abs. 1 ZPO“ beantragen. Den Nachweis für das Anrecht auf einen höheren Freibetrag erhalten Sie auch von uns (P-Konto Bescheinigung beantragen).
Konto gepfändet – das können Sie jetzt tun
Liegt bereits eine Kontopfändung vor, sollten Sie schnell tätig werden. Am besten setzen Sie sich umgehend mit Ihrer Bank in Verbindung und lassen Ihr Konto in ein P-Konto umwandeln. Geschieht dies innerhalb von vier Wochen, nachdem die Bank den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erhalten hat, tritt die Schutzwirkung zum Zustellungsdatum des Beschlusses in Kraft.
Eine Kontopfändung ist nur rechtskräftig, wenn ein gültiger Vollstreckungstitel oder Pfändungsbeschluss vorliegt. Prüfen Sie, ob dies der Fall ist und ob Sie über die Kontopfändung informiert wurden. Andernfalls können Sie sich an die Vollstreckungsbehörde oder das Amtsgericht wenden und die Kontopfändung für ungültig erklären lassen.
Ist die Pfändung rechtskräftig, setzen Sie sich mit Ihren Gläubigern in Verbindung und versuchen Sie, Ratenzahlungen auszuhandeln. Bemühen Sie sich um eine gütliche Einigung, stellen viele Gläubiger die Kontopfändung ruhend und Sie können wieder frei über Ihr Geld verfügen. Aufgehoben ist die Kontopfändung jedoch erst, wenn Sie die Schulden vollständig abbezahlt haben.
Lebensunterhalt decken trotz Kontopfändung
Der Pfändungsfreibetrag ermöglicht es Ihnen, dringende Posten wie Miete und Strom trotz Kontopfändung zu decken. Sind Sie aufgrund der Pfändung bereits mit Zahlungen in Rückstand geraten, setzen Sie sich rasch mit den betreffenden Stellen in Verbindung und erklären Sie Ihre Situation. Zeigen Sie Zahlungsbereitschaft, lassen sich meist Lösungen finden.
Fehlt Ihnen das Geld für den Wocheneinkauf? Die wenigen Tage bis zur Umwandlung des Girokontos in ein P-Konto können Sie eventuell mit der Hilfe von Freunden und Verwandten überbrücken.
Bei schwerwiegenden Zahlungsproblemen unterstützen Sie zudem die anerkannten Schuldnerberatungsstellen in Deutschland. Dort muss man jedoch häufig lange Wartezeiten einkalkulieren.
Bei anwaltlichen Schuldnerberatungsstellen wie Schulz & Partner Rechtsanwälte kann Ihnen i.d.R. deutlich schneller geholfen werden. Hier hilft man Ihnen bei der Kontaktaufnahme mit den Gläubigern. Außerdem erhalten Sie Ratschläge, wie Sie Ihre Finanzen langfristig in den Griff bekommen. Denn auch nach der Aufhebung einer Kontopfändung heißt es, das eigene Zahlungsverhalten im Blick zu behalten.
FAQ
Was tun, wenn das Konto gepfändet wurde?
Wenden Sie sich umgehend ans Amtsgericht bzw. an den öffentlichen Gläubiger und beantragen Sie die Freigabe des pfändungsfreien Betrags. Eine noch einfachere Lösung: Lassen Sie Ihr Girokonto in ein P-Konto umwandeln.
Wie komme ich an mein Geld trotz Kontopfändung?
Die einfachste Möglichkeit besteht darin, dass Girokonto von der Bank in ein P-Konto umwandeln zu lassen. Auf diese Weise bleibt ein Grundfreibetrag vor der Pfändung geschützt. Eine Erhöhung des Freibetrags können Sie mittels des Formulars „Bescheinigung nach §903 Abs. 1 ZPO“ beantragen.
Gibt es ein Konto, das nicht gepfändet werden kann?
Grundsätzlich kann jedes Girokonto gepfändet werden. Ein P-Konto schützt jedoch automatisch den Grundfreibetrag gemäß Pfändungstabelle. Info: Jeder Schuldner darf nur EIN P-Konto führen!
Was ist ein P-Konto?
Ein P-Konto oder Pfändungsschutzkonto ist ein Girokonto mit automatischem Pfändungsschutz. Es stellt den Schuldnern den monatlichen pfändungsfreien Betrag zur Verfügung, ohne dass die Freigabe eigens beim Amtsgericht beantragt werden muss.
Wer hat mein Konto gepfändet?
Wer Ihr Konto gepfändet hat, können Sie dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entnehmen. Dieses Schreiben erhalten Sie vom Gerichtsvollzieher bzw. bei öffentlichen Gläubigern vom Gläubiger selbst (§ 829 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Wie lange dauert es, bis das Konto nach einer Pfändung wieder frei ist?
Die Kontopfändung bleibt bestehen, bis die Forderung vollständig beglichen ist. Kann ein Schuldner nachweisen, dass in den letzten sechs Monaten überwiegend nur unpfändbare Beträge aufs Konto eingegangen sind und dies auch für die nächsten zwölf Monate so bleiben wird, kann das Amtsgericht die Kontopfändung für bis zu zwölf Monate ruhend stellen oder ganz aufheben (§ 833a Abs. 2 ZPO).
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.