Ist eine Abfindung pfändbar?

Ist eine Abfindung pfändbar?

Der Verlust des Arbeitsplatzes ist oft bitter und geht mit finanziellen Einschränkungen einher. Eine Abfindung kann zumindest die erste Zeit nach der Kündigung einfacher machen.

Doch wie sieht es aus, wenn es zu einer Pfändung kommt? Im folgenden Artikel erfahren Sie, ob eine Abfindung pfändbar ist.

Anspruch und Bedingungen

Eine Abfindung ist eine einmalige außerordentliche Zahlung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein Rechtsanspruch darauf besteht nicht.

Unter gewissen Voraussetzungen sind Arbeitgeber dennoch zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet:

  • Es bestehen vertragliche Vorgaben, zum Beispiel durch einen Tarifvertrag, Geschäftsführervertrag, einen Sozialplan oder einen Einzelarbeitsvertrag.
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich auf eine freiwillige vertragliche Vereinbarung, beispielsweise auf einen Aufhebungsvertrag.
  • Erhalten Mitarbeiter beim Ausscheiden aus dem Unternehmen generell eine Abfindung, können sich gekündigte Beschäftigte auf das Gewohnheitsrecht berufen.
  • Der Arbeitgeber hat sich vertragswidrig verhalten und der Arbeitnehmer kündigt fristlos.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung gibt zudem das Kündigungsschutzgesetz (KschG) Regelungen zur Abfindung vor. Anspruch auf Abfindung besteht, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben betriebsbedingte Gründe für die Kündigung anführt und den Arbeitnehmer darauf hinweist, dass er zwischen einer Kündigungsschutzklage und einer Abfindungszahlung entscheiden kann. Die reguläre Abfindung beträgt einen halben Monatsverdienst für jedes Beschäftigungsjahr (§ 1 a KSchG).

Zum Einreichen einer Kündigungsschutzklage bleiben Arbeitnehmern drei Wochen Zeit. Der Anspruch auf Abfindung bleibt auch bestehen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist Klage beim Amtsgericht erhebt, das Gericht die Kündigung als sozial ungerechtfertigt beurteilt, das Arbeitsverhältnis aber auf Antrag des Arbeitnehmers auflöst, da die Fortsetzung als unzumutbar angesehen wird (§ 9 KSchG).

Der Arbeitgeber darf seinerseits auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung bestehen, wenn eine Zusammenarbeit aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich erscheint und er dies glaubhaft begründen kann. In diesem Fall beträgt die Abfindung bis zu 12 Monatsgehälter (§ 10 KSchG). Bei Arbeitnehmern über 50 Jahren, die für mehr als 15 Jahre im Betrieb beschäftigt waren, kann sie auch höher ausfallen.

Die Abfindung ist in voller Höhe pfändbar

Für verschuldete Personen stellt sich die Frage, ob eine Abfindung innerhalb einer Zwangsvollstreckung oder im Insolvenzverfahren gepfändet werden kann.

Die Abfindung gilt als Arbeitseinkommen. Damit dürfen Gläubiger sie pfänden lassen – und zwar in voller Höhe. Da es sich um eine Einmalzahlung handelt, gelten für die Pfändung der Abfindung keine Freigrenzen gemäß § 850c Zivilprozessordnung (ZPO). Das hat auch Konsequenzen für den Arbeitgeber: Er darf die Abfindung nur an den Arbeitnehmer auszahlen, wenn dessen Gläubiger dem zustimmen.

Zahlt er die Abfindungssumme ohne deren Einverständnis aus, können die Gläubiger Regressansprüche geltend machen. Eventuell muss der Arbeitgeber die Abfindung dann doppelt zahlen.

Den Abfindungsbetrag vor einer Pfändung schützen

Erwirken Gläubiger eine Pfändung, können Sie versuchen, beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Vollstreckungsschutz zu stellen. Dafür müssen Sie darlegen, warum Sie ohne die Abfindung Ihren Lebensunterhalt nicht decken können.

Erhalten Sie Arbeitslosengeld I, gilt Ihr Lebensunterhalt als gesichert und das Gericht wird dem Antrag für gewöhnlich nicht zustimmen. Beziehen Sie direkt nach der Kündigung Arbeitslosengeld II, bestehen bessere Chancen auf Vollstreckungsschutz.

Suchen Sie sich Hilfe und kommen Sie einer Pfändung zuvor

Haben Sie permanent finanzielle Probleme, empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unterstützung bei Zahlungsrückständen erhalten Sie bei einer zugelassenen Schuldnerberatungsstelle, z.B. bei uns!

Mithilfe einer Schuldnerberatung lässt sich eine Pfändung oft noch abwenden. Zur Schuldensanierung können unsere Berater zum Beispiel einen außergerichtlichen Vergleich mit den Gläubigern vereinbaren. Sie zahlen daraufhin eine Teilsumme oder bezahlen Ihre Schulden in Raten ab. Sollte es doch zur Pfändung kommen, kann eine Schuldnerberatungsstelle Sie gegebenenfalls dabei unterstützen, Ihre Abfindung schützen zu lassen.

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Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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