Haushalte mit geringem Einkommen können zur Deckung ihrer Miet- und Wohnkosten Wohngeld beantragen. Erkennt die Wohngeldbehörde den Anspruch als berechtigt an, zahlen Staat und Land jeweils zur Hälfte einen Zuschuss zu den Wohnkosten.
Für Schuldner stellt sich die Frage, ob Wohngeld pfändbar ist. Antworten gibt es im folgenden Artikel.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Wohngeld ist eine staatliche Leistung, die Haushalte mit geringem Einkommen bei der Deckung ihrer Wohnkosten unterstützt.
- Der Zuschuss gilt als Sozialleistung im Sinne von § 54 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) und ist damit in den meisten Fällen unpfändbar.
- Ausnahme: Vermieter und Kreditgeber dürfen bei bestehenden Schulden aus dem Wohnverhältnis pfänden lassen.
- Bei einer Kontopfändung muss die Freigabe des Wohngelds auf dem P-Konto bei der zuständigen Vollstreckungsbehörde gesondert beantragt werden.
Was ist Wohngeld?
Das staatliche Wohngeld soll Haushalte mit geringem Einkommen bei der Zahlung ihrer Wohnkosten unterstützen und ihnen den Wohnraum sichern. Gesetzliche Grundlage ist das Wohngeldgesetz (WoGG). Gezahlt wird es nur nach schriftlichem Antrag bei der Wohngeldbehörde. Die Höhe richtet sich nach drei Faktoren:
- Anzahl der Haushaltsmitglieder
- Höhe der Miete
- Höhe des Einkommens
Wohngeld wird ab dem Monat gewährt, in dem der Antrag bei der Wohngeldbehörde eingegangen ist, nicht für den Zeitraum davor. In der Regel wird es für zwölf Monate bewilligt.
Erhalten Sie bereits Geld vom Staat, das Ihre Wohnkosten abdeckt, etwa Bürgergeld oder BAföG, besteht meistens kein Anspruch.
Darf Wohngeld gepfändet werden?
Wohngeld ist eine zweckgebundene Sozialleistung, die allein dazu dient, die Miete zu zahlen oder die Kosten einer selbst genutzten Eigentumswohnung zu decken.
Laut dem Ersten Sozialgesetzbuch ist es damit unpfändbar, da eine Pfändung den Zweck der Leistung infrage stellen würde (§ 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I).
In Ausnahmefällen doch pfändbar
Doch keine Regel ohne Ausnahme: In gewissen Fällen dürfen Gläubiger das Wohngeld pfänden. Diese Ausnahmen definiert das Wohngeldgesetz (§§ 9, 10 WoGG). Zur Pfändung des Wohngelds berechtigt sind demnach:
- Vermieter, sofern Schulden aus dem Mietverhältnis bestehen.
- Darlehens- und Kreditgeber, die ein Darlehen zur Finanzierung von Wohneigentum ausgezahlt haben.
Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass sich die Forderungen auf die Wohnung beziehen, für die der Schuldner Wohngeld erhält. Sind Sie zum Beispiel vor einigen Monaten umgezogen und beziehen Wohngeld für die neue Wohnung, haben aber noch Schulden aus Ihrem alten Mietverhältnis, darf der alte Vermieter nicht auf das Wohngeld zugreifen.
Gläubiger müssen zudem über einen gültigen Vollstreckungstitel verfügen.
Achtung: Wohngeld ist bei Pfändung nicht automatisch geschützt!
Im Falle einer Kontopfändung ist stets angeraten, ein P-Konto einzurichten, um den gesetzlichen Pfändungsfreibetrag automatisch schützen zu lassen. Wohngeld, das auf ein P-Konto eingeht, ist allerdings nicht automatisch geschützt.
Übersteigt der Kontostand nach Eingang des Wohngelds den Freibetrag, wird der Überschuss an die pfändenden Gläubiger ausgezahlt.
Um das zu verhindern, müssen Sie die Freigabe des Wohngelds bei der zuständigen Vollstreckungsstelle beantragen. Da das Wohngeldgesetz selbst keine Unpfändbarkeit des Wohngelds anordnet, reicht die gewöhnliche P-Konto-Bescheinigung zur Erhöhung des Freibetrags nach § 903 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht aus.
FAQ
Ist Wohngeld eine Sozialleistung?
Ja, Wohngeld ist eine Sozialleistung im Sinne von § 54 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I).
Wann darf Wohngeld gepfändet werden?
Vermieter und Kreditgeber dürfen das Wohngeld pfänden, sofern Schulden aus dem Wohnverhältnis bestehen, die sich auf die Wohnung beziehen, für die Wohngeld gezahlt wird und ein gültiger Vollstreckungstitel vorliegt.
Ist Wohngeld bei P-Konto pfändbar?
Bei Kontopfändung besteht kein automatischer Schutz des Wohngelds, auch nicht auf einem P-Konto. Die Freigabe muss zunächst bei der zuständigen Vollstreckungsstelle beantragt werden.
Darf die Nachzahlung von Wohngeld gepfändet werden?
Die Nachzahlung von Wohngeld ist nicht pfändbar, wenn der nachgezahlte Betrag unter 500 Euro liegt. Nachgezahlte Beträge über 500 Euro werden auf die Monate umgelegt, auf die sich die Nachzahlung bezieht. Pfändungsfrei bleibt die Nachzahlung, wenn sie in den betroffenen Monaten nicht zu einem pfändbaren Guthaben geführt hätte (§ 903 Abs. 2, 3 ZPO). Die Freigabe ist bei der zuständigen Vollstreckungsstelle zu beantragen.
Ist Wohngeld in der Privatinsolvenz pfändbar?
Bei einer Privatinsolvenz ist Wohngeld in der Regel vor der Pfändung geschützt. Die Freigabe ist jedoch beim Vollstreckungsgericht zu beantragen.
Wird Wohngeld auf Pfändungsfreibetrag angerechnet?
Ja, Wohngeld wird auf den Pfändungsfreibetrag angerechnet.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.