Schulden erben - die wichtigsten Informationen

Schulden erben und vererben – FAQ

Stirbt ein nahestehender Mensch, kommt zur emotionalen Belastung oft noch die Schwierigkeit der Nachlassverwaltung hinzu. In manchen Fällen vererbt der Verstorbene kein Vermögen, sondern Schulden.

Wie sollten Sie reagieren, wenn Sie Schulden erben? Hier finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen.

Kann man Schulden erben?

Hinterlässt ein Verstorbener finanzielle Verbindlichkeiten, müssen die Erben dafür aufkommen – sofern sie die Erbschaft annehmen. Reicht der Nachlass des Verstorbenen nicht aus, um die Schulden zu decken, haften Erben mit ihrem Privatvermögen.

Ist der Nachlass verschuldet, besteht die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. Dabei gilt das „alles oder nichts“-Prinzip: Wer das Erbe ausschlägt, verzichtet sowohl auf die Schulden als auch auf den gesetzlichen Pflichtteil.

Wie lautet die gesetzliche Erbfolge ohne Testament?

Hat ein Verstorbener kein Testament oder eine letztwillige Verfügung aufgesetzt, gilt die gesetzliche Erbfolge nach Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 1924 BGB bis § 1927 BGB):

  • Erben erster Ordnung sind Kinder und Enkelkinder des Erblassers.
  • Erben zweiter Ordnung sind Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen des Erblassers.
  • Erben der dritten Ordnung sind Großeltern, Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins des Erblassers.

Dem Ehegatten kommt ein Ehegattenerbrecht zu. Nicht in der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt werden Schwägerinnen, Schwager und Schwiegereltern.

Schlägt ein Erbe die Erbschaft aus, geht der Nachlass auf die nächstfolgenden Personen in der Erbfolge über. Schlagen alle Erben aus, erbt der Staat, der allerdings nicht für die Schulden aufkommt.

Welche Schulden kann man nicht vererben?

Welche Schulden vererbt werden können, regelt § 1967 Absatz 1 BGB. Vererbbar sind demnach:

  • Erblasserschulden: Verbindlichkeiten, die auf den Erblasser selbst zurückgehen, etwa aus Kauf- und Mietverträgen, Steuerschulden und unbezahlte Prozesskosten.
  • Nachlasserbschulden: Schulden, die aufgrund des Todesfalls entstehen, etwa Kosten für die Nachlassverwaltung oder die Fortführung eines Unternehmens.
  • Erbfallschulden: umfassen unter anderem die Kosten für die Beerdigung und die Erbschaftssteuer.

Welche Schulden sind nicht vererbbar?

Bestimmte Unterhaltsverpflichtungen gehen nicht auf die Erben über. Das gilt für Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern und anderen Verwandten, sofern keine Ansprüche aus Nichterfüllung bestehen.

Verpflichtungen aus abgeschlossenen Arbeitsverträgen sind ebenfalls nicht vererbbar. Arbeitgeber können also nicht die Hinterbliebenen des Erblassers dazu auffordern, nicht erfüllte Aufgaben zu erledigen.

Kann man Erbschulden ausschlagen?

Bei einem verschuldeten Nachlass kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen. Dafür haben Sie sechs Wochen Zeit. Die Frist beginnt üblicherweise mit dem Todestag des Erblassers. In seltenen Fällen kann eine Fristverlängerung beantragt werden, etwa wenn die Erben im Ausland leben.

Möchten Sie das Erbe ausschlagen, müssen Sie eine Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht einreichen. Zuständig ist das Amtsgericht in dem Bezirk, in dem der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte. Sie können sich aber auch an das Amtsgericht an Ihrem Wohnsitz wenden. Die Ausschlagungserklärung müssen Sie i.d.R. persönlich vorbeibringen. Alternativ können Sie einen Notar beauftragen, die Erklärung anzufertigen.

Erscheinen Ihnen die Fristen zu kurzfristig, können Sie die sogenannte Dreimonatseinrede stellen (§ 2014 BGB). Daraufhin bleiben Ihnen drei Monate Zeit, sich einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen.

Was passiert, wenn man das Erbe nicht rechtzeitig ausschlägt?

Schlagen Sie die Erbschaft nicht rechtzeitig aus, müssen Sie für die Schulden des Erblassers aufkommen – auch mit Ihrem Privatvermögen. Bei einer hohen Schuldensumme kann das bedeuten, dass man selbst in eine finanzielle Notlage gerät, die bis hin zur eigenen Privatinsolvenz führen kann.

Was ist ein Nachlassinsolvenzverfahren?

Bei einem unübersichtlichen Nachlass können Sie die Haftung auf das Erbe beschränken. Zu diesem Zweck beantragen Sie beim Nachlassgericht die Nachlassverwaltung. Das Gericht bestellt einen Nachlassverwalter, der vorhandene Schulden aus dem Nachlass deckt. Auch die Kosten für die Nachlassverwaltung werden aus dem Erbe gezahlt. Reicht die Erbschaft für die Deckung der Schulden nicht aus, beantragt der Nachlassverwalter die Nachlassinsolvenz gemäß Insolvenzordnung (§ 11 Abs. 2 InsO).

Das Nachlassinsolvenzverfahren können Sie auch selbst beantragen, wenn sich eine angenommene Erbschaft als verschuldet herausstellt. Damit vermeiden Sie, die Schulden aus Ihrem Privatvermögen zahlen zu müssen. Das Gericht teilt den Nachlass gleichmäßig auf die Gläubiger auf. Ihre persönliche finanzielle Situation spielt für die Nachlassinsolvenz keine Rolle.

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Photo by Katherine McCormack on Unsplash

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
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Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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