Spielschulden loswerden

Spielschulden loswerden

„Spielschulden sind Ehrenschulden“ – so besagt es ein altes Sprichwort. Für viele Betroffene sind Spielschulden allerdings vor allem eine Last, die viele andere Probleme nach sich ziehen. Übersteigen die Verluste die Einnahmen, hat das weitreichende Konsequenzen: Laufende Kosten können nicht mehr gedeckt werden, Mahnbescheide flattern ins Haus, eventuell kommt es sogar zur Vollstreckung.

Wie Sie Ihre Spielschulden wieder loswerden können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was versteht man eigentlich unter Glücksspiel?

Ein Glücksspiel zeichnet sich laut gesetzlicher Definition durch drei Kriterien aus:

  1. Es wird gegen Leistung eines Geldeinsatzes angeboten.
  2. Es wird ein Gewinn in Aussicht gestellt.
  3. Die Gewinnchance hängt ganz oder überwiegend vom Zufall ab.

Punkt 1 unterscheidet Glücksspiele von Gewinnspielen, die grundsätzlich keine Einsätze erheben. Erlaubt sind höchstens Teilnahmegebühren von unter 0,50 Euro.

Rechtliche Grundlage für das Angebot von Glücksspielen ist der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV). Die aktuelle Fassung ist zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Anbieter von Glücksspielen benötigen eine Lizenz. Seit 2003 reicht für privatrechtliche Wettveranstaltungen in Deutschland eine EU-rechtliche Erlaubnis aus.

Wenn das Glücksspiel zur Sucht wird

Glücksspiele sind äußerst beliebt. Laut BZgA haben rund drei Viertel aller Deutschen zwischen 16 und 70 Jahren schon einmal an einem Glücksspiel teilgenommen. Obwohl Glücksspiele gemäß gesetzlicher Vorgaben erst für Personen ab 18 Jahren zugänglich sein sollten, haben bereits zehn Prozent der 14- bis 17-Jährigen Glücksspielerfahrung. Das zeigt die Hamburger SCHULBUS-Erhebung aus dem Jahr 2018.

Beteiligt man sich nur gelegentlich an Glücksspielen, führt dies in der Regel nicht zu finanziellen Problemen. Anders sieht es aus, wenn sich das Glücksspiel zur Sucht entwickelt. Die BZgA geht davon aus, dass knapp ein Prozent der 16- bis 70-jährigen Personen in Deutschland ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten aufweisen. In Zahlen ausgedrückt sind rund 229.000 Personen von einem problematischen Glücksspielverhalten betroffen, 200.000 gelten als pathologische Glücksspieler.

Spielsucht hat verschiedene Auslöser. Forscher gehen von einem Zusammenspiel aus genetischen, psychosozialen und biologischen Faktoren aus. Als besonders gefährdet gelten junge Männer mit niedrigem Einkommen. Betroffene haben häufig ein geringes Selbstwertgefühl und berichten von traumatischen Ereignissen in ihrer Kindheit. Mittels Glücksspiel versuchen sie, ihre negativen Emotionen zu regulieren.

Dass Glücksspiel süchtig machen kann, hängt zudem mit dem Vorgängen im menschlichen Gehirn zusammen: Beim Spiel wird der Botenstoff Dopamin freigesetzt und löst angenehme Emotionen aus. Mit der Zeit tritt allerdings ein Gewöhnungseffekt ein. Um das Belohnungsgefühl wiederzuerlangen, müssen Betroffene nun länger spielen oder riskanter vorgehen, also etwa höhere Geldbeträge einsetzen. Bei einigen Betroffenen führt die Spielsucht dazu, dass sie ihre Finanzen aus den Augen verlieren und mehr einsetzen, als sie sich leisten können. Spielschulden sind die Folge.

Info! Glücksspiele mit dem höchsten Suchtpotenzial
Ein besonders hohes Suchtpotenzial weisen Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten auf. Einer Studie der Universitätsmedizin Greifswald zufolge ist das Risiko von pathologischem Spielen an Automaten um das 6,3-fache erhöht. Grund dafür sind die hohe Ereignisfrequenz sowie die hohe Anzahl von Fastgewinnen, die zum Weiterspielen verleiten. Bei Pokerspielen liegt der Risikofaktor bei 5,0, bei Glücksspielautomaten in Spielbanken und Casinos bei 4,1. Großes Suchtpotenzial wird zudem Online-Glücksspielen zugesprochen, da diese per Smartphone von so gut wie überall aus zugänglich sind.

