Mietrückstände gehören zu den existenzbedrohenden Schulden (Primärschulden). Bleibt die Miete länger als einen Monat in Folge aus, droht die fristlose Kündigung und im schlimmsten Fall der Verlust der Wohnung.
Der folgende Artikel zeigt, wie Sie auf Mietschulden am besten reagieren und wo Sie Hilfe erhalten.
Miete nicht bezahlt? Das können Sie tun
Mit Schulden stehen Sie nicht alleine da. Laut Schuldneratlas 2023 gelten 5,65 Millionen Haushalte in Deutschland als überschuldet. Sie können ihre Zahlungsrückstände weder durch ihr Einkommen noch durch bestehendes Vermögen decken. Für viele überschuldete Personen ist es schwierig, ihre Miete pünktlich und in voller Höhe zu begleichen.
Zwar ist die Überschuldungsquote etwas gesunken – aktuell stehen viele Verbraucher aber immer noch vor großen finanziellen Herausforderungen. Die Strom- und Gaspreise bewegen sich weiterhin auf einem hohen Niveau und auch Lebensmittel und Artikel des täglichen Bedarfs sind teurer als zuvor.
Insbesondere Haushalte mit niedrigem Einkommen können eine hohe Inflationsquote kaum auffangen. Häufig reicht das Geld nicht für alle existenzsichernden Ausgaben aus.
Was können Sie tun, wenn Sie Ihre Miete nicht bezahlt haben bzw. zahlen können? Die folgenden Tipps helfen weiter:
1. Kontakt zum Vermieter aufnehmen
Können Sie Ihre Miete nicht pünktlich zahlen, sollten Sie zunächst Kontakt mit dem Vermieter aufnehmen. Schildern Sie ihm offen Ihre finanzielle Situation. Oft zeigen sich Vermieter verständnisvoll und gewähren zum Beispiel einen Mietaufschub oder Ratenzahlungen.
2. Geld leihen
Eventuell können Sie sich bei Verwandten oder Freunden Geld für die ausstehende Miete leihen. Auch bei einem Privatdarlehen sollten Sie alle Rückzahlungsmodalitäten in einem schriftlichen Vertrag festhalten. Das gibt beiden Parteien Sicherheit.
3. Beratung beim Mieterverein suchen
Bei Mietrückstand können Sie auch die Beratung durch einen Mieterverein in Anspruch nehmen. Das setzt allerdings voraus, dass Sie bereits Mitglied sind. Neumitglieder müssen meist länger auf einen Beratungstermin warten.
4. Übernahme der Mietschulden durch das Jobcenter beantragen
Wer Arbeitslosengeld II (Hartz IV) bezieht, kann beim Jobcenter einen Antrag auf Mietschulden-Übernahme stellen. Die Mietschulden-Übernahme erfolgt entweder auf Darlehensbasis oder als rückzahlungsfreie Beihilfe. Stellen Sie den Antrag möglichst frühzeitig und warten Sie nicht erst eine Räumungsklage ab!
5. Unterstützung beim Sozialamt beantragen
Arbeitnehmer mit geringem Einkommen können die Mietschulden-Übernahme beim örtlichen Sozialamt beantragen. Die Übernahme erfolgt, wenn das Sozialamt sie als notwendig und gerechtfertigt ansieht.
6. Wohngeld beantragen
Mieter mit niedrigem Einkommen, die keine weiteren Sozialleistungen beziehen, können Wohngeld beantragen. Ob ein Anspruch besteht, erfahren Sie bei der zuständigen Stadt- und Gemeindeverwaltung. Die Höhe des Wohngelds hängt von Ihrem Einkommen, der Miete und der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen ab.
7. Schuldnerberatung aufsuchen
Sie sind nicht in der Lage, kurzfristig mehr Geld zu verdienen, um Ihre Mietrückstände zu begleichen? Sie können auch keine weiteren Einsparungen vornehmen oder sich Geld von privat leihen? In diesem Fall ist es ratsam, professionelle Hilfe für den Ausgleich von Mietschulden in Anspruch zu nehmen. Schuldnerberatungsstellen helfen Ihnen, die Wohnungslosigkeit abzuwenden.
Professionelle Schuldnerberater verschaffen sich zunächst einen Überblick über Ihre finanzielle Situation. Sie zeigen Ihnen außerdem auf, ob eventuell Möglichkeiten zur finanziellen Förderung bestehen. Im nächsten Schritt setzen Sie sich mit dem Vermieter und weiteren Gläubigern in Verbindung und versuchen, einen außergerichtlichen Vergleich zu erwirken.
Lässt sich der Vermieter nicht darauf ein, steht noch der Weg in die Privatinsolvenz offen. Ein Vorteil für Mieter: § 112 Insolvenzordnung (InsO) verbietet die Kündigung wegen Mietrückständen, die vor der Beantragung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Bereits vor Insolvenzantrag ausgesprochene Kündigungen bleiben allerdings wirksam.
Fristlose Kündigung wegen Mietrückstand – wie reagieren?
Geht die fristlose Kündigung wegen Mietrückstand ein, können Mieter diese noch abwenden, wenn sie die ausstehende Miete sofort bezahlen. Dafür bleibt eine Schonfrist von zwei Monaten. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn innerhalb der vorangegangen zwei Jahre keine Mietschulden aufgetreten sind.
Mietschulden – FAQ
Wie lange darf man Miete nicht zahlen?
Grundsätzlich ist die Miete pünktlich zum dritten Werktag eines Monats zu zahlen. Bei einem Mietrückstand von zwei Monaten hat der Vermieter das Recht, eine fristlose Kündigung auszusprechen (§ 543 BGB). Das gilt auch, wenn der Mieter die Miete zwei Monate in Folge nicht vollständig zahlt und die ausstehende Summe eine Monatsmiete übersteigt oder wenn die Miete über einen längeren Zeitraum nicht vollständig gezahlt wird und der Rückstand in Summe mehr als zwei Monatsmieten beträgt.
Was passiert, wenn man einen Monat keine Miete zahlt?
In der Regel erhält man zunächst eine Zahlungserinnerung des Vermieters. Bleibt die Miete weiterhin aus, erfolgt eine Abmahnung. Wer die Miete auch im Folgemonat nicht zahlen kann, muss mit der fristlosen Kündigung rechnen.
Kann ich meine Miete in Raten zahlen?
Für gewöhnlich ist die Miete auf einen Schlag zu zahlen. Bei einem einmaligen Mietrückstand erweisen sich jedoch viele Vermieter als kulant und ermöglichen eine Ratenzahlung.
Ab wann ist man mit der Miete im Rückstand?
Mietrückstand tritt ein, wenn die Miete nicht bis zum dritten Werktag eines Monats gezahlt wird. Laut Bundesgerichtshof reicht es aus, die Miete am dritten Werktag eines Monats anzuweisen (BGH 5. Oktober 2016, VIII ZR 222/15). Samstage gelten dabei nicht als Werktage.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.