Verzugszinsen: Definition, Voraussetzungen, Berechnung

Verzugszinsen: Definition, Voraussetzungen, Berechnung

Bezahlen Schuldner fällige Rechnungen trotz Mahnung nicht, geraten sie in Zahlungsverzug. Gläubiger sind in diesem Fall berechtigt, Verzugszinsen zu erheben. Ausstehende Forderungen werden damit noch teurer.

Mehr zur Definition, den gesetzlichen Grundlagen und der Berechnung erfahren Sie hier.

Finanzielle Engpässe mit unangenehmen Folgen

Steigende Preise für Lebensmittel und Energie, höhere Zinsen: Seit der Corona-Krise und dem Krieg in der Ukraine ist das Leben in Deutschland deutlich teurer geworden.

Unter der hohen Inflation leiden vor allem Menschen mit geringem Einkommen. Aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten bleibt ihnen weniger Geld, um laufende Kosten und offene Rechnungen zu decken. Befinden sich Verbraucher in finanziellen Engpässen, werden einige ausstehende Zahlungen erst nach Eingang einer oder mehrerer Mahnungen beglichen.

Derartige Zahlungsausfälle können schwere Folgen nach sich ziehen. Zur eigentlichen Forderung kommen Verzugszinsen hinzu. Eventuell strengen Gläubiger eine Zwangsvollstreckung an und es drohen Lohnpfändung oder Kontopfändung.

Unbezahlte Rechnungen können zudem zu einem negativen Schufa-Eintrag führen und die Kreditwürdigkeit verschlechtern. Eine schlechte Bonität stellt bei der Aufnahme von Krediten, beim Abschluss von Verträgen und bei der Wohnungssuche ein großes Hindernis dar.

Zahlungsverzug und Verzugszinsen im Bürgerlichem Gesetzbuch

Wann genau Schuldner in Zahlungsverzug geraten, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 286 BGB).

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

  • Die Forderung ist bereits fällig.
  • I.d.R. muss der Gläubiger die fällige Forderung mindestens einmal angemahnt haben.
  • Der Schuldner zahlt den ausstehenden Betrag trotz Mahnung nicht.

In bestimmten Fällen können Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug geraten. Das ist z.B. der Fall, wenn ein bestimmter Kalendertag zur Zahlung festgesetzt wurde.

Handelt es sich bei der ausstehenden Leistung um eine Geldforderung, muss der Schuldner dem Gläubiger den entstandenen Verzugsschaden ersetzen. Darüber hinaus darf der Gläubiger sogenannte Verzugszinsen erheben, die ihm ebenfalls als Entschädigung für die ausbleibende Zahlung dienen (§ 288 BGB).

Weiterhin kann der Gläubiger laufende Verträge mit sofortiger Wirkung beenden, wenn etwa sämtliche Zahlungserinnerungen erfolglos bleiben.

So berechnet man die Verzugszinsen

Das BGB legt auch die Grundsätze zur Berechnung der Verzugszinsen fest. Grundlage für die Berechnung bildet der Basiszinssatz nach § 247 BGB, ein veränderlicher Zinssatz zur Bewertung von Kapitaldienstleistungen.

Der Basiszinssatz wird je zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres durch die Deutsche Bundesbank ermittelt. Seit dem 1. Juli 2023 beträgt er 3,12 Prozent.

Für den Verzugszins gilt:

  • Bei Rechtsgeschäften mit Privatverbrauchern liegt der jährliche Verzugszinssatz für Entgeltforderungen fünf Prozentpunkte über dem Basiszins.
  • Bei Rechtsgeschäften zwischen Unternehmen und Selbstständigen liegt der Verzugszins neun Prozentpunkte über dem Basiszins.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel:

  • Herr B hat Versicherungsbeiträge seit längerer Zeit nicht zahlen können. Die ausstehende Summe beträgt insgesamt 1.000,- Euro.
  • Die Höhe der Verzugszinsen berechnet sich wie folgt: Basiszins von 3,12% + 5% = 8,12%
  • Auf dieser Grundlage wird nun der jährliche Verzugszins berechnet: 1.000 Euro x 8,12% / 100 = 81,20 Euro

Im letzten Schritt wird der Verzugszins für die Tage berechnet, in denen sich Herr B im Zahlungsverzug befand. Dafür wird die Anzahl der Tage im Jahr mit der Anzahl der Verzugstage multipliziert. Die jährlichen Verzugszinsen werden dann durch diese Summe geteilt.

  • In unserem Beispiel befindet sich Herr B seit 60 Tagen in Verzug: 81,20 / 365 x 60 = 3,71 Euro.

Auf die eigentlich ausstehende Summe muss Herr B also noch 3,71 Euro Verzugszinsen zahlen.

