Ein Arbeitszeitkonto erfasst die geleisteten Arbeitsstunden eines Arbeitnehmers und vergleicht diese mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Aus diesem Vergleich ergeben sich Mehrarbeitsstunden oder Minusstunden.
Im folgenden Artikel erfahren Sie, wie das Arbeitszeitkonto aus pfändungsrechtlicher Sicht zu behandeln ist.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Das Arbeitszeitkonto vergleicht die tatsächlich geleistete mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit eines Arbeitnehmers.
- Plusstunden stellen Mehrarbeitsstunden dar. Für Mehrarbeitszeitstunden gezahlte Leistungen sind zur Hälfte unpfändbar.
- Minusstunden müssen vom Arbeitnehmer ausgeglichen werden. Gelingt dies vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht, darf der Arbeitnehmer die Minusstunden mit dem letzten Arbeitseinkommen verrechnen.
Erfassung der Arbeitsstunden
Das Arbeitszeitkonto basiert auf dem Prinzip des Zeitausgleichs. Geführt wird es in Betrieben, wenn dies durch einen Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen oder den Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Festgehalten werden die vom Arbeitnehmer tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden.
Überschreitet der Arbeitnehmer die vertraglich festgelegte Sollzeit, verfügt er über sogenannte Plusstunden, die er später als geleistete Überstunden verrechnen kann. Je nach Vereinbarung werden Überstunden durch Freizeit oder finanziell ausgeglichen. Unterschreitet der Arbeitnehmer seine Sollzeit, sind die so entstandenen Minusstunden durch Mehrarbeit auszugleichen.
Seit September 2022 sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten zu erfassen und in einem Zeiterfassungssystem zu speichern. Ein Arbeitszeitkonto bietet sich zu diesem Zweck an.
Info: Unterschied zwischen Arbeitszeitkonto und Überstundenkonto
Vom Arbeitszeitkonto ist das Überstundenkonto zu unterscheiden. Beim Überstundenkonto handelt es sich um eine spezielle Art des Arbeitszeitkontos, das nur Plusstunden erfasst, die grundsätzlich durch Freizeit auszugleichen sind. Minusstunden werden nicht ausgewiesen.
Pfändungsrechtliche Behandlung
Hat sich ein Arbeitnehmer verschuldet und der Gläubiger erwirkt eine Lohnpfändung, wird der Arbeitgeber zum Drittschuldner. Er muss nun den pfändbaren Anteil des Arbeitseinkommens an den Gläubiger auszahlen. Der Schuldner erhält nur noch den unpfändbaren Einkommensanteil gemäß Pfändungstabelle.
Wie wirkt es sich nun auf die Pfändung aus, wenn der Arbeitnehmer auf seinem Arbeitszeitkonto Plus- oder Minusstunden verzeichnet hat?
1. Das Arbeitszeitkonto weist Plusstunden auf
Plusstunden stellen einen Leistungsvorschuss des Arbeitnehmers dar. Da es sich bei Plusstunden nicht um Arbeitsentgelt handelt, können sie nicht gepfändet werden. Erfolgt für die Mehrarbeitsstunden ein finanzieller Ausgleich, sind diese Leistungen gemäß Zivilprozessordnung (ZPO) zur Hälfte pfändbar (§ 850a Nr. 1 ZPO). Wann genau die Stunden ausbezahlt werden, spielt keine Rolle.
2. Das Arbeitszeitkonto weist Minusstunden auf
Bei Minusstunden handelt es sich um einen Gehalts- oder Lohnvorschuss des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer ist dazu verpflichtet, die Minusstunden durch Mehrarbeit auszugleichen. Pfändungsrechtlich relevant sind Minusstunden, wenn der Schuldner aus dem Unternehmen ausscheidet, bevor er sein Arbeitszeitkonto ausgleichen kann.
Der Arbeitgeber ist in diesem Fall dazu berechtigt, die Minusstunden mit dem letzten Arbeitseinkommen des Schuldners zu verrechnen. Dadurch verringert sich der pfändbare Einkommensanteil entsprechend. Das ergibt sich aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach das Arbeitszeitkonto eine konkludente Abrede enthält, die spätestens mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses auszugleichen ist (BAG NZA 02, 390).
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.