Schuldenbarometer 2021 - Zahl der Privatinsolvenzen fast verdoppelt

Schuldenbarometer 2021 – Zahl der Privatinsolvenzen fast verdoppelt

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzverfahren ist im Jahr 2021 extrem gestiegen. Laut Informationsdienstleister CRIF meldeten 2020 ca. 56.000 Privatpersonen eine Insolvenz an. Ein Jahr später waren es ca. 109.000 Verbraucher. Das entspricht einer Steigerung von über 93%.

Damit bricht auch eine 10 Jahre anhaltende Serie von sinkenden Fallzahlen ziemlich abrupt. Trotz der hohen Zahl wurde der „Rekord“ aus dem Jahr 2010 verfehlt. Damals gab es fast 140.000 Privatinsolvenzen.

Mit einem Plus von über 103% gab es den größten Zuwachs in der Altersgruppe „60 Jahre und älter“. Der Trend, dass Senioren immer häufiger mit Geldsorgen zu kämpfen haben, bestätigt sich auch in dieser Statistik.

Entwicklung Privatinsolvenzen in Deutschland von 2012 bis 2021
Quelle: CRIF

Aufholeffekt für den starken Anstieg verantwortlich

Eine wesentliche Ursache für diese negative Entwicklung ist vor allem eine gesetzliche Neuregelung, die die Dauer einer Privatinsolvenz von maximal sechs auf drei Jahre verkürzte. Das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens trat Anfang 2021 in Kraft.

Viele Privatpersonen wollten von der kürzeren Laufzeit profitieren und warteten dementsprechend mit ihrem Insolvenzantrag bis zum Jahr 2021. So erklärt sich im Umkehrschluss auch die vergleichsweise geringe Zahl an Insolvenzverfahren im Jahr 2020.

Corona-Pandemie als weiterer treibender Faktor

Die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise machen sich mittlerweile auch bei den Insolvenzen bemerkbar. Zwar verhinderte der Staat mit zahlreichen Hilfspaketen eine schlimmere Entwicklung, dennoch lässt sich auf diese Weise nicht der ganze Schaden abwenden.

Der besteht darin, dass viele Arbeitnehmer aufgrund eines (teilweisen) Jobverlustes mit weniger Geld zurechtkommen müssen. Auch das finanzielle Polster, falls es in Form von Gespartem vorhanden war, ist vielerorts aufgebraucht.

Besonders dramatisch ist die Lage bei vielen Solo-Selbständigen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) beziehen sechsmal mehr Selbständige finanzielle Unterstützung für ihren Lebensunterhalt als vor der Corona-Pandemie.

Nördliche Bundesländer sind Spitzenreiter

Berechnet man die Zahl der Privatinsolvenzen auf 100.000 Einwohner, landen die „Nordlichter“ auf den ersten Plätzen. In Bremen sind es 247 Insolvenzverfahren, in Niedersachsen 180, in Hamburg 172, in Mecklenburg-Vorpommern 170 und in Schleswig-Holstein 163. Bundesweit liegt der Durchschnitt bei 131 Verbraucherinsolvenzen.

Am Ende dieser Insolvenzstatistik stehen Bayern mit 86 Fällen, Baden-Württemberg mit 99 und Thüringen mit 109.

Privatinsolvenzen pro Bundesland je 100.000 Einwohner
Quelle: CRIF

Prognose für das Jahr 2022

Experten sind sich einig, dass die finanzielle Lage der deutschen Privathaushalte weiterhin angespannt bleiben wird. Insbesondere hohe Mietpreise und die stetig steigenden Energiekosten sind eine Belastung, die nicht alle Verbraucher schadlos überstehen werden. So wäre es leider keine Überraschung, wenn 2022 genauso viele Personen eine Verbraucherinsolvenz anmelden würden wie 2021.

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Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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