Schuldenerlass für Privatpersonen

Schuldenerlass für Privatpersonen – ist das möglich?

Mieten, Energie, Lebensmittel: Die Lebenshaltungskosten in Deutschland steigen. Das bereitet auch Haushalten Sorge, die bislang gut über die Runden gekommen sind. Sind die Ausgaben höher als die Einnahmen, häufen sich schnell unbezahlte Rechnungen. In gewissen Fällen lassen sich Gläubiger auf einen Schuldenerlass ein.

Welche Voraussetzungen für einen Schuldenerlass erfüllt sein müssen, erfahren Sie hier.

Schuldenerlass von Gläubigern für private Schuldner

Der Schuldenerlass ist eine vertragliche Vereinbarung, mit der Gläubiger ganz oder teilweise auf ausstehende Forderungen verzichten. Der Erlass bedarf stets der Zweiseitigkeit. Das bedeutet, beide Parteien müssen den Vertrag unterzeichnen.

Grundsätzlich kann der Schuldenerlass direkt zwischen Schuldner und Gläubiger vereinbart werden. Allerdings wird es sich aller Voraussicht nach schwierig gestalten, Gläubiger zum kompletten Verzicht auf eine Forderung zu bewegen. Die besten Chancen haben Schuldner, die wenigstens einen Teil der ausstehenden Summe aufbringen können. Ausschlaggebend ist weiterhin, dass man sich in einer finanziell aussichtslosen Situation befindet.

Finanziell aussichtslos ist die Situation beispielsweise, wenn ein Schuldner schwer erkrankt oder aufgrund einer Behinderung keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen kann. In diesen Fällen ist es unwahrscheinlich, dass sich seine finanzielle Lage in absehbarer Zeit verbessert. Die ausstehende Forderung vollstrecken zu lassen, hätte wenig Erfolg.

Besitzt der Schuldner kein Vermögen und liegt das Einkommen unter der Pfändungsfreigrenze, geht der Gläubiger leer aus. Bei einem anteiligen Schuldenerlass erhält er immerhin einen Teil der Forderung zurück.

Gläubiger sind allerdings nicht dazu verpflichtet, einem Schuldenerlass zuzustimmen. Sie können weiterhin darauf bestehen, dass die Schulden im vollen Umfang bezahlt werden.

Tipp: Vertrag über den Schuldenerlass
Ein erfolgreicher Schuldenerlass basiert auf einem schriftlichen Vertrag. Ein offizielles Formular gibt es jedoch nicht. Damit Ihnen beim Aufsetzen des Vertrags keine Fehler unterlaufen, empfiehlt es sich, die professionelle Unterstützung eines Anwalts oder einer Schuldnerberatung in Anspruch zu nehmen.

Schuldenerlass im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs

Eine staatlich anerkannte Schuldnerberatungsstelle unterstützt Sie auch beim Kontakt mit den Gläubigern und kann einen Schuldenerlass im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs erwirken. Professionelle Schuldnerberater haben viel Erfahrung im Umgang mit Gläubigern und verfügen über das nötige Verhandlungsgeschick, das eine positive Einigung wahrscheinlicher macht.

Die außergerichtliche Schuldenregulierung folgt stets einem festgelegten Ablauf:

  1. Zunächst werden alle Gläubiger und die Höhe der ausstehenden Forderungen ermittelt. Zu diesem Zweck können Gläubiger um eine Forderungsaufstellung gebeten werden.
  2. Auf Grundlage der ermittelten Daten wird ein Gläubiger- und Forderungsverzeichnis erstellt, das auch den Mahn- und Vollstreckungsstatus der jeweiligen Forderung sowie bereits geleistete Zahlungen des Schuldners erfasst.
  3. Der Schuldner erstellt eine Auflistung seiner monatlichen Einnahmen und Ausgaben. Auf dieser Basis berechnet die Schuldnerberatungsstelle, wie viel Geld zur Deckung der offenen Forderungen zur Verfügung steht und erstellt einen Schuldenbereinigungsplan.
  4. Der Schuldenbereinigungsplan legt fest, welche Summe jeder Gläubiger erhält und ob die Zahlung einmalig oder in Raten erfolgt. Wird der Plan von allen Gläubigern akzeptiert, ist der außergerichtliche Vergleich erfolgreich.