So werden Sie Ihre Spielschulden los

Spielsucht führt dazu, dass Betroffene trotz hoher Verluste und Schulden immer weiter spielen und andere Aufgaben und Interessen vernachlässigen. Besteht kein Zugang zu Glücksspielen, treten Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit und Nervosität auf. Aus Scham versuchen Betroffene häufig, ihre Spielsucht und die dadurch entstandenen Schulden zu verheimlichen. Oft treten neben der Spielsucht noch weitere psychische Erkrankungen auf, sogenannte Komorbiditäten wie Angst- und Persönlichkeitsstörungen, Depressionen und weitere Suchterkrankungen. Mehr als die Hälfte aller Spielsüchtigen ist alkoholabhängig.

Die Sucht macht es besonders schwer, sich von Spielschulden zu befreien. Wie kann es Ihnen trotzdem gelingen? Der erste Schritt besteht darin, sich einzugestehen, dass Sie ein Problem haben und Hilfe benötigen. Eine ambulante oder stationäre Psychotherapie hilft, die Spielsucht zu überwinden. Therapeuten werden Sie dabei keinesfalls für Ihr Spielverhalten verurteilen, sondern sich mit Ihnen gemeinsam um Wege aus der Sucht bemühen. In Gruppensitzungen können Sie sich zudem mit anderen Betroffenen austauschen. Spielsucht ist von den Krankenkassen als Krankheit anerkannt, die Behandlung wird daher in aller Regel übernommen.

Zur Bewältigung Ihrer Spielschulden sollten Sie sich zunächst einen genauen Überblick über Ihre Finanzen verschaffen. Legen Sie Listen mit Ihren Einnahmen, Ihren Ausgaben und allen bestehenden Schulden an. Im nächsten Schritt sortieren Sie die Verbindlichkeiten nach Dringlichkeit: Welche Forderungen müssen Sie kurzfristig begleichen? In erster Linie sollten Sie sicherstellen, dass Sie Posten wie Miete und Strom bezahlen können. Bei offenen Forderungen, die nicht sofort fällig sind, lohnt es sich, die Gläubiger um eine Ratenzahlung oder einen Vergleich zu bitten.

Info: Spieleinsätze von Online-Casinos zurückfordern

Bis zum 1. Juli 2021 war Online-Glücksspiel in Deutschland gesetzlich verboten (§ 284 StGB, § 4 Abs. 4 GlüStV). Ausnahmen galten lediglich im Bundesland Schleswig-Holstein.

Haben Sie vor diesem Stichtag an Online-Glücksspielen teilgenommen, können Sie Ihre gezahlten Einsätze zurückfordern. Rückforderungsanspruch besteht gegenüber Online-Casinos, Banken und Zahlungsdienstleister.

Auch nach aktuellem Glücksspielstaatsvertrag benötigen Online-Casinos eine für Deutschland gültige Lizenz für das Angebot von Glücksspielen. Liegt eine solche Lizenz nicht vor oder halten sich Online-Casinos auf sonstige Weise nicht an die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags, können Einsätze ebenfalls zurückgefordert werden.

Geld beim Online-Glücksspiel verloren?

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Spielschulden loswerden mithilfe einer Schuldnerberatung

Der Weg aus den Spielschulden fällt ohne professionelle Hilfe oft schwer. Unterstützung erhalten Sie bei den anerkannten Schuldnerberatungsstellen in Deutschland. Die Berater verschaffen sich gemeinsam mit Ihnen eine Übersicht über Ihre Finanzen und nehmen auch Kontakt mit den Gläubigern auf. Die Schuldensanierung lässt sich i.d.R. auf zwei Wegen erreichen:

1. Außergerichtlicher Schuldenvergleich

Die Schuldnerberater bieten den Gläubigern eine Ratenzahlung oder eine einmalige Teilzahlung der Schuldensumme an. Viele Gläubiger lassen sich darauf ein, da sie bei einem Insolvenzverfahren unter Umständen leer ausgehen.

2. Privatinsolvenz

Scheitert der außergerichtliche Vergleich, besteht die Möglichkeit der Privatinsolvenz. Ihr Vermögen und Einkommen wird unter gerichtliche Verwaltung gestellt und vom Insolvenzverwalter auf die Gläubiger aufgeteilt. Nach einer dreijährigen Wohlverhaltensperiode können Sie Restschuldbefreiung beantragen. Damit sind Sie wieder schuldenfrei – unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt alle Schulden abbezahlt sind. Ein anwaltlicher Schuldnerberater begleitet Sie auch durchs Insolvenzverfahren.

Foto: Yury / stock.adobe.com

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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