Wann ist eine Privatinsolvenz nicht möglich?

Wann ist eine Privatinsolvenz nicht möglich?

Gas und Strom, Lebensmittel, Miete: Die Lebenshaltungskosten steigen, während die Löhne in vielen Branchen stagnieren. So geraten auch Menschen in Geldnot, die bislang mit ihrem Gehalt gut ausgekommen sind. Für Haushalte mit ohnehin geringen Einkünften wird die Lage immer prekärer.

Wer Schulden hat und nach einem Ausweg sucht, zieht eventuell eine Privatinsolvenz in Erwägung. Doch gibt es Fälle, in denen eine Privatinsolvenz nicht möglich ist? Hier erhalten Sie Antworten.

Privatinsolvenz anmelden: Voraussetzungen

Für viele hoch verschuldete Verbraucher erscheint die Privatinsolvenz als letzter Ausweg aus ihren finanziellen Problemen. Während des Insolvenzverfahrens stehen Einkommen und Vermögen unter gerichtlicher Verwaltung. Die pfändbaren Anteile wird auf die Gläubiger aufgeteilt.

Dem Schuldner steht der unpfändbare Anteil gemäß Pfändungstabelle zu. Nach einer drei Jahre dauernden Wohlverhaltensphase wird für gewöhnlich die Restschuldbefreiung gewährt und Verbraucher sind wieder schuldenfrei.

Wer einen Antrag auf Privatinsolvenz stellen darf, regelt die Insolvenzordnung (InsO). Die Verbraucherinsolvenz steht demnach natürlichen Personen offen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben (§ 304 Abs.1 InsO).

Zwar bestehen keine Vorgaben bezüglich der Schuldenhöhe, Voraussetzung für den Insolvenzantrag ist jedoch eine drohende oder bestehende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Das bedeutet, Ihr Einkommen und Vermögen reichen langfristig nicht aus, um Ihre Zahlungsverpflichtungen zu decken.

Besitzen Sie noch Vermögenswerte wie Immobilien oder Lebensversicherungen, müssen diese zunächst veräußert und zur Schuldentilgung verwenden werden. Schuldner müssen zudem nachweisen, dass sie sich um eine außergerichtliche Schuldenregulierung mit den Gläubigern bemüht haben (§ 305a InsO). Eine solche schriftliche Bescheinigung erhalten Sie zum Beispiel von uns.

Info: Insolvenz für Selbstständige und Freiberufler
Selbstständige müssen die Regelinsolvenz beantragen. Eine Ausnahme besteht bei überschaubaren Vermögensverhältnissen – das heißt, es gibt weniger als 20 Gläubiger – und wenn keine Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen zu decken sind.

Wann wird der Antrag auf Privatinsolvenz abgelehnt?

Sofern Sie die genannten Voraussetzungen erfüllen, wird Ihrem Antrag auf Privatinsolvenz für gewöhnlich stattgegeben. Es gibt nur sehr wenige Fälle, in denen eine Privatinsolvenz nicht möglich ist. Dass ein Insolvenzantrag abgelehnt wird, kommt, wenn überhaupt, bei der Anmeldung eines zweiten Insolvenzverfahrens vor.

Es gibt keine Vorgaben, wie häufig Privatpersonen Insolvenz beantragen dürfen. Geraten Sie nach einem durchlaufenen Insolvenzverfahren wieder in finanzielle Schwierigkeiten oder wird Ihnen die Restschuldbefreiung aus bestimmten Gründen nicht gewährt, können Sie einen zweiten Versuch zur gerichtlichen Schuldenregulierung starten.

Allerdings sind dabei gewisse Fristen zu beachten:

  • Wurde Ihnen die Restschuldbefreiung gewährt, darf ein zweites Insolvenzverfahren erst nach elf Jahren eröffnet werden. Die Privatinsolvenz dauert dann fünf statt drei Jahre.
  • Wurde die Restschuldbefreiung versagt, weil Sie Ihre Auskunft- und Mitwirkungspflicht verletzt, falsche Vermögensangaben gemacht oder sich nicht ausreichend um Erwerbsarbeit bemüht haben, oder liegen Versagensgründe gemäß § 297a InsO vor, beträgt die Frist bis zum zweiten Insolvenzverfahren drei Jahre.
  • Wurde die Restschuldbefreiung nicht gewährt, da Sie aufgrund einer Insolvenzstraftat einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wurden, müssen Sie fünf Jahre bis zum nächsten Antrag warten.

Außergerichtlicher Schuldenvergleich als (bessere) Alternative

Bevor Sie Privatinsolvenz anmelden dürfen, müssen Sie sich um einen außergerichtlichen Schuldenvergleich mit den Gläubigern bemühen. Häufig handelt es sich bei der außergerichtlichen Schuldenregulierung um eine bessere Alternative zum Insolvenzverfahren.

Handeln Sie mit den Gläubigern einen Vergleich aus, bezahlen Sie häufig nur eine Teilsumme der Schulden – auf einen Schlag oder in Raten. In vielen Fällen lassen sich Gläubiger auf den Vergleich ein, da sie in einem Insolvenzverfahren noch weniger oder gar kein Geld erhalten würden.

Beim außergerichtlichen Vergleich wie auch bei der Vorbereitung des Insolvenzverfahrens hilft Ihnen eine professionelle Schuldnerberatung weiter. Warten Sie nicht zu lange, bis Sie sich fachkundige Unterstützung holen. Je früher Sie sich um die Schuldenbereinigung bemühen, umso schneller werden Sie wieder schuldenfrei.

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Foto: hbrh / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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