Warum lassen sich Gläubiger auf einen außergerichtlichen Vergleich ein?

Der außergerichtliche Vergleich kann mit einem anteiligen Schuldenerlass enden, bei dem jeder Gläubiger nur einen geringen Teil der eigentlich ausstehenden Summe erhält. Für Gläubiger bedeutet dies einen finanziellen Verlust. Warum lassen sie sich dennoch auf eine derartige Vereinbarung ein?

Die Gründe sind vielfältig. Versuchen Gläubiger bereits seit mehreren Jahren eine Forderung einzutreiben, sind sie oft froh, wenigstens einen Teil zurückzuerhalten. Bei vermögenslosen Schuldnern mit geringem Einkommen laufen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ins Leere.

Selbst im Insolvenzverfahren würden Gläubiger eventuell leer ausgehen oder bekämen nur einen Bruchteil der ursprünglichen Forderung. Der außergerichtliche Vergleich ist da oftmals attraktiver, als weiterhin Zeit und Kosten in diese aufwendigen Verfahren zu investieren.

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Der gerichtliche Schuldenerlass im Insolvenzverfahren

Widerspricht auch nur ein Gläubiger dem außergerichtlichen Vergleich, gilt dieser als gescheitert. Mit Vorliegen der entsprechenden Bescheinigung nach § 305 der Insolvenzordnung (InsO) kann beim zuständigen Amtsgericht der Antrag auf Eröffnung der Verbraucherinsolvenz gestellt werden.

Das Insolvenzverfahren ist äußerst komplex. Es empfiehlt sich daher, weiterhin professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Das Gericht leitet zunächst einen weiteren Einigungsversuch mit den Gläubigern ein. Lehnen die Gläubiger auch diesen ab, wird das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet. Das Gericht setzt einen Insolvenzverwalter ein, der Vermögen und Einkünfte des Schuldners verwertet. Die Insolvenzmasse wird auf die Gläubiger verteilt. Dem Schuldner steht weiterhin der pfändungsfreie Anteil seines Einkommens zu.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt auch die sogenannte Wohlverhaltensphase. In der Privatinsolvenz dauert diese drei Jahre. Während dieser Zeit darf der Schuldner keine neuen Schulden aufnehmen und verpflichtet sich zudem dazu, seine Einkommensverhältnisse nach Möglichkeit zu verbessern.

Nach Ablauf der Wohlverhaltensphase erfolgt die Restschuldbefreiung. Noch ausstehende Forderungen von Gläubigern werden damit hinfällig. Die Restschuldbefreiung kann daher auch als gerichtlicher Schuldenerlass bezeichnet werden.

FAQ

Was bedeutet Schuldenerlass?

Der Schuldenerlass stellt eine vertragliche Vereinbarung dar, mit der Gläubiger teilweise oder vollständig auf ihre Forderungen verzichtet.

Wann können Schulden erlassen werden?

Der außergerichtliche Schuldenerlass hängt vom Wohlwollen des Gläubigers ab. Er kann die Schulden zum Beispiel erlassen, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist und auch in absehbarer Zeit nicht genügend Geld aufbringen kann, um die Forderung zu decken. Im Privatinsolvenzverfahren erfolgt nach Ablauf der Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung, die als gerichtlicher Schuldenerlass angesehen werden kann.

Erlassen Banken Schulden?

Grundsätzlich kann auch die Bank Schulden erlassen und sich dazu entscheiden, laufende Kredite oder Darlehen nicht zurückzufordern. Dem stimmen Banken aber für gewöhnlich nur zu, wenn zumindest ein Teil der ausstehenden Summe gezahlt wird.

Welche Schulden werden bei der Privatinsolvenz nicht mit berücksichtigt?

Gewisse Schulden werden nicht von der Restschuldbefreiung umfasst. Dazu gehören zum Beispiel Schulden aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen wie Straf- und Bußgelder, Steuerschulden bei rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und vorsätzlich nicht gezahlte Unterhaltsschulden.

Foto: bluedesign / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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