Sonderfall: Verzugszinsen beim Finanzamt

Die Vorgaben des § 288 BGB gelten nur für den privatrechtlichen Geschäftsverkehr. Das Finanzamt darf andere Zinssätze verlangen – ist bei der Gestaltung des Verzugszinses aber auch nicht ganz frei.

Bis 2021 hatten die Finanzämter auf verspätete Zahlungen einen einheitlichen Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat erhoben, also 6 Prozent im Jahr. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese hohen Zinssätze in einem Beschluss vom 8. Juli 2021 für verfassungswidrig (Az. 1 BvR 2237/14).

Zum 30. März 2022 hat das Bundeskabinett die zugrundeliegende Abgabenordnung geändert und den Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen rückwirkend zum 1. Januar 2019 auf 0,15 Prozent pro Monat (1,8 Prozent im Jahr) gesenkt. Die Angemessenheit des Zinssatzes ist alle drei Jahre zu evaluieren.

Tipps für den Umgang mit Mahnungen und Verzugszinsen

Am besten ist es natürlich, wenn Sie alle Rechnungen pünktlich bezahlen und gar nicht erst in Zahlungsverzug geraten. Mit einem Haushaltsbuch behalten Sie alle Einnahmen und Ausgaben im Blick.

Befinden Sie sich gerade in einer finanziellen Notlage und es flattern Mahnungen ins Haus, sollten Sie diese erst einmal gründlich überprüfen:

  • Ist die Forderung gerechtfertigt?
  • Stimmt die geforderte Summe?
  • Wurden die Verzugszinsen korrekt berechnet?

Können Sie berechtigte Forderungen nicht sofort begleichen, nehmen Sie Kontakt mit dem Gläubiger auf und bitten Sie um einen Zahlungsaufschub oder eine Ratenzahlung. Zeigen Sie sich zahlungswillig, sind viele Gläubiger kulant.

Bestehen Ihre Zahlungsschwierigkeiten über einen längeren Zeitraum hinweg, empfiehlt sich die professionelle Unterstützung durch eine anerkannte Schuldnerberatung. Geschulte Schuldnerberater helfen Ihnen u.a. bei der Prüfung von Mahnungen und bei der Kontaktaufnahme mit den Gläubigern.

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FAQ

Wie viel Verzugszinsen darf man berechnen?

Für Rechtsgeschäfte mit Privatverbrauchern liegt der Verzugszins für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, für Geschäfte zwischen Unternehmen 9 Prozentpunkte.

Wie hoch dürfen Verzugszinsen maximal sein?

Maximal dürfen Verzugszinsen für ausstehende Geldforderungen 5 (Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern) bzw. 9 Prozentpunkte (Rechtsgeschäfte ohne Verbraucher) über dem Basiszinssatz liegen. Aus anderen Rechtsgründen können sich aber höhere Zinsen ergeben (§ 288 Abs. 3 BGB).

Wo ist die Höhe der Verzugszinsen geregelt?

Die Höhe der Verzugszinsen für den privatrechtlichen Geschäftsverkehr regelt das Bundesgesetzbuch in § 288.

Wie werden die Verzugszinsen berechnet?

Grundlage für die Berechnung bildet der Basiszinssatz, der zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres durch die Deutsche Bundesbank angepasst wird. Zu diesem Basiszinssatz werden 5 bzw. 9 Prozentpunkte hinzugerechnet. Auf dieser Basis berechnet man den jährlichen Verzugszins und im letzten Schritt den Verzugszins für die bestehenden Verzugstage.

Wie hoch sind Verzugszinsen bei Miete?

Für Mietverträge mit Privatleuten liegen die Verzugszinsen 5 Prozent über dem Basiszinssatz von 3,12 Prozent (Stand: 1. Juli 2023) und betragen damit 8,12 Prozent im Jahr.

Wie hoch sind die Verzugszinsen beim Finanzamt?

Die Verzugszinsen beim Finanzamt betragen aktuell 0,15 Prozent im Monat (1,8 Prozent im Jahr).

Kann ich dem Finanzamt Verzugszinsen berechnen?

Auf verspätete Steuererstattungen dürfen Sie dem Finanzamt tatsächlich Verzugszinsen berechnen. Der Zinssatz liegt ebenfalls bei 0,15 Prozent im Monat bzw. 1,8 Prozent im Jahr.

Wie hoch sind Verzugszinsen beim Gehalt?

Ab Beginn des Lohnverzugs haben auch Arbeitnehmer Anspruch auf Verzugszinsen. Die Verzugszinsen für den Lohnverzug liegen 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, betragen also 8,12 Prozent im Jahr.

Was bedeutet Verzugszinsen p.a.?

Das Kürzel p.a. steht für den lateinischen Begriff per anum und bedeutet übersetzt „pro Jahr“. Bei den Verzugszinsen p.a. handelt es sich also um den Zinssatz für das gesamte Jahr.

Foto: yta / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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