Ist Verhinderungspflege pfändbar?

Ist Verhinderungspflege pfändbar?

Die Pflege von Angehörigen ist eine verantwortungsvolle und anstrengende Aufgabe. Irgendwann benötigen die Pflegenden mal eine Auszeit – sei es für ein paar Stunden, um wichtige Termine wahrzunehmen oder auch für mehrere Tage, um sich etwas Erholung zu gönnen.

In solchen Fällen kann eine sogenannte Verhinderungspflege beantragt werden. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für die Pflege durch eine Ersatzperson.

Ob das für die Verhinderungspflege gezahlte Geld pfändbar ist, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Das Wichtigste – kurz & knapp

  • Nehmen sich pflegende Angehörige eine Auszeit, können Pflegebedürftige bei der Pflegekasse eine sogenannte Verhinderungspflege beantragen.
  • Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für die Ersatzpflege für maximal sechs Wochen pro Kalenderjahr und zahlt dafür bis zu 1.612 Euro an die pflegebedürftige Person aus.
  • Die Verhinderungspflege unterliegt grundsätzlich nicht der Pfändung und kann durch eine P-Konto-Bescheinigung freigegeben werden.

Was ist Verhinderungspflege und wer bekommt sie?

Bei der Verhinderungspflege handelt es sich um eine zeitlich begrenzte Vertretung der Hauptpflegeperson. Sie wird auch als Ersatzpflege bezeichnet. Der rechtliche Anspruch ist im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) festgelegt.

Aus § 39 SGB XI geht auch die maximale Dauer der Verhinderungspflege hervor: Die Pflegekassen übernehmen demnach die nachgewiesenen Kosten für eine Ersatzpflege für höchstens sechs Wochen (42 Tage) pro Kalenderjahr.

Die Verhinderungspflege kann stundenweise, tageweise oder auch wochenweise in Anspruch genommen werden. Die Ersatzpflegeperson erledigt dabei alle Aufgaben, die üblicherweise von der Hauptpflegeperson übernommen werden, zum Beispiel die Grundpflege, die Unterstützung bei der Körperpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung. Für medizinische Behandlungen ist sie nicht zuständig.

Verhinderungspflege beantragen

Die Verhinderungspflege lässt sich bei der zuständigen Pflegekasse beantragen. Der Antrag ist von der pflegebedürftigen Person zu stellen. Diese bekommt auch die Kostenerstattung für die Ersatzpflege ausbezahlt, maximal 1.612 Euro im Jahr.

Damit Verhinderungspflege beantragt werden kann, müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Die pflegebedürftige Person muss mindestens Pflegegrad 2 haben.
  • Die pflegende Person muss mindestens sechs Monate lang in häuslicher Umgebung gepflegt worden sein. Dabei sind Pausen von weniger als vier Wochen Dauer erlaubt.
  • Die Hauptpflegeperson muss aktuell als pflegende Person bei der Pflegekasse eingetragen sein.

Das Geld wird nur ausgezahlt, wenn die Ersatzpflegeperson nicht mit dem oder der Pflegebedürftigen verwandt oder verschwägert ist oder mit ihm oder ihr zusammenlebt.

So schützen Sie die Verhinderungspflege vor der Pfändung

Professionelle Pflegedienste rechnen die Verhinderungspflege meist direkt mit der Pflegekasse ab. In anderen Fällen wird die Kostenerstattung auf das Konto des oder der Pflegebedürftigen überwiesen. Was geschieht nun, wenn dieses Konto gepfändet wird?

Grundsätzlich wird die Verhinderungspflege wie Pflegegeld behandelt. Pflegegeld gehört gemäß § 54 SGB I zu den Geldleistungen, die dafür bestimmt sind, den Mehraufwand durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden auszugleichen. Es gilt nicht als Einkommen, wird nicht versteuert und es sind keine Sozialabgaben zu leisten. Pflegegeld und Verhinderungspflege unterliegen demnach auch nicht der Pfändung.

Doch Achtung: Kein automatischer Pfändungsschutz!

Wird eine Kontopfändung durchgeführt, sollte das Girokonto in ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto (P-Konto) umgewandelt werden. Ein P-Konto schützt automatisch den Grundfreibetrag gemäß der aktuell gültigen Pfändungstabelle. Möchten Schuldner auch die Verhinderungspflege vor der Pfändung schützen lassen, ist dafür eine sogenannte P-Konto-Bescheinigung gemäß Zivilprozessordnung (§ 903 ZPO) zu beantragen und der Bank vorzulegen.

Zur Ausstellung einer P-Konto-Bescheinigung sind verschiedene Stellen berechtigt, zum Beispiel anerkannte Schuldnerberatungsstellen oder ein Fachanwalt für Insolvenzrecht. Dort legen Schuldner Nachweise über den Bezug der Verhinderungspflege vor, etwa eine Abrechnung der Krankenkasse oder einen Kontoauszug, aus dem hervorgeht, dass es sich bei dem ausgezahlten Betrag um Leistungen für die Ersatzpflege handelt.

Auch wir stellen Ihnen gern und schnell eine entsprechende P-Konto-Bescheinigung aus!

Nach Vorlage der P-Konto-Bescheinigung bei der Bank können Schuldner über die einmalige Zahlung der Verhinderungspflege verfügen.

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Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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