Was ist eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung?

Was ist eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung?

Erwirken Gläubiger vor Gericht einen vollstreckbaren Titel, dürfen sie Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner einleiten. Sie können zum Beispiel einen Gerichtsvollzieher mit einer Sachpfändung beauftragen.

Derartige Maßnahmen sind aber nicht immer von Erfolg gekrönt. Gibt es beim Schuldner nichts zu pfänden, stellt der Gerichtsvollzieher eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung aus. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie in diesem Artikel.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Bei einer Sachpfändung oder Pfändung von körperlichen Sachen gemäß Zivilprozessordnung (§ 808 ZPO) lässt der Gläubiger einen Gerichtsvollzieher bewegliche Gegenstände pfänden, die sich im Besitz des Schuldners befinden.
  • Hat der Pfändungsversuch keine Aussicht auf Erfolg, stellt der Gerichtsvollzieher eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung aus und schickt diese an den Gläubiger.
  • Nach einem erfolglosen Pfändungsversuch darf der Gerichtsvollzieher den Schuldner zu Abgabe der Vermögensauskunft auffordern.
  • Schuldner können gegen die Fruchtlosigkeitsbescheinigung Widerspruch einlegen.

Definition

Die Fruchtlosigkeitsbescheinigung, auch als Unpfändbarkeitsbescheinigung bezeichnet, ist ein Instrument im Zwangsvollstreckungsverfahren. Mit dieser Bescheinigung bestätigt der Gerichtsvollzieher, dass eine Sachpfändung beim Schuldner erfolglos geblieben ist und auch in Zukunft keine Aussicht auf Erfolg hat.

Sie dient als Voraussetzung zur Einleitung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen wie den Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft (§ 802f ZPO) und die Kontopfändung.

Eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung wird zum Beispiel ausgestellt, wenn der Gerichtsvollzieher während des Besuchs beim Schuldner feststellt, dass dieser über keine pfändbaren Sachen verfügt. Trifft der Gerichtsvollzieher den Schuldner trotz mehrmaliger Besuche nicht an, kann er ebenfalls eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung ausstellen.

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Gerichtsvollzieher den Schuldner überhaupt nicht aufsuchen, sondern dem Gläubiger direkt eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung übersenden. Die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollziehersordnung (GVGA) räumt ihnen diese Möglichkeit ein, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass eine Pfändung erfolglos bleibt (§ 32 Abs.1 GVGA).

Der Schuldner erfährt davon nichts. Dem Gläubiger spart dieses Vorgehen Zeit und Kosten. Allerdings verliert er damit auch die Option, sich noch gütlich mit dem Schuldner zu einigen. Trifft der Gerichtsvollzieher den Gläubiger an, kann etwa eine Ratenzahlung vereinbart werden.

Geänderte Rechtslage nach 2013

Bis 2013 mussten Gläubiger, denen keinerlei Informationen zum Schuldner vorlagen, zwingend einen Gerichtsvollzieher mit der Sachpfändung beantragen. Erst nach Zustellung der Fruchtlosigkeitsbescheinigung durften sie einen Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft (früher: eidesstattliche Versicherung) stellen, um weitere Informationen zum Schuldner einzuholen, wie etwa dessen Bankverbindung oder die Kontaktdaten des Arbeitgebers. Das kostete Zeit.

Mit dem Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (ZwVollStrÄndG), in Kraft getreten zum 1. Januar 2013, hat sich die Rechtslage geändert. Der Gläubiger hat nun die Wahl, ob er zunächst eine Sachpfändung anstrengt oder sofort einen Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft stellt. So erhält er schneller Informationen zu Einkommen und Vermögen des Schuldners und kann herausfinden, welche Vollstreckungsmaßnahmen erfolgversprechend sind.

Anfechtung der Fruchtlosigkeitsbescheinigung

Erhalten Schuldner eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung, können sie dagegen Rechtsmittel einlegen. Eine Anfechtung führt allerdings nicht unbedingt zur Beendigung der Vollstreckungsmaßnahmen, sondern hat lediglich zur Folge, dass die der Fruchtlosigkeitsbescheinigung zugrunde liegende Entscheidung überprüft wird.

Sind Sie mit einer Fruchtlosigkeitsbescheinigung nicht einverstanden oder zweifeln deren Richtigkeit an, haben Sie folgende Möglichkeiten:

  • Zunächst sollten Sie einen versierten Fachanwalt einschalten und einschätzen lassen, ob eine Anfechtung der Fruchtlosigkeitsbescheinigung Aussicht auf Erfolg hat.
  • Widerspruch einlegen: Gegen die Fruchtlosigkeitsbescheinigung können Sie schriftlich Widerspruch einlegen. Den Widerspruch senden Sie innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis der Bescheinigung an den Gerichtsvollzieher. Der Widerspruch muss begründet werden. Mögliche Gründe für eine Anfechtung sind beispielsweise eine fehlerhafte Zustellung der Bescheinigung, nicht eingehaltene Verfahrensfristen oder unzulässige Vollstreckungsmaßnahmen.
  • Weist der Gerichtsvollzieher den Widerspruch zurück, können Sie Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Fruchtlosigkeitsbescheinigung beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Halten Sie zuvor Rücksprache mit Ihrem Anwalt und lassen Sie die Erfolgsaussichten prüfen.

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Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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