Ein Verzugsschaden entsteht, wenn ein Schuldner eine Rechnung nicht oder zu spät zahlt. Durch den Zahlungsverzug können Gläubiger eventuell eigene Rechnungen oder offene Kredite nicht begleichen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt fest, dass Schuldner einen durch Verzug entstandenen Schaden ersetzen müssen.
Das Wichtigste – kurz & knapp
- Ein Verzugsschaden bezeichnet einen Schaden, der durch Zahlungsverzug entsteht.
- Schuldner sind gesetzlich dazu verpflichtet, einen Schaden aus einer Pflichtverletzung im Schuldnerverhältnis auszugleichen.
- Gläubiger dürfen als Schadensersatz unter anderem Verzugszinsen erheben. Verzugszinsen liegen für Privatkunden fünf Prozentpunkte und für Geschäftskunden neun Prozentpunkte über dem aktuellen Basiszinssatz.
Eine kurze Definition
Gemäß § 280 Abs. 1 BGB haben Schuldner Schadenersatz zu leisten, wenn sie eine Pflicht aus dem Schuldnerverhältnis verletzen. Ein solcher Fall tritt ein, wenn sie ihrer Zahlungspflicht nicht oder verspätet nachkommen, also in Zahlungsverzug geraten. Für einen solchen Verzugsschaden sind unter anderem Verzugszinsen zu zahlen (§ 288 BGB).
Neben diesem sogenannten Schuldnerverzug gibt es noch den Annahmeverzug. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein Gläubiger einen geschuldeten Gegenstand nicht annimmt und dem Schuldner daraus ein Mehraufwand für die Aufbewahrung und Erhaltung dieses Gegenstands entsteht. Der durch den Annahmeverzug entstandene Schaden ist durch den Gläubiger zu ersetzen (§ 304 BGB).
Wer hat einen Anspruch?
Gerät ein Schuldner in Verzug, darf ein Gläubiger Schadensersatzansprüche geltend machen, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es liegt eine durchsetzbare und fällige Forderung vor.
- Dem Gläubiger ist durch den Verzug ein Mehraufwand entstanden, da er die Zahlung zum Beispiel anmahnen musste oder ein Inkassobüro eingeschaltet hat.
Als Verzugsschaden geltend machen dürfen Gläubiger neben Verzugszinsen auch Portokosten für Mahnschreiben, Inkassogebühren und Rechtsanwaltskosten sowie die Kosten für einen gerichtlichen Mahnbescheid.
Vereinbarungen, die einen Anspruch des Gläubigers auf Entgeltforderungen und Verzugszinsen ausschließen, sind ungültig (§ 288 Abs. 6 BGB). Gläubiger haben ihren Schadensersatzanspruch allerdings auf ein Mindestmaß zu begrenzen (§ 254 BGB).
Typische Beispiele für Verzugsschäden
Ein Verzugsschaden tritt zum Beispiel in den folgenden Fällen ein:
- Ein Kunde zahlt eine Rechnung nicht zum vereinbarten Zahlungstermin. Der Händler kann nun seinerseits offene Kreditraten nicht in voller Höhe zurückzahlen und muss dadurch höhere Zinsen abführen. Kann der Gläubiger den Zinsschaden nachweisen, hat der Schuldner den konkreten Zinsschaden zu ersetzen. Fehlt ein solcher Nachweis, darf der Gläubiger immer noch Verzugszinsen fordern.
- Der Gläubiger hat eine offene Forderung bereits angemahnt, wartet aber weiterhin auf den Zahlungseingang. Er beauftragt nun ein Inkassobüro damit, die Summe einzutreiben. Das Inkassobüro berechnet für seine Dienstleistungen Gebühren. Diese Gebühren sind vom Schuldner zu tragen.
- Durch eine ausbleibende Zahlung hat der Gläubiger einen Geschäftsabschluss versäumt und ihm ist Gewinn entgangen. Kann er nachweisen, dass der Nichtabschluss auf den Zahlungsverzug des Schuldners zurückzuführen ist, muss der Schuldner den Schaden ausgleichen.
Verzugszinsen berechnen
Als Schadensersatz für eine verspätet geleistete Zahlung dürfen Gläubiger wie beschrieben Verzugszinsen erheben. Die Berechnung der Verzugszinsen ergibt sich aus dem BGB.
Dabei wird zwischen Geschäften mit Privatkunden und Geschäftskunden unterschieden:
- Bei Geschäften mit Privatpersonen liegt der Verzugszins fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nah § 247 BGB (§ 288 Abs. 1 BGB).
- Bei Geschäften zwischen Unternehmen liegt der Verzugszins neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB).
Verzugszinsen können ab dem Zeitpunkt des Zahlungsverzugs erhoben werden. Zahlungsverzug tritt einen Tag nach dem Fälligkeitsdatum der Zahlung ein und endet an dem Tag, an dem die Zahlung eingeht. Eine weitere Verzinsung der Verzugszinsen ist unzulässig.
Die Berechnung der Verzugszinsen bei Geschäften mit Privatpersonen erfolgt nach der Formel:
Rechnungsbetrag x (Basiszinssatz + 5%) x Verzugstage / 365 Tage = Verzugszinsen
Der Basiszinssatz entspricht dabei dem Jahr, in dem die Schulden entstanden sind.
Beispielrechnung
Ein Kunde hat bei einem Händler Waren im Wert von 500 Euro gekauft. Vom 1. April bis zum 1. Juni 2024 befand er sich im Zahlungsverzug. Die Verzugszinsen berechnen sich nun wie folgt:
500 Euro Rechnungsbetrag x (3,62% Basiszinssatz + 5%) x 61 Verzugstage / 365 Tage = 7,30 Euro
Der Kunde muss inklusive Verzugszinsen also 507,30 Euro zahlen.
Bei Geschäftskunden berechnen sich die Verzugszinsen folgendermaßen: 500 Euro Rechnungsbetrag x (3,62% Basiszinssatz + 9%) x 61 Verzugstage / 365 Tage = 10,69
Der Rechnungsbetrag plus Verzugszinsen beläuft sich dementsprechend auf 510,69 Euro.
Bei Geschäftskunden dürfen Gläubiger zusätzlich zu den Verzugszinsen eine Mahnpauschale von 40 Euro erheben (§ 288 Abs. 5 BGB). Der Kunde müsste dann also 550,69 Euro zahlen.
Achtung: Höhere Verzugszinsen durch individuelle Vereinbarungen
Gläubiger dürfen auch höhere Verzugszinsen verlangen, wenn sie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hinweisen (§ 288 Abs. 3 BGB). Übersteigt der Zinssatz den zu erwartenden Schaden, wird diese Vereinbarung jedoch unwirksam.
Geraten Sie mit Zahlungen in Verzug, kann das schnell teuer werden. Holen Sie sich daher bei längerfristigen finanziellen Problemen unbedingt professionelle Hilfe.
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.