Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland nimmt zu. Das geht aus aktuellen Daten hervor, die das Statistische Bundesamt am 10. Januar 2025 vorgelegt hat.
Im Jahr 2024 haben demnach deutlich mehr Unternehmen und Verbraucher Insolvenz anmelden müssen als im Vorjahr. Damit schlägt sich die unter anderem durch die Corona-Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise nun auch in der Insolvenzstatistik nieder.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Die Zahl der Regelinsolvenzen ist 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 16,8 Prozent gestiegen.
- Im Oktober 2024 wurden 35,9 Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen angemeldet als im Vorjahresmonat.
- Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen im Oktober 2024 liegt 10,8 Prozent über dem Vorjahresmonat.
Zahl der Regelinsolvenzen steigt um 16,8 Prozent
Im Oktober 2024 verzeichneten die Amtsgerichte 2.012 beantragte Firmeninsolvenzen mit einer Gesamtforderungshöhe von 3,8 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Oktober 2023 entspricht das einem Anstieg von 35,9 Prozent. Die Summe der offenen Forderungen belief sich im Vorjahresmonat auf rund 1,6 Milliarden Euro.
Im Dezember 2024 fällt die Zunahme der Regelinsolvenzen zwar nicht ganz so dramatisch aus, dennoch ist die Zahl der Anmeldungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 13,8 Prozent gestiegen.
Wie viele Unternehmen 2024 insgesamt Insolvenz anmelden mussten, kann die Behörde noch nicht beziffern, da die notwendigen Daten der Gerichte erst später vorliegen. Nach bisherigen Berechnungen kam es jedoch zu 16,8 Prozent mehr Unternehmenspleiten als im Vorjahr. Betroffen sind vor allem die Branchen Verkehr und Logistik, gefolgt von Baugewerbe und Gastgewerbe.
Info: Die Insolvenzstatistik berücksichtigt Verfahren nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts. Der tatsächliche Insolvenzantrag wird in der Regel drei Monate zuvor gestellt.
Zahl der Verbraucherinsolvenzen steigt ebenfalls
Regelinsolvenzverfahren von Unternehmen und Einzelselbstständigen machen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 30 Prozent aller Insolvenzanmeldungen aus. Bei den restlichen Verfahren handelt es sich um Privatinsolvenzen.
Auch deren Zahl hat im Oktober 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat deutlich zugenommen. 6.237 anmeldeten Verfahren verzeichnen die Amtsgerichte. Das sind 10,8 Prozent mehr als noch im Oktober 2023. Damit setzt sich der seit dem Jahr 2021 bestehende Trend fort.
Die Zahl der angemeldeten Privatinsolvenzen erreichte 2010 mit 106.290 eröffneten Verfahren einen vorläufigen Höchststand. In den folgenden Jahren ging die Zahl der Verbraucherinsolvenzen kontinuierlich zurück und lag 2020 mit 40.502 eröffneten Verfahren auf einem Rekordtief.
Seitdem steigt die Zahl der Verfahrensanmeldungen jedoch wieder an. 2021 wurden 78.615 Verfahren eröffnet.
Creditreform erwartet weiteren Anstieg in 2025
Eine im vergangenen Dezember herausgegebene Schätzung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform fällt noch negativer aus als die Auswertung des Statistischen Bundesamtes. Demnach haben 2024 rund 22.400 Unternehmen Insolvenz anmelden müssen. Das sind 24,3 Prozent mehr als im Vorjahr – der höchste Wert seit 2015 (23.180 Regelinsolvenzen).
Als Gründe für die steigende Zahl der Regelinsolvenzen werden vor allem Nachfrageausfälle, hohe Energie- und Personalkosten sowie Belastungen durch Steuern und Bürokratie.
Creditreform sieht in der Entwicklung eine verzögerte Auswirkung der wirtschaftlichen Krisen der vergangenen Jahre. Darüber hinaus sind Ausnahmeregelungen ausgelaufen, die eine Pleitewelle während der Corona-Welle verhindern sollten.
Die Wirtschaftsauskunftei rechnet daher mit einem weiteren Anstieg der Insolvenzfälle im Jahr 2025. Der Prognose zufolge könnten sich die Zahlen bald wieder den Höchstwerten der Jahre 2009 und 2010 annähern. Laut Insolvenzsstatistik mussten damals mehr als 32.000 Unternehmen Insolvenz anmelden.
Auch Privatverbraucher haben mit hohen Energiekosten, steigenden Mieten sowie Lebensmittelpreisen zu kämpfen. Das führt zu einer Konsumzurückhaltung, die sich wiederum negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirkt.
Geplante Entlastungsmaßnahmen wie eine Senkung der Stromkosten für die Industrie reichen nach Ansicht von Creditreform nicht aus, um die wirtschaftliche Krise aufzuhalten.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.