Schufa und die Bonify-App: Bonitätsprüfung kostenlos!?

Schufa und die Bonify-App: Bonitätsprüfung kostenlos!?

Die Schufa war bislang nicht gerade für Transparenz bekannt. Das soll sich nun ändern: Über eine Finanz-App von Bonify möchte Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei mehr Datentransparenz bieten.

Unter anderem sollen Verbraucher über die App eine kostenlose Bonitätsauskunft einholen können. Gegen Einblick in die Kontodaten soll sich sogar der Schufa-Score verbessern lassen. Verbraucher- und Datenschützer melden allerdings Kritik an.

Die Schufa: Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei

Einen Kredit aufnehmen, eine Wohnung mieten oder einen Handyvertrag abschließen: Wer am wirtschaftlichen Leben in Deutschland teilnehmen möchte, kommt an der Schufa nicht vorbei. Die 1927 gegründete „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ ist zwar nicht die einzige Wirtschaftsauskunftei im Land, nimmt allerdings eine besondere Stellung ein.

Nach eigenen Angaben speichert sie Informationen über rund 68 Millionen natürliche Personen und berechnet für jeden Verbraucher den sogenannten Schufa-Score, der die persönliche Kreditwürdigkeit / Bonität anzeigt. Bei berechtigtem Interesse informiert die Schufa etwa 10.000 Vertragspartner, darunter Banken, Versandhändler und Energieversorger, über die Bonität ihrer Kunden.

Verbraucher mit negativem Schufa-Score sind von vielen wirtschaftlichen Handlungen ausgeschlossen. Das macht die Schufa zu einer besonders mächtigen Einrichtung.

Der Schufa-Score: Häufig das Zünglein an der Waage

Als „gut“ gilt ein Bonitätsscore ab 95 Prozent, ab einem Score von 97,5 Prozent wird die Kreditwürdigkeit als „sehr gut“ bewertet. Wie genau sich der Schufa-Score zusammensetzt, legt die Auskunftei nicht offen – mit der Begründung, Manipulationen vermeiden zu wollen.

Die zur Berechnung verwendete Formel sei aber der zuständigen Datenschutzbehörde bekannt und werde von ihr wie auch von unabhängigen Wissenschaftlern kontrolliert. Dennoch gibt es immer wieder Kritik an der mangelnden Transparenz der Schufa.

Als Reaktion hat die Auskunftei kürzlich eine Transparenzinitiative gestartet. Über einen Score-Simulator auf der Schufa-Website können sich Verbraucher zum Beispiel darüber informieren, welche Faktoren bei der Berechnung der Bonität eine Rolle spielen.

Zusätzlich soll sich der Schufa-Basisscore künftig über eine Finanz-App von Bonify abrufen lassen.

Bonitätsauskunft kostenlos mit der Bonify-App: So soll es funktionieren

Wer bislang eine kostenlose Bonitätsauskunft einholen wollte, musste diese online bei der Schufa beantragen und auf die Zustellung per Post warten. Ende 2022 hat die Schufa nun die Finanzplattform Bonify gekauft.

Im Frühjahr 2023 kündigte die Wirtschaftsauskunftei an, den Schufa-Basisscore in die App „Bonify Finanzmanager“ zu integrieren. Im Laufe des Jahres sollen alle bei der Schufa gespeicherten Daten, die zur Bonitätsberechnung wichtig sind, über die App verfügbar sein. Das verspricht Tanja Birkholz, Vorstandsvorsitzende der Schufa Holding AG.

Der Schufa-Basisscore dient lediglich zur Selbsteinschätzung. Verbraucher sollen ihn zum Beispiel nicht an Vermieter oder Versandhändler weitergeben, um ihre Kreditwürdigkeit zu beweisen. Wer seinen Basisscore abrufen möchte, muss sich zunächst bei der Bonify-App registrieren.

Das funktioniert entweder über den Personalausweis und ein Identverfahren des Anbieters IdentNow oder über eine Anmeldung mit den eigenen Kontodaten. Damit gewähren Nutzer der App 90 Tage lang Einblick ins Girokonto. Soweit nichts Ungewöhnliches. Auch andere Start-ups nutzen eine derartige Kontenschnittstelle für ihre Finanzmanager-Apps. Diese Schnittstelle sei strikt getrennt von der Schufa, versichert die Auskunftei.

Eine Besonderheit gibt es jedoch: In Zukunft soll es Verbrauchern möglich sein, ihren Schufa-Score zu verbessern, indem sie auch der Auskunftei Einblick in ihr Konto gewähren. Laut Schufa soll das auf freiwilliger Basis mit ausdrücklicher Zustimmung geschehen und nur dann, wenn die Kontodaten den Score tatsächlich aufwerten. Ab 2024 soll die App zudem registrierte Nutzer per Push-Nachricht informieren, wenn es einen negativen Schufa-Eintrag gibt.

App mit Lücken im Datenschutz

Die Einführung der Bonify-App verlief alles andere als glatt. Im Juli 2023 legte die Hackerin und Sicherheitsaktivistin Lilith Wittmann ein Datenleck offen. Über eine Sicherheitslücke im Authentifizierungsverfahren gelang es ihr, die Mietbonitätsbescheinigungen anderer Personen abzurufen. Als Beweis veröffentlichte sie den Bonitätsscore von CDU-Politiker Jens Spahn in den sozialen Medien.

Die App ging nach Bekanntwerden der Datenpanne zwischenzeitlich vom Netz. Nach gut zwei Wochen war sie wieder verfügbar. Die Kritik ist aber noch lange nicht verstummt. Verbraucherschützern zufolge birgt die Bonify-App nämlich nicht nur ein Risiko für Datenpannen.

Die Bürgerbewegung Finanzwende etwa befürchtet, dass ein Einblick in die Kontodaten der Verbraucher die Schufa noch mächtiger werden lassen.

Bonify-App in der Kritik von Verbraucherschützern

Die Verbraucherschützer von Finanzwende bemängeln insbesondere die folgenden Punkte:

Zugriff auf Kontodaten

Laut Schufa sollen Nutzer der Bonify-App selbst entscheiden, ob sie Einsicht in ihre Kontodaten gewähren wollen. Die Bürgerbewegung befürchtet aber, dass die Aussicht, ihren Schufa-Score zu verbessern, gerade Menschen mit schlechter Bonität unter Druck setzt. Wer eine neue Wohnung mieten oder einen Kredit aufnehmen möchte, ist auf einen guten Score angewiesen und kann damit den Kontoeinblick kaum verwehren. Für Personen mit ohnehin guter Bonität gibt es dagegen keinen wirklichen Anreiz, ihre Kontobewegungen offenzulegen.

Könnte die Schufa Menschen noch intensiver durchleuchten, würde dies ihre Machtposition und Monopolstellung stärken, argumentiert Finanzwende. Kontodaten enthalten zudem viele sensible Informationen über Einkünfte und Ausgaben, persönliche Anschaffungen, Kosten für Arzt- und Therapiebesuche und Spenden an politische Parteien. Die Schufa verspricht zwar, nur „kreditrelevante Informationen“ wie Gehalt und Kontostand zu berücksichtigen.

Verbraucherschützern zufolge gehören aber auch diese Daten nicht in die Hände von Dritten. Finanzwende und die Kampagnenorganisation Campact fordern daher in einer PetitionFinger weg von meinem Konto!“ und möchten mindestens 350.000 Unterschriften sammeln. Bis zum 7. August 2023 haben fast 320.000 Personen den Aufruf unterzeichnet.

Angebot von Schufa-freien Krediten

Die Finanzplattform Bonify finanziert sich unter anderem über Werbung. Pikantes Detail: Nutzer erhalten auch Werbung für Schufa-freie Kredite. Die sind mit hohen Kosten verbunden. Bis zu 15,99 Prozent Zinsen pro Jahr werden fällig.

Laut Schufa-Chefin Birkholz wolle man die Werbung nicht komplett ausschalten. Verbraucherschützer mahnen an, dass App-Nutzer so zum Abschluss unseriöser Angebote verlockt werden könnten.

Schufa wiederholt in der Kritik

Finanzwende und Campact fordern „echte Transparenz“ statt kostenloser Bonitätsauskunft im Tausch gegen sensible Daten. Die Schufa solle ihr Scoring-Verfahren gegenüber Aufsichtsbehörden, Gerichten und Expertengremien offenlegen und die Öffentlichkeit nachvollziehbar darüber aufklären, welche Faktoren in die Score-Berechnung einfließen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Schufa mit einem Versuch, Einblick in die Konten von Verbrauchern zu erhalten, Kritik auf sich zieht. 2020 wollte die Auskunftei über einen sogenannten „Konten-Check“ auf Bankkonten zugreifen. Finanzwende startete auch damals eine Petition und sammelte fast 400.000 Unterschriften. Die Schufa gab daraufhin ihre Pläne auf.

Verbraucherschützer bemängeln zudem, dass einige negative Schufa-Einträge erst nach recht langer Wartezeit gelöscht werden. Zwar werden die Informationen über eine absolvierte Privatinsolvenz seit April 2023 „nur“ noch für sechs Monate nach Erteilung der Restschuldbefreiung gespeichert (vorher waren es drei Jahre). Informationen zur Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse oder zur Versagung der Restschuldbefreiung werden aber weiterhin erst nach drei Jahren gelöscht.

Bonitätsprüfung kostenlos anfordern – mit geringerem Risiko

Möchten Sie sich über Ihren Basisscore informieren und eine Bonitätsauskunft kostenlos anfordern, ohne ihre Kontodaten offenzulegen? Dann haben Sie weiterhin die Möglichkeit, einmal im Jahr eine Schufa-Selbstauskunft einzuholen.

Gemäß Datenschutzgrundverordnung (nach Artikel 15 DSGVO) muss die Auskunftei jeder Privatperson eine solche kostenlose Datenkopie zur Verfügung stellen. Die Zustellung per Post nimmt zwar einige Tage in Anspruch, Ihre Kontodaten bleiben dafür geschützt.

Foto: XtravaganT / